Ex-Duma-Mitglied befürchtet in Putins Staats-TV „Auflösung“ Russlands und kritisiert sogar Kreml

In Russland blicken auch nicht alle Politiker optimistisch auf den Ukraine-Krieg. Ein Ex-Duma-Mitglied befürchtet die „Auflösung“ des Landes - und kritisiert sogar den Kreml.
München – Die für Moskau unerwartet schwierige Lage des russischen Militärs in der Ukraine, die hohen Verluste, Niederlagen wie etwa in Cherson und die zunehmende, internationale Isolation: Diese und weitere Faktoren führen dazu, dass immer mehr Menschen in Russland den Ukraine-Krieg hinterfragen.
Zu denjenigen, die Kritik an der „speziellen Militäroperation“ des Kreml äußern, gehören auch aus der politischen Arena bekannte Personen, wie etwa der ehemalige Duma-Abgeordnete Boris Nadeschdin. Im Kreml-nahen Fernsehsender NTV sprach er vom „Risiko der Auflösung der Russischen Föderation“ - wegen des Angriffskrieges gegen die Ukraine.
Ukraine-Krieg: Ex-Duma-Abgeordneter sieht „Auflösungsrisiko“ für Russland
„Mit dem Beginn dieser Spezial-Operation ist das Risiko der Auflösung der Russischen Föderation leider rapide angestiegen“, warnte Nadeschdin in einer Sendung, in der er als Gast dabei ist. Der entsprechende Ausschnitt wurde vom Berater des ukrainischen Innenministeriums, Anton Geraschenko, auf Twitter veröffentlicht.
Für dieses Risiko sah der Ex-Abgeordnete in erster Linie zwei Ursachen. Die erste sei die „ideologische Rechtfertigung“ des Krieges gegen die Ukraine, dass Russen in der Ukraine leben würden und daher auch der Staat russisch sein müsse. „Diese Rechtfertigung untergräbt die Grundlage der Staatlichkeit der Russischen Föderation“, betonte der Politiker in der Show. Immerhin würden auch in Russland andere Nationen wie Tataren und Tschetschenen leben. Daraufhin warfen andere Gäste Nadeschdin vor, ein „Provokateur“ zu sein und eine „Anti-Staats-Position“ einzunehmen.
Ukraine-Krieg: Wirft ein Ex-Abgeordneter Putin einen „unnötigen Krieg“ vor?
Davon ließ sich der Ex-Abgeordnete aber nicht beeinflussen. Stattdessen setzte er seine Argumente fort und sprach über die zweite Ursache. „Staaten stürzen nicht, weil irgendwelche Gruppen zusammenkommen und etwas sagen“, so Nadeschdin. Dann wurde er überraschend deutlich. Seine Worte dürften tatsächlich Kritik am Kreml bedeutet haben: „Staaten brechen wegen katastrophalen Fehlern der eigenen Führung zusammen“, erklärte er. Dies sei der „wahre Grund“ für den Zusammenbruch.
Nadeschdin zog zudem einen Vergleich zum Ersten Weltkrieg und gab an, „die russische Regierung, das russische Reich“ sei mit „desaströsen Fehlern“ in einen „unnötigen Krieg“ eingetreten. Zugleich versicherte er: „Ich deute nichts an.“ Dennoch waren die Parallelen zum Ukraine-Krieg in den Aussagen des Ex-Abgeordneten unübersehbar. Ohne Zweifel bezog sich Nadeschdin auf Wladimir Putins Krieg gegen die Ukraine und äußerte Skepsis. Ob dies für ihn Konsequenzen haben wird, bleibt noch zu sehen. (bb)