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NEXTA: Wie Lukaschenko das Sprachrohr der belarussischen Opposition bekämpft

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Von: Aleksandra Fedorska

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Ein Schild mit einem Porträt des verhafteten belarussischen Journalisten Protasewitsch und der Aufschrift „Free Roman Protasevich“.
Der vom Lukaschenko-Regime verhaftete belarussische Journalist Protassewitsch ist Teil eines Mediums, das immer bedeutender wird. © Niall Carson/dpa

Das Medium NEXTA hat eine wichtige Rolle für die belarussische Opposition bei den Protesten gespielt. Seitdem bekämpft es Lukaschenko mit aller Härte im In- und Ausland.

Warschau - NEXTA wurde 2015 in der polnischen Hauptstadt Warschau gegründet. Zuerst war es nur ein weiterer YouTube-Kanal, der von einer Gruppe belarussischer Migranten betrieben wurde. Gegründet wurde NEXTA von Szjapan Puzila. Später kam Roman Protassiewitsch* dazu. Protassiewitsch war vor seiner Zeit bei NEXTA als Journalist und Blogger für die belarussische Opposition aktiv. Ein weiterer bekannter Aktivist des Projekts war Uładzimier Czudziancou, der im November 2019 auf dem Weg nach Polen von belarussischen Sicherheitskräften verhaftet und zu 5,5 Jahren Straflager verurteilt wurde.

NEXTA: Ein kleines Projekt wird zum großen Politikum

Sowohl Puzila als auch Protassiewitsch begannen früh das Internet für ihre journalistischen und künstlerischen Projekte zu nutzen. Puzila, der mittlerweile seit über sechs Jahren in Polen lebt, sammelte in Katowice Erfahrungen in der Produktion von Film- und Fernsehsendungen bei Belsat TV. Im Frühjahr wurde berichtet, dass sein Vater als Sportjournalist bei diesem Sender arbeite und in Minsk lebe. Ob diese Informationen noch aktuell sind, lässt sich nicht mehr überprüfen, denn das NEXTA-Team ist extrem vorsichtig geworden, hinsichtlich der eigenen Sicherheit und der Sicherheit ihrer Angehörigen.

Der Journalistikstudent Protassiewitsch arbeitete in Belarus für verschiedene Radiosender, unter anderem für Euroradio. Für den Zeitraum 2017 bis 2018 erhielt Protassiewitsch ein Stipendium der Václav Havel-Stiftung und absolvierte ein Praktikum bei Radio Swoboda. Nach der Verhaftung von Czudziancou Ende 2019 entschied sich Protassiewitsch, in Polen einen Asylantrag zu stellen. 2020 wurden Roman Protassiewitsch und Szjapan Puzila vom belarussischen Regime international zur Fahndung ausgeschrieben. Sie wurden beschuldigt, massive Aufstände und kollektive Aktionen gegen die öffentliche Ordnung organisiert zu haben.

NEXTA: die wichtigste Quelle für Informationen aus Belarus für die globale Welt

Zu diesem Zeitpunkt war NEXTA bereits auf die Applikation Telegram ausgewichen. Die Bekanntheit von NEXTA nahm gerade während der Proteste nach der Präsidentschaftswahl im Sommer 2020 besonders stark zu. Im August 2020 zählte der Telegram-Kanal NEXTA Live über zwei Millionen Abonnenten. Polnische Medien sprechen von einem „Phänomen NEXTA”, denn NEXTA ist zur wichtigsten Quelle für Informationen aus Belarus für die globale Welt geworden. Mittlerweile ist NEXTA auf allen Social Media Kanälen vertreten.

Piotr Pogorzelski, der Autor des Podcasts „Po prostu Wschód” und Journalist bei Belsat, unterstreicht, dass NEXTA ein Medium ist, das von Beginn an in Polen, also außerhalb der Grenzen von Belarus angesiedelt war und daher auf Informationen von Drittpersonen und Netzwerken vor Ort angewiesen ist. Dabei handelt es sich um kurze Filme, die mit dem Smartphone aufgenommen werden, die NEXTA aus Belarus erreichen. Damit hat sich bereits in der Anfangszeit eine Netzstruktur entwickelt, durch die NEXTA unabhängig und schnell mit Informationen aus Belarus versorgt wird. Die starke Affinität zum Internet und den Social Media Kanälen hat eine schnelle Informationsbeschaffung, die Vernetzung und den technischen Zugang für Menschen aus Belarus im Inland aber auch in der Diaspora erleichtert.

Die Repressionen des Lukaschenkoregimes

Als die Nutzerzahlen von NEXTA in die Millionen gingen (und das bei einer Bevölkerungszahl von knapp unter zehn Millionen Menschen in Belarus) hatte das Regime technisch kaum Möglichkeiten die Berichterstattung von NEXTA effektiv einzuschränken. Auch wenn das belarussische Internet zeitweise abgeschaltet wurde, war NEXTA weiterhin erreichbar und konnte nicht blockiert werden.

Mittlerweile arbeiten alle für NEXTA tätigen Journalisten in Polen oder vielleicht auch im europäischen Ausland. Die Informationen über ihre Aufenthaltsorte werden geheim gehalten. Sie werden rund um die Uhr von der Polizei bewacht, da ihr Leben vom Regime bedroht wird.

Lukaschenko
Alexander Lukaschenko ist Präsident von Belarus. Er gilt als „letzter Diktator Europas“ © TUT.by/AP/dpa

Diese Vorsichtsmaßnahmen sind mehr als angebracht, denn Präsident Alexander Lukaschenko schreckt vor nichts zurück, wenn es um die Bekämpfung dieses unabhängigen Mediums geht. Das hat er unter Beweis gestellt, als er am 23. Mai die Landung eines Flugzeugs von Ryanair, in dem Roman Protassiewitsch mit seiner Lebensgefährtin saß, zur Landung in Minsk zwang. Das Paar wurde am Flughafen aus dem Flugzeug geholt und verhaftet. Aktuell ist das Lesen der Nachrichten auf NEXTA in Belarus verboten und unter Strafe gestellt. Pogorzelski rechnet daher damit, dass dadurch NEXTA in Belarus viele Abonnenten verloren hat. (Aleksandra Fedorska) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

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