Update vom 12. Mai, 10.40 Uhr: Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat eine positive Entwicklung Deutschlands hinsichtlich der Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine ausgemacht - und die „Vorreiterrolle“ der Bundesregierung bei den Sanktionen gegen Russland hervorgehoben. „Wir sehen, dass die Bundesrepublik momentan die Vorreiterrolle übernommen hat und die erste Geige in Europa spielt“, sagte Kuleba im ARD-Morgenmagazin. Er würde die „negativen Momente nicht überbewerten“ wollen.
Die Regierung in Kiew hat die Bundesregierung auch über ihren Botschafter Andrij Melnyk in den vergangenen Wochen scharf kritisiert, vor allem wegen der ihrer Ansicht nach zu zögerlichen Haltung in der Frage der Lieferung von Waffen an die Ukraine. Ein diplomatischer Affront war die Weigerung der ukrainischen Regierung, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Kiew zu empfangen.
„Das war ein ganz normales Gespräch zwischen beiden Seiten, in dem die Sachen so genannt wurden, wie es sich gehört“, sagte Kuleba dazu. „Wenn wir Verzögerungen sehen, dann verweisen wir darauf auch ganz offen“, so der Minister. Er äußerte sich auch zu einer EU-Mitgliedschaft: „Wir reden nicht über eine möglichst schnelle Mitgliedschaft in der EU. Aber für uns ist es wichtig, diesen Platz für die Ukraine zu reservieren.“ Es werde oft gesagt, dass die Ukraine zu Europa gehört, jetzt sei es an der Zeit, diesen Platz zu reservieren.
Update vom 12. Mai, 8.41 Uhr: Die Bundeswehr ist zu einem neuen Evakuierungsflug für den Transport kriegsverletzter Ukrainer aus Polen nach Deutschland unterwegs. Das Spezialflugzeug A310 MedEvac der Luftwaffe startete an diesem Donnerstagmorgen in Köln. Das berichtet die Nachrichtenagentur dpa.
Nach Abholung der Verletzten in Polen sollte die Maschine später in Frankfurt am Main landen. Mit dem Flugzeug wurden in den vergangene Wochen wiederholt schwer verletzte Kinder und Erwachsene zur Behandlung nach Deutschland geholt, um sie besser medizinisch versorgen zu können.
Der A310 MedEvac ist die fliegende Intensivstation der Luftwaffe. Verletzte werden in der Luft von Sanitätssoldaten weiterbehandelt.
Update vom 12. Mai, 6.36 Uhr: Deutschland bemüht sich im Ukraine-Krieg unter anderem, unabhängiger von russischem Gas zu werden. Aber kann das Land das verkraften? Wirtschaftsminister Robert Habeck hält das für den kommenden Winter für möglich.
Voraussetzungen seien volle Gasspeicher zum Jahreswechsel, der Netzanschluss von zwei der vier angemieteten LNG-Tanker sowie Energiesparen, sagte der Grünen-Politiker jetzt der Wirtschaftswoche: „Dann können wir im Fall eines Abrisses der russischen Gaslieferungen einigermaßen über den Winter kommen.“
Zwei der vier für Deutschland georderten Flüssiggas (LNG)-Schiffe ersetzen laut Habeck bereits knapp ein Viertel der russischen Erdgas-Importe. Trotz der Fortschritte warnte Habeck im Wirtschaftswoche-Gespräch vor den wirtschaftlichen Risiken eines Gas-Stopps: „Auch unter den genannten Voraussetzungen wären die Gaspreise dann sicherlich sehr hoch und die Speicher am Ende des Winters leer.“
Deutschland ist stark von russischem Gas abhängig. Forderungen etwa nach einem Gasembargo sind daher umstritten. Jüngsten Angaben des Wirtschaftsministeriums zufolge sank die Abhängigkeit seit Kriegsbeginn immerhin von zuvor 55 Prozent auf etwa 35 Prozent.
Update vom 11. Mai, 16.28 Uhr: Die Ukraine wird nach den Worten von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wegen überall verbliebener Sprengsätze noch „hundert Jahre“ mit den Folgen des Krieges zu tun haben. „Wer in Deutschland lebt weiß es: Die Bomben, die im Zweiten Weltkrieg hier runtergegangen sind, werden auch jetzt noch entdeckt“, sagte der Kanzler am Mittwoch nach einem Treffen mit dem argentinischen Präsidenten Alberto Ángel Fernández in Berlin.
„Deshalb werden wir auch gemeinsam den Wiederaufbau voranbringen“, sagte Scholz. Der russische Angriffskrieg sei nicht nur ein Krieg gegen die Ukraine, „sondern auch ein Krieg mit Folgen für die ganze Welt“, fügte der Kanzler unter Verweis auf steigende Energie- und Lebensmittelpreise sowie drohende Hungerkrisen in ärmeren Staaten hinzu.
Update vom 11. Mai, 15.25 Uhr: Macht die nun begonnene Ausbildung ukrainischer Soldaten an schweren Waffen Deutschland zur Kriegspartei? Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagt: nein. Er gehe davon aus, dass „sich die völkerrechtliche Lage nicht geändert hat“, sagte Buschmann am Mittwoch im Bundestag. Zu Begründung seiner Auffassung verwies Buschmann auf die UN-Charta, der zufolge Krieg grundsätzlich verboten ist - ausgenommen ist der Verteidigungskrieg. „Im Kriegsvölkerrecht ist man sich einig: Wenn man Opfer eines Aggressors ist, darf man sich verteidigen“, betonte der FDP-Politiker am Mittwoch während einer Befragung im Bundestag.
