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Tempolimit überhaupt effektiv? Grünen-Ministerium zahlte 200.000 Euro für brisante Studie

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Autobahn A8, München-Salzburg, Reiseverkehr in Richtung Süden
Was hier nur temporär gilt, könnte irgendwann die Regel sein. Ein Tempolimit würde eine Einsparung in Sachen CO2-Emissionen bedeuten. Und zwar mehr als gedacht, wie es in einer Studie des UBA heißt. Doch die wirft Fragen auf. (Symbolbild) © Wolfgang Maria Weber/imago-images

Für die einen ist es ein Klimaretter, für die anderen Freiheitsbeschränkung: das Tempolimit. Die Grünen fordern es schon lange – auch mit einer heiklen Studie.

Berlin – Deutschland ist das einzige Land in Europa ohne Tempolimit. Die Grünen wollen das ändern. Schon im Wahlkampf zur Bundestagswahl warben sie (wie die SPD) aktiv für eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h auf deutschen Autobahnen. Der Plan scheiterte jedoch am Veto der FDP. Die Grünen haben das Tempolimit jedoch noch nicht aufgegeben. Immer wieder versuchen einzelne Abgeordnete, das Thema auf die Agenda zu bringen. Das grünen geführte Umweltministerium preschte vor einigen Wochen mit einer brisanten Studie vor – sie wirft allerdings Fragen auf.

Umweltministerium zahlte 200.000 Euro für Tempolimit-Studie

Im Januar veröffentlichte das Umweltbundesamt eine Studie, wonach das Tempolimit deutlich effektiver sei als gedacht. In einer Pressemitteilung der dem Bundesumweltministerium unterstellten Behörde hieß es: „Nach neuen Berechnungen ist das Potenzial, durch Tempolimits Treibhausgase zu sparen, deutlich höher, als bisher angenommen.“ Tempo 120 auf Autobahnen und Tempo 80 auf Außerortsstraßen könnte den Treibhausgasausstoß des deutschen Straßenverkehrs insgesamt um 5,1 Prozent reduzieren. „Das entspricht 8 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten pro Jahr.“ Das grünen geführte Umweltministerium wertete das als Erfolg. Eine politische Argumentationsgrundlage, die sich das Ministerium um Ressortchefin Steffi Lemke einiges kosten ließ.

Denn wie das Ministerium auf Anfrage der Welt erklärt, kostete die Studie insgesamt 200.000 Euro, bezahlt aus dem Haushalt des Umweltministeriums. Das Ziel der Studie schien von Anfang klar. In einer Überschrift sei vom „Mythos Tempolimit“ die Rede. Zudem gehe es darum, die bisherige Datengrundlage anzupassen. Aktuelle Studien zum Thema sind tatsächlich rar. So heißt es in einem Pre-Print der Uni Passau zu den Auswirkungen eines Tempolimits: „Die Autoren stoßen dabei rasch an Grenzen: Die Datenlage ist dürftig und kausale Evidenz ist rar.“ Die Faktenlage basiert zum Teil auf Erhebungen aus dem Jahr 1992.

Das Umweltministerium schreibt dazu laut Welt in einem internen Dokument: „Eine Aktualisierung der Datengrundlage könnte die Diskussion versachlichen und der Forderung nach einem allgemeinen Tempolimit neuen Aufwind geben (oder sie endgültig beerdigen aus Klima-/Umweltschutzgründen).“ Dass auch Argumente gegen ein Tempolimit gefunden werden könne, komme nur untergeordnet vor.

Tempolimit-Studie wirft Fragen auf

Es gibt einige Argumente für ein Tempolimit. Dass durch langsameres Fahren Emissionen eingespart werden können, ist offensichtlich. Tempolimitbefürworter und -gegner streiten jedoch um das Ausmaß des Effekts. Bringt das wirklich genug? In diesem mitunter entscheidenden Punkt offenbart die Studie methodische Mängel.

Die Wissenschaftler verwendeten vor allem fünf Jahre alte Daten aus den Navigationsdiensten von TomTom. Sie decken jedoch nur 15 Prozent des gesamten Verkehrs ab. Obendrein würden sie eher in teurerer Autos benutzt werden, die erfahrungsgemäß schneller fahren.

Ein weiterer Kritikpunkt: In der Studie tauchen viele Fahrten mit einem „überproportionalen Anteil von Fahrzeugen in der Geschwindigkeitsklasse 80-90 km/h“ auf. Darauf weisen die Autoren selbst hin. Es sei „unklar, inwiefern die Stichprobe durch unterschiedliche Fahrzeugtypen und Fahrzeuge bzw. Personen, die die Daten zur Verfügung stellen, verzerrt ist“, heißt es in der öffentlich einsehbaren, 361 Seiten umfassenden Studie. Womöglich haben Baustellen die Ergebnisse verzerrt oder es liefen LKW-Daten in die Arbeit mit ein. (as)

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