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Niedersachsen-Wahl: Ampel-Koalition ächzt – „So einen Wahlkampf habe ich noch nie erlebt“

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Von: Sebastian Horsch

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Bernd Althusmann (CDU) will Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in Hannover aus dem Amt drängen. Der niedersächsische Wahlkampf belastet die Ampel-Koalition in Berlin.

München – 78 Quadratmeter. So groß ist das Arbeitszimmer des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD). Der CDU-Politiker Bernd Althusmann will es bei der Landtagswahl am 9. Oktober für sich erobern. Es könnte ein enges Rennen werden – und wirft seine Schatten bereits bis nach Berlin voraus.

Auf 32 Prozent kam die SPD in der jüngsten Umfrage, die CDU liegt mit 28 Prozent in Schlagweite, die Grünen standen bei 17 Prozent, die AfD bei 9 Prozent. FDP (5 Prozent) und Linke (4 Prozent) müssen um den Einzug ins Parlament zittern.

Weil und Althusmann sind dabei nicht nur Wahlkampfgegner, sondern noch immer auch Regierungspartner. Denn nach Weils Wahlsieg 2017 schlossen sich SPD und CDU zu einer Großen Koalition zusammen, die seither in Niedersachsen regiert. Weil ist Ministerpräsident, Althusmann sein Stellvertreter und Wirtschaftsminister.

Ampel im Schatten der Niedersachsen-Wahl: „So einen Wahlkampf habe ich noch nie erlebt“

Landtagswahl in Niedersachsen: Weil und Althusmann bei einer Diskussionsrunde in Hannover
Landtagswahl in Niedersachsen: Weil und Althusmann bei einer Diskussionsrunde in Hannover. Die Wahl belastet die Regierungskoalition. © Julian Stratenschulte/dpa

Doch im Wahlkampf setzt der Herausforderer trotzdem voll auf Regierungskritik – zielt dabei aber nicht so sehr auf Hannover, sondern vor allem auf Berlin. Die Landtagswahl sei „auch eine Abstimmung über die Bundesregierung“, betont Althusmann. Und tatsächlich sind das Krisenmanagement der Ampel, das Hin und Her um die Gasumlage oder der Streit um den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken die Themen, um die sich der niedersächsische Wahlkampf dreht – Landespolitik findet eher am Rande statt. „So einen Wahlkampf habe ich noch nie erlebt“, sagt Weil.

Auch in Berlin wird die Niedersachsen-Wahl als wichtiger Gradmesser gesehen. Die Entscheidungsträger scheinen sich über ihren Einfluss auf das Ergebnis zu sorgen. Die Folge sind gegenseitige Blockaden in der ohnehin knirschenden Ampel-Koalition.

Dass die zuletzt bei mehreren Landtagswahlen und in Bundesumfragen deutlich schwächelnde FDP bei der Schuldenbremse bisher nicht nachgeben will, dürfte zum Beispiel auch damit zu tun haben, dass die Liberalen ihren Markenkern vor der knappen Wahl nicht weiter schwächen wollen. Schließlich werden sie schon für die verunglückten Gasumlage-Pläne in Mithaftung genommen. Dass es in Deutschland noch Corona-Maßnahmen gibt, nehmen der FDP einige Anhänger ebenfalls übel.

Niedersachsen-Wahl: Die Grünen fürchten offenbar einen Imageschaden durch die Ampel

Auch die Grünen fürchten offenbar einen Imageschaden durch die Ampel, der auf die Landtagswahl durchschlagen könnte. So soll der niedersächsische Landesverband keinen geringen Anteil daran haben, dass die grünen Ampel-Politiker beim Weiterbetrieb der drei verbliebenen Atomkraftwerke bis zuletzt eher wenig Bereitschaft zur Bewegung zeigten.

Und die SPD kann es sich kaum leisten, dass Weil sein Amt verliert – es wäre nach den Wahlen in Schleswig-Holstein und NRW die dritte Niederlage in diesem Jahr. Auch die Kanzlerpartei ist also darauf bedacht, vor der Entscheidung in Niedersachsen tunlichst keine Wähler zu verärgern – und gibt sich neuerdings zunehmend Mühe, sich von den Gasumlage-Plänen von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu distanzieren.

In Hannover hingegen stehen die Grünen hoch im Kurs. Im Vergleich zu ihrem Ergebnis von 2017 (8,7 Prozent) hat die Partei deutlich zugelegt – und Weil hat sie zu seinem Wunschpartner für eine neue Koalition erklärt. Auch Althusmann schmeichelt im Tagesspiegel den Grünen, wenn es um eigene Bündnispläne geht. Die seien „eine eigenständige, nicht zu unterschätzende Partei“. Und auch er habe schließlich Ambitionen beim Ausbau der erneuerbaren Energien und zudem eine paritätisch besetzte CDU- Landesliste.

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