Ukraine-Krieg: Mehrere Städte in der Nacht unter Beschuss
Update vom 10. März, 3.50 Uhr: Ukrainische lokale Behördenvertreter haben in der Nacht zu Donnerstag aus mehreren Städten Beschuss gemeldet. Russische Flugzeuge hätten die Umgebung der nordostukrainischen Großstadt Sumy bombardiert, schrieb der Chef der Gebietsverwaltung von Sumy, Dmytro Schywyzkyj, auf Telegram. In der Stadt Ochtyrka südlich von Sumy seien erneut Wohngebiete beschossen worden. Es gebe zudem Informationen, dass dort auch eine Gasleitung getroffen worden sei.
Der Bürgermeister der südukrainischen Stadt Mykolajiw berichtete ebenso von Beschuss durch Mehrfachraketenwerfer, aus nördlicher Richtung kommend. „Entweder sie testen die Robustheit unserer Kontrollpunkte, oder sie bereiten sich auf eine Offensive vor“, sagte Bürgermeister Olexandr Senkewitsch in einem Live-Video auf Facebook. Er rief die Menschen dazu auf, im Keller zu übernachten. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen.
Update vom 9. März, 22.53 Uhr: Russland hat seinen Bombenangriff auf das Kinderkrankenhaus in der Hafenstadt Mariupol verteidigt. Wie eine Sprecherin des Außenministeriums mitteilte, hätte die ukrainische Armee das Krankenhaus räumen lassen und in dem leeren Gebäude Kampfpositionen errichtet. Diese Aussagen ließen sich nicht abschließend unabhängig prüfen. Videos und Bilder in den sozialen Netzwerken hatten vor wenigen Stunden gezeigt, dass sowohl Personal als auch Patienten - einschließlich hochschwangerer Frauen - kurz nach den Bombardements aus dem Gebäude gebracht wurden (siehe Update vom 9. März, 16.49 Uhr). „Die Zerstörung ist enorm“, zitiert CNN den Stadtrat von Mariupol zu dem Angriff. Die medizinischen Einrichtungen seien „vollständig zerstört“.
Update vom 9. März, 21.55 Uhr: Wie das ukrainische Innenministerium berichtet, sei rund 3.000 Ukrainern die Flucht aus den umkämpften Kiewer Vororten Irpin und Vorzel gelungen. „Rund einhundert Busse und Krankenwagen waren an der Evakuierung beteiligt“, so das Ministerium weiter.
Schon am Mittag hatten sich Bericht gehäuft, dass das russische Militär viele Menschen an der Flucht gehindert habe, so zum Beispiel durch Blockaden in Bucha und Gostomel (siehe Update vom 9. März, 17.35 Uhr). „Menschen, die es aus der Blockade herausgeschafft haben, teilen alle die selben Eindrücke dieser Besatzung: Plünderungen, Hinrichtungen und Einschüchterungsversuche“, lässt sich Andrey Nebitov, Chef der Polizei im Großraum Kiew, bei CNN zitieren. Eigentlich hatten sich die Konfliktparteien auf humanitäre Korridore geeinigt, um Zivilisten die Flucht aus den Vororten zu ermöglichen.
Update vom 9. März, 21.05 Uhr: Nach Berichten der AFP setzt die russische Armee ihren Vormarsch auf die ukrainische Hauptstadt Kiew weiter fort. So näherten sich die Kämpfer der Großstadt Browary, nahe Kiew. Binnen weniger Tage hat sich die Frontlinie rund um die ukrainische Hauptstadt deutlich verschoben: Stand die russische Armee vor fünf Tagen noch rund hundert Kilometer nordöstlich von Kiew entfernt, waren es am Mittwoch nur noch rund 15 Kilometer. Bewohner der Hauptstadtregion berichteten AFP von sich intensivierenden Kämpfen.
Update vom 9. März, 20.20 Uhr: Die USA hat sich erneut gegen die Entscheidung verteidigt, mit Hilfe von Polen Kampfjets in die Ukraine zu liefern. Wie das Weiße Haus durch eine Sprecherin mitteilen ließ, treffe man vor Ort auf „eindeutige logistische Hindernisse“, die nicht einfach zu überbrücken seien. Pressesprecherin Jen Psaki verglich den Vorgang mit einem „engen Flaschenhals“.
