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Klimaaktivisten stellen Scholz Ultimatum und drohen: „Werden die Republik zum Stillstand bringen“

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Von: Anna-Katharina Ahnefeld

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Durch ihren Hungerstreik machten sie auf sich aufmerksam. Nun trafen sie auf den vermutlich künftigen Bundeskanzler Olaf Scholz. Doch das Gespräch endete im Streit.

Berlin – Als Klimakanzler warb Olaf Scholz vor der Bundestagswahl um Stimmen. Auf seinen Wahlplakaten präsentierte sich der SPD-Politiker als Macher – anpackende Körperhaltung, scheinbar mit den Betrachtenden auf Augenhöhe, motivierend. Wie ein Trainer, der seiner Mannschaft vor Spielbeginn gut zu redet. „Scholz packt das an an“, so der Slogan.

Dass Scholz die Klimakrise tatsächlich anpackt, wurde am Freitag, 12. November, von Klimaschützenden öffentlich angezweifelt. Der knapp einstündige Austausch in den Räumlichkeiten der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin mündete im Streit. „Sie führen uns in eine Klimahölle!“, so der Vorwurf. Die Aktivisten Henning Jeschke und Lea Bonasera, bekannt