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Familien-Camping und harter Ellbogen-Einsatz – Das ist SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty

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Von: Fabian Hartmann

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Der SPD-Politiker Thomas Kutschaty möchte Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen werden. Alles über den Mann, der nach der NRW-Wahl das bevölkerungsreichste Bundesland regieren will.

München – Die Bildungspolitik, sie ist Thomas Kutschaty besonders wichtig. „Chefsache“ solle sie werden, verspricht der 53 Jahre alte Spitzenkandidat der SPD bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Kutschaty weiß, wie wichtig Bildung ist. Er selbst kommt aus sogenannten „kleinen Verhältnissen“.

Politiker:Thomas Kutschaty
Geboren:12. Juni 1968, Essen
Partei:Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
Vorheriges Amt:Justizminister von Nordrhein-Westfalen (2010–2017)

Geboren in der Arbeiterstadt Essen, Vater bei der Eisenbahn, Mutter Verkäuferin. Kutschaty war der Erste in der Familie, der Abitur machte. Danach Jura-Studium, Arbeit als Anwalt – und parallel dazu der Aufstieg in der SPD. Solche Geschichten berühren das Herz der Partei. Auch wenn das Malocher-Image inzwischen mehr Folklore ist: Der soziale Aufstieg ist ein Kernversprechen der SPD, noch immer. Und insbesondere in Nordrhein-Westfalen.

NRW-Wahl: Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Ministerpräsident Wüst und Thomas Kutschaty

Kutschaty könnte schon bald die Gelegenheit bekommen, seine Vorstellungen in die Tat umzusetzen. Am 15. Mai 2022 wählt Nordrhein-Westfalen einen neuen Landtag und die letzten Umfragen sehen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der regierenden CDU von Ministerpräsident Hendrik Wüst und Kutschatys SPD. Weitere Kandidaten sind in den Umfragen weiter entfernt.

Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten gibt sich optimistisch. „Für euch gewinnen wir das Morgen“ ist das Wahlprogramm seiner Partei überschrieben. Darin enthalten: klassische SPD-Forderungen wie der Wegfall aller Kitagebühren, günstige Mieten, mehr Schulen in Brennpunkten und ein kostenloser Nahverkehr für junge Menschen. Soziale Gerechtigkeit eben.

Landtagswahl Nordrhein-Westfalen, Wahl NRW, Thomas Kutschaty (SPD) gibt seine Stimme ab
Thomas Kutschaty (SPD) hat seine Stimme bei der NRW-Wahl abgegeben. © Bernd Thissen/dpa

Kutschaty ist kein Lautsprecher. Die Rheinische Post nennt ihn einen „Freund der ruhigeren Töne und überlegten Sätze“. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Kutschaty ein Polit-Profi durch und durch ist. Und schon lange dabei. Über die Jusos und die Kommunalpolitik kam er nach Düsseldorf. Seit 2005 sitzt er bereits im Landtag. Für die politische Karriere musste Kutschaty mehr als einmal die Ellenbogen einsetzen. Im Kampf um den Vorsitz der NRW-SPD hat er seinen innerparteilichen Rivalen Sebastian Hartmann in einem schmutzigen, teils öffentlich ausgetragenen Duell ausgebootet.

Auch an anderer Stelle zeigte Kutschaty, dass er knallhart sein kann. Als bekannt wurde, dass die NRW-Bundestagsabgeordnete Petra Hinz (SPD) ihren Lebenslauf gefälscht hatte, war es Kutschaty, der ihr die Pistole auf die Brust setzte. Öffentlich forderte er seine Parteifreundin dazu auf, ihr Bundestagsmandat innerhalb von 48 Stunden niederzulegen. Hinz sagte später, Kutschaty habe sie damit „endgültig zum Abschuss freigegeben“.

Auch im Wahlkampf griff Kutschaty parteiintern ein. Etwa als ein prominenter NRW-Parteigenosse mit einem Blog-Beitrag zu den Gräueltaten von Butscha querschoss. Den Druck in Sachen „Putin-Problem“ der SPD versuchte er indes auf die CDU abzuleiten.

NRW-Wahl: Thomas Kutschaty war schon Minister unter Hannelore Kraft

Mit einer Mischung aus Härte und freundlichem Auftreten hat es Kutschaty bis an die Spitze der Landespartei geschafft. Er ist außerdem Fraktionschef in Düsseldorf, stellvertretender Bundesvorsitzender seiner Partei. Und: Er hat bereits Regierungsverantwortung gespürt. Von 2010 bis 2017 war er Justizminister im Kabinett von Hannelore Kraft (SPD). Als eine Art „Last Man Standing“ aus der alten Kraft-Truppe beschreibt ihn der Freitag. Nun also der Griff nach der Macht.

NRW-Wahl: Thomas Kutschaty, SPD-Landesvorsitzender Nordrhein-Westfalen und Spitzenkandidat für die Landtagswahl, gibt eine Pressekonferenz nach den Gremiensitzungen seiner Partei.
Will NRW regieren: SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty © Kay Nietfeld/dpa

NRW-Wahl: Familienvater Thomas Kutschaty macht gerne Camping-Urlaub – „das erdet“

Im Wahlkampf kommt Kutschaty zu gute, dass er authenthisch wirkt. Die Herkunft aus einfachen Verhältnissen prägt offenbar sein politisches Denken. Bis heute lebt er im Essener Norden, nur einen Steinwurf entfernt von der Siedlung, in der einst aufwuchs. Die Stadt Essen ist geteilt, der Süden wohlhabend, der Norden proletarisch.

Kutschaty illustriert die Spaltung der Stadt gerne anhand des Straßenbahn-Verlaufs. Auf halber Strecke ändert sich das Publikum; es wird jünger, ärmer, migrantischer. Die schicke Landeshauptstadt Düsseldorf mit der Prachtstraße Kö ist von hier weit entfernt – auch habituell. Kutschaty sagt, dass er sich aus Luxus nicht viel mache. Im Urlaub fährt er gerne campen. „Das erdet“, findet der Politiker.

Der Ruhrpott, Aufstieg durch Bildung, soziale Gerechtigkeit. Kutschaty verkörpert die Schlagworte, die einst die SPD an Rhein und Ruhr groß gemacht haben. Kein Wunder also, dass die Partei im Wahlkampf voll auf Personalisierung setzt – und den Vater von drei Kindern (eine Tochter, zwei erwachsene Söhne) ins Zentrum ihrer Kampagne rückt. Gut möglich, dass Kutschaty bald am Ziel angelangt ist. In der Düsseldorfer Staatskanzlei. Anderenfalls, so heißt es hier und da, könnte die Karriere des SPD-Vize aber auch vor dem Aus stehen.

Bleiben also nur noch die Wahlen in NRW abzuwarten. Die Wahlbenachrichtigungen sind schon verschickt. Wer Briefwahl beantragt hat, kann den Stimmzettel am Wahltag beim zuständigen Wahlbüro abgeben. Für Informationen zur den Parteien steht wieder der Wahl-O-Mat online zur Verfügung. Alle aktuellen Entwicklungen zur Wahl in NRW finden Sie auch in unserem News-Ticker. (fh)

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