Update vom 9. März, 20.00 Uhr: Die US-Regierung wirft Russland den Einsatz sogenannter Freifallbomben in der Ukraine vor. Man habe Hinweise darauf, dass die Russen „dumme Bomben“ abwerfen würden, sagte ein US-Verteidigungsbeamter am Mittwoch. Damit sind Bomben gemeint, die über kein Lenksystem verfügen. „Mit anderen Worten, sie sind nicht zielgerichtet“, so der Beamte. Es sei aber nicht ganz klar, ob das beabsichtig sei oder die Fähigkeit der Russen zur Präzisionslenkung beeinträchtigt sei. Man könne nicht beweisen, ob eine Bombe für ein bestimmtes Ziel gedacht gewesen sei oder nicht.
Update vom 9. März, 19.22 Uhr: Russland hat den Einsatz von Wehrpflichtigen im Krieg gegen die Ukraine eingeräumt. Das Verteidigungsministerium in Moskau betonte am Mittwoch allerdings, dass dies nicht von der Führung genehmigt worden sei. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte der Agentur Tass zufolge, auf Befehl von Präsident Wladimir Putin werde die Militärstaatsanwaltschaft diese Fälle untersuchen und die Verantwortlichen bestrafen. Putin hatte wiederholt bestritten, dass Wehrpflichtige in der Ukraine kämpfen.
„Fast alle diese Soldaten wurden bereits nach Russland abgezogen“, teilte das Verteidigungsministerium nun mit. Allerdings seien dabei einige Wehrpflichtige in ukrainische Gefangenschaft geraten. Die Entsendung weiterer Rekruten werde mit allen Mitteln verhindert.
Beim Vormarsch in der Ukraine meldete der Sprecher des Ministeriums, Igor Konaschenkow, weitere Erfolge. „81 ukrainische Radarstationen der ukrainischen Luftabwehr wurden zerstört.“ Damit sei die ukrainische Luftabwehr nicht mehr in der Lage, der russischen Luftwaffe Widerstand zu leisten. Zudem hätten russische Kräfte bisher 137 Luftabwehrsysteme der Typen Buk M-1, S-300 und S-125 zerstört. „Das sind mehr als 90 Prozent der im Einsatz befindlichen Lang- und Mittelstrecken-Flugabwehrsysteme.“
Update vom 9. März, 17.35 Uhr: Aus den Vororten der ukrainischen Hauptstadt Kiew häufen sich die Meldungen, dass die Evakuierungsversuche der Zivilbevölkerung größtenteils gescheitert seien. Dies betreffe besonders die Ortschaften Bucha und Gostomel. Wie der Stadtrat von Bucha berichtet, habe das russische Militär und 50 Busse mit Zivilisten an der Ausfahrt über einen humanitären Korridor gehindert.
„Die Evakuierung wurde verhindert. Es ist für uns unmöglich, die Einwohner von Bucha und Hostomel heute in Sicherheit zu bringen“, wird der Stadtrat von CNN zitiert.
Update vom 9. März, 17.04 Uhr: Das ehemalige ukrainische Atomkraftwerk Tschernobyl ist rund zwei Wochen nach der Einnahme durch russische Einheiten von der Stromversorgung abgeschnitten. Durch Beschuss seien Stromleitungen beschädigt worden. Das teilte der ukrainische Netzbetreiber Ukrenerho am Mittwoch mit.
Die Elektrizitätsversorgung der Anlage und ihrer Sicherheitssysteme sei infolge „der militärischen Aktivitäten des russischen Besatzers komplett gekappt“. Wegen der fortdauernden russischen Angriffe gebe es auch „keine Möglichkeit“, die Stromversorgung wiederherzustellen. Kuleba schrieb im Kurzbotschaftendienst Twitter, dass „die Reserve-Dieselgeneratoren das Kraftwerk 48 Stunden lang mit Strom versorgen können“, fügte jedoch hinzu, dass „danach die Kühlsysteme des Lagers für abgebrannte Brennelemente ausfallen werden“. Derzeit werden 20.000 Brennelemente im Lagerbecken der Anlage aufbewahrt.
Update vom 9. März, 16.49 Uhr: In Mariupol, im Süden der Ukraine, ist es offenbar zu einem Angriff auf eine Entbindungsstation gekommen. Die Stadtverwaltung Mariupols veröffentlichte entsprechendes Videomaterial und beschuldigte russische Truppen, mehrere Bomben aus der Luft auf das Krankenhaus abgeworfen zu haben.
Der Kyiv Independent berichtet, dass Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj davon ausgeht, dass immer noch Menschen, auch Kinder, unter den Trümmern seien. Diese Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Update vom 9. März, 12.23 Uhr: Das ehemalige ukrainische Atomkraftwerk Tschernobyl ist rund zwei Wochen nach der Einnahme durch russische Einheiten von der Stromversorgung abgeschnitten. Durch Beschuss seien Stromleitungen beschädigt worden, teilte der ukrainische Netzbetreiber Ukrenerho am Mittwoch mit. Kampfhandlungen nördlich von Kiew verhinderten aktuell alle Reparaturarbeiten*.
