Trump wagt heiklen Schritt - Experte rügt „zutiefst unkluge“ Entscheidung

US-Präsident Donald Trump hat Jerusalem offiziell als Hauptstadt Israels anerkannt. Experten sind besorgt über negative Auswirkungen auf den Friedensprozess.
Washington - US-Präsident Donald Trump hat Jerusalem offiziell als Hauptstadt Israels anerkannt. Es handle sich um einen Schritt, der längst überfällig sei, sagte Trump am Mittwochabend deutscher Zeit bei einer Rede im Weißen Haus: „Heute erkennnen wir das Offensichtliche an - dass Jerusalem die Hauptstadt Israels ist“.
Trump wies das Außenministerium an, mit dem Prozess zur Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu beginnen. „Dieser Prozess beginnt sofort“, sagte Trump.
Schritt in Richtung Frieden?
Der Präsident stellte seine Entscheidung als Maßnahme im Ringen um Frieden im Nahen Osten dar. „Das ist ein Schritt der längst überfällig ist, um den Friedensprozess abzuschließen“, erklärte Trump. Immer wieder hätten US-Präsidenten die Anerkennung aufgeschoben: „Wir haben gesehen, was passiert. Seit mehr als zwei Jahrzehnten sind wir einem dauerhaften Frieden zwischen Israel und Palästina nicht näher gekommen als zuvor.“
Jerusalem sei „die Hauptstadt des jüdischen Volkes, seit Anbeginn der Zeiten“, sagte Trump. Seine Regierung beziehe aber keine Position dazu, wie am Ende die "genauen Grenzen der israelischen Souveränität" im Stadtgebiet von Jerusalem aussehen sollten. Die Grenzstreitigkeiten seien eine Angelegenheit, die zwischen Israelis und Palästinensern geklärt werden müsse.
Zugleich rief Trump die Konfliktparteien zu friedlichen Verhalten auf. Die Vereinigten Staaten würden eine Zwei-Staaten-Lösung unterstützen, falls beide Seiten einverstanden seien, betonte Trump. Alle seien aufgerufen, an einem pragmatischen, friedlichen Lösungsprozess teilzunehmen.
Klarer Tabubruch
Trumps Entscheidung stellt einen beispiellosen Tabu-Bruch dar und hat die Furcht vor einem neuen Flächenbrand im Nahen Osten ausgelöst: Der Status von Jerusalem ist einer der größten Streitpunkte im Nahost-Konflikt.
Standpunkt der internationalen Gemeinschaft ist deshalb, dass dieser nur in Friedensgesprächen zwischen Palästinensern und Israelis geklärt werden kann. Die Palästinenser reklamieren ihrerseits den Ostteil von Jerusalem als künftige Hauptstadt ihres angestrebten eigenen Staates.
Bestürzt zeigte sich der frühere US-Diplomat Nicholas Burns, der unter George W. Bush im Außenministerium arbeitete: „Trumps Jerusalem-Entscheidung wird die Glaubwürdigkeit der USA schwächen, Wut in der muslimischen Welt entzünden und unsere eigenen amerikanischen Diplomaten in Gefahr bringen. Zutiefst unklug“, twitterte er.
„Tage des Zorns“ in Palästina - auch der Papst ist besorgt
Tatsächlich ließen wütende Reaktionen nicht lange auf sich warten. Mehrere palästinensische Gruppierungen haben aus Empörung über die US-Entscheidung von Mittwoch an zu drei „Tagen des Zorns“ aufgerufen. In der Nähe von Bethlehem kam es zu einer Konfrontation zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten. In Bethlehem verbrannten Demonstranten schon am Dienstagabend Bilder von Trump.
In Gaza zündeten am Mittwoch hunderte Demonstranten Trump-Bilder und US-Flaggen an. Die Bundesregierung warnte vor möglichen Ausschreitungen in Jerusalem, dem Westjordanland und dem Gazastreifen.
Bereits zuvor hatten die Hamas, aber auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan von einer „roten Linie“ gesprochen, die Trump überschreite. „Diese Maßnahme ist eine Schlag für die arabisch-amerikanischen Beziehungen und für die amerikanische Rolle als Vermittler zwischen Palästinensern und Israelis. Sie erschüttert das Vertrauen der Araber in die Neutralität der Amerikaner“, sagte Ahmed Abu al-Ghait, Generalsekretär der Arabischen Liga.
Auch der Papst äußerte sich kritisch. „Diese Maßnahme ist ein Schlag für die arabisch-amerikanischen Beziehungen und für die amerikanische Rolle als Vermittler zwischen Palästinensern und Israelis. Sie erschüttert das Vertrauen der Araber in die Neutralität der Amerikaner.“
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fn/AFP/dpa/Video: Glomex