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Niedersachsen-Wahl: Der spröde Herr Weil sitzt fest im Sattel

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Von: Christian Deutschländer

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Am Sonntag geht es für die Bürger von Niedersachsen an die Urne. Wohl wird das Land weiter von der SPD regiert, der Union droht der Gang in die Opposition.

Hannover – Stephan Weil ist kein Mann schillernder Auftritte und polternder Bierzelt-Reden. „Moin“, begrüßt er die Wähler knapp auf seiner Internet-Seite. Seine Reihe an Wahlkampf-Auftritten steht unter der Überschrift „Auf ein Wort“. Und privat offenbarte der 63-Jährige als eine seiner größten Leidenschaften, er gehe ab und zu mit Freunden in eine Kneipe in Hannover, um dort „Matjes und Bratkartoffeln“ zu essen.

Weils bodenständige und pragmatische Art überzeugt

Puh. Nicht eben aufregend. Kritiker beschreiben den Ministerpräsidenten von Niedersachsen auch als farblos und spröde. Das unterscheidet ihn von Amtsvorgängern wie Gerhard Schröder (SPD) oder Christian Wulff (CDU). Doch eines muss zwingend über Weil dazugesagt werden: Er hat Erfolg. Am Sonntag steht der SPD-Ministerpräsident, gelernter Jurist und Verwaltungsmann, vor seinem dritten großen Wahlsieg. Viele sagen: Wegen, nicht trotz seiner bodenständigen, pragmatischen Art.

Stephan Weil wird wohl vor zwei Optionen stehen

In Umfragen liegt die SPD, vom Bundestrend eher geschwächt als angetrieben, bei 31 bis 33 Prozent. Das ist weniger als bei der letzten Wahl, aber deutlich mehr, als die mitregierende CDU unter Vize-Ministerpräsident Bernd Althusmann (55) erwarten kann. Ihn sehen die Demoskopen unter 30. Da gleichzeitig die Grünen mit ihrer Spitzenkandidatin und Fraktionschefin Julia Willie Hamburg (36) auf 16 Prozent hochgeschossen sind, hat Amtsinhaber Weil wohl die Möglichkeit, mit zwei Bündnissen weiterzuregieren: Große Koalition oder Rot-Grün.

Letztere Option ist das erklärte Wunschmodell von Weil. Er betonte im Wahlkampf, er wolle gern dazu „zurückkehren“. Rot-Grün hatte in Hannover bereits zwischen 2013 und 2017 regiert. Zugleich erklärte er, die Gemeinsamkeiten in der Großen Koalition mit der CDU seien zuletzt „deutlich zur Neige“ gegangen.

Weitere Parteien im Landtag sind nach aktueller Lage die AfD mit zehn Prozent und die FDP mit – sehr wackeligen – fünf. Für die CDU würde das nicht reichen, um ein Bündnis mit den Liberalen gegen Weil zu schmieden, die Grünen stehen wohl nicht bereit. Die Linke dürfte es nach den Umfragen nicht in den Landtag schaffen. Aber Achtung: Dem jüngsten ZDF-Politbarometer zufolge sind 40 Prozent der 6,1 Millionen Wahlberechtigten unentschlossen.

Weil kündigt landeseigenes Unterstützungsprogramm an: Fast eine Milliarde Euro

Inhaltlich wird der Wahlkampf in Niedersachsen von der Bundespolitik dominiert. CDU-Kandidat Althusmann kritisierte die Berliner Ampel scharf. Weil allerdings fällt ebenfalls nicht durch große Berlin-Kuschelei auf. Sein Verhältnis zu Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird höflich als „nüchtern“ umschrieben. Als neuer Chef der Ministerpräsidentenkonferenz setzte Weil eigene Akzente.

Zu den wenigen landespolitischen Themen zählen der Personalmangel an Schulen und Kitas, der Umbau der Landwirtschaft, die Transformation der Autoindustrie, der Klimaschutz und die Corona-Politik. Dazu ein bisschen Aufregung ums Fracking, seit aus Bayern heraus Markus Söder anregte, in Niedersachsen nach Gas zu bohren. Weil versuchte im Wahlkampf, den Menschen angesichts galoppierender Inflation die größten Sorgen zu nehmen. So kündigte er ein landeseigenes Unterstützungsprogramm über fast eine Milliarde Euro im Fall seiner Wahl an. - von S. Bronst und C. Deutschländer

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