Update vom 9. März, 11.40 Uhr: Im Ukraine-Krieg zeichnet sich eine Wende im Kampf um den ukrainischen Luftraum ab. Das meldet zumindest das britische Verteidigungsministerium in seinem täglichen Lagebericht. Darin heißt es:
Update vom 9. März, 11.07 Uhr: Russland strebt nach Angaben des Außenministeriums in Moskau nicht den Sturz der ukrainischen Regierung an. In den Verhandlungen mit Vertretern der Regierung in Kiew über eine Beilegung des Konflikts seien außerdem „einige Fortschritte erzielt worden“.
Update vom 9. März, 8.35 Uhr: Die Folgen des Ukraine-Krieges erreichen zunehmend auch Deutschland. Mehr zu den Reaktionen, etwa der Ampel-Regierung oder Oppositionsparteien, lesen Sie in unserem News-Ticker.
Erstmeldung vom 9. März: Kiew - Es wird wohl ein weiterer Versuch: Russland hat auch für Mittwoch (9. März) die Öffnung mehrerer „humanitärer Korridore“ in der Ukraine angekündigt. Ab 8 Uhr MEZ sollten lokale Waffenruhen gelten, meldeten russische Nachrichtenagenturen am Dienstagabend unter Berufung auf eine für humanitäre Fragen zuständige Abteilung des Verteidigungsministeriums. Zuvor waren die ersten Zivilisten über einen offiziellen Evakuierungskorridor aus der umkämpften Stadt Sumy im Nordosten der Ukraine gebracht worden. Die Kämpfe gingen unterdessen weiter.
„Der erste Konvoi von 22 Bussen ist bereits in Poltawa angekommen“, erklärte ein Kiewer Regierungsbeamter am Dienstagabend. Poltawa liegt rund 175 Kilometer südlich von Sumy. Dort seien die Menschen „in Sicherheit“, sagte der Beamte.
In Sumy hatten die russischen Streitkräfte am Morgen die Einrichtung eines offiziellen Fluchtkorridors angekündigt. Der Beschuss sei eingestellt worden. Nach Angaben aus Kiew war am Abend eine zweite Gruppe von 39 Bussen auf dem Weg nach Poltawa.
Es ist die erste erfolgreiche offizielle Evakuierungsaktion im Ukraine-Krieg unter Zusammenarbeit mit den russischen Angreifern. Mehrere Versuche, sichere Fluchtrouten für Zivilisten aus einer ganzen Reihe belagerter Städte zu schaffen, waren zuvor fehlgeschlagen. Moskau und Kiew machten sich gegenseitig dafür verantwortlich. Der ukrainische Präsident Selenskyj ist derweil zu Gesprächen mit Russland bereit.
Im nordwestlichen Kiewer Vorort Irpin beobachtete ein Reporter der AFP, wie weiterhin hunderte Menschen auf behelfsmäßigen Stegen aus Brettern und Metallstücken den gleichnamigen Fluss überquerten. Eine Bewohnerin berichtete, dass es „kein Wasser, Gas oder Strom“ mehr gegeben habe und sie sich tagelang im Keller verstecken musste. Verzweifelte Menschen versuchten auch, den nördlichen Vorort Butscha zu verlassen.
Der ukrainische Generalstab berichtete schließlich von neuen Kämpfen in Isjum im Osten. Das dortige Zentralkrankenhaus sei völlig zerstört, teilte die Stadtverwaltung mit.
In der umkämpften, strategisch wichtigen Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer saßen unterdessen nach ukrainischen Regierungsangaben weiterhin 300.000 Zivilisten fest. Dort waren zuvor erneut Evakuierungsversuche über humanitäre Korridore gescheitert. Mehr zu den Ukraine-Russland-Verhandlungen lesen Sie in unserem News-Ticker.
Die US-Außenstaatssekretärin Victoria Nuland warnte unterdessen davor, dass russische Truppen die Kontrolle über „biologische Forschungseinrichtungen“ in der Ukraine* erlangen könnten. Die US-Regierung arbeite „mit den Ukrainern daran, wie sie verhindern können, dass diese Forschungsmaterialien in die Hände der russischen Streitkräfte fallen, sollten diese sich nähern“, sagte sie am Dienstag bei einer Anhörung des US-Senats. (AFP/cibo) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.