Er fügte hinzu: „Das schließt jetzt nicht einen Gegenschlag ein, der das ganze gegnerische Territorium erobert, aber natürlich darf man in Reaktion darauf auch in Grenzbereichen natürlich auf gegnerischem Territorium operieren.“ Buschmann sagte weiter: „Das wäre ja verrückt, wenn derjenige, der sich völkerrechtsgemäß verhält, gefesselter in den Konflikt gehen müsste als der illegitime Aggressor.“
„Meine juristische Bewertung ist, dass wir damit nicht zur Kriegspartei werden“, sagte auch Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) im ZDF. „Wir entsenden keine Soldaten. Und deswegen ist diese Ausbildung, diese Unterstützung noch kein Schritt hin zur Kriegspartei.“
Erstmeldung vom 11. Mai, 11 Uhr: München - Der Ukraine-Krieg wird nach einer Einschätzung der USA nicht schnell enden. Diese Karte zeigt, wo der Ukraine-Krieg wütet. Ganz im Gegenteil: Amerikanische Geheimdienste erwarten einen „langwierigen Krieg“. Dabei sei es „wahrscheinlich“, dass der russische Präsident Wladimir Putin in den kommenden Monaten einen zunehmend „unvorhersehbaren und potenziell eskalierenden“ Weg einschlage, erklärte Avril Haines, die oberste Geheimdienstkoordinatorin der USA.
Dessen sind sich die meisten westlichen Länder offenbar bewusst und beschleunigen ihre Unterstützung der Ukraine - sowohl wirtschaftlich als auch finanziell. Nachdem die USA ein neues Milliardenpaket angekündigt hat, macht nun auch Deutschland Tempo bei der militärischen Hilfe für die Ukraine. Ende April wurde ein historisches Go für die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine gegeben. Immer noch laufen Diskussionen darüber, doch es geht voran. Zu den Systemen, die geliefert werden sollen, gehört auch die Panzerhaubitze 2000.
Ukrainische Soldaten sind nun zur Ausbildung an der Waffe in Deutschland eingetroffen. Die künftigen Besatzungen der Panzerhaubitze 2000 und technische Fachleute landeten in Rheinland-Pfalz. Sie sollen am Mittwoch (11. Mai) in die Ausbildung an der Artillerieschule der Bundeswehr in Idar-Oberstein eingewiesen werden, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen in Berlin erfuhr.
Zur Verteidigung gegen den russischen Angriff wollen Deutschland und die Niederlande der Ukraine insgesamt zwölf Panzerhaubitzen übergeben. Sie werden jeweils von fünf Soldaten bedient. Die Zahl der für die Schulung vorgesehenen Soldaten beträgt demnach mehr als 60. Dazu kommen technische Fachleute sowie Übersetzer.
Die ukrainischen Soldaten sind nach Informationen der dpa in Polen gestartet und wurden mit einer Transportmaschine der Bundeswehr zum Flughafen Zweibrücken geflogen. Nach früheren Angaben soll die Ausbildung etwa 40 Tage lang dauern, abhängig vom Kenntnisstand der Soldaten auch weniger. Sie müssten lernen, die Panzerhaubitze zu fahren, mit ihr zu schießen und Störungen im Betrieb zu beseitigen.
Nicht alle sind von diesen Entwicklungen begeistert, so auch Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Er hat seine Ablehnung von weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine bekräftigt und stattdessen mehr Druck auf die Zivilgesellschaft in Russland gefordert. „Wir müssen jetzt wirklich auch zivile Kommunikation aufbauen“, sagte der grüne Parteilinke im ARD-„Morgenmagazin“. Das bedeute zum Beispiel, dass nicht alle Kommunen ihre Beziehungen abbrechen sollten zu den Partnerkommunen in Russland. Schulen und Universitäten hätten Beziehungen gehabt.
„Das müssen wir nutzen, um auch in die Gesellschaft in Russland hineinzuwirken, dass auch dort Druck entsteht, den Krieg zu beenden“, sagte der 69-Jährige. Er sei zwar der Meinung, dass es ein Recht auf Selbstverteidigung geben soll, sagte Hermann. Aber man solle nicht nur auf Waffen setzen und nicht nur auf immer mehr Waffen, begründete er seine Ablehnung von weiteren Waffenlieferungen. Es bestehe die Gefahr, dass der Konflikt dadurch weiter eskaliere.
Hermann steht mit seinen Ansichten im Widerspruch etwa zu Aussagen von Parteikollege und Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Der 73-Jährige unterstützt Waffenlieferung an die Ukraine ausdrücklich. Am Montag hatte Kretschmann sie als „unabdingbar“ bezeichnet.
Indes ist auch die Debatte um ein mögliches Öl-Embargo in vollem Gange. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) warnte jetzt vor den Folgen eines solchen Schrittes für Ostdeutschland. Russisches „Öl und Gas kommen zuerst in Ostdeutschland an, das heißt, die ganzen Veredelungsstufen hängen direkt dort dran“, sagte Ramelow im ARD-„Morgenmagazin“. „Wir reden bei all dem, was an kriegsbedingten Ausfällen zu erwarten ist, in der Glasindustrie in Thüringen sofort von 7000 Arbeitsplätzen“, so der Linken-Politiker.
Er unterstütze „nicht vordringlich die Sanktionen“, sondern befürworte alles, was dazu führe, Kreml-Chef Wladimir Putin daran zu hindern, „den Krieg weiterzuführen“, betonte Ramelow. Viel entscheidender sei es aus seiner Sicht, „dass man den Oligarchen den Geldhahn abdrehen muss“. Zudem sei eine Abkehr von fossilen Energieträgern nötig. Der rechtzeitige Umstieg auf erneuerbare Energien sei versäumt worden, stattdessen habe Deutschland zu lange auf „billige fossile Energie“ aus Russland gesetzt. (bb mit dpa/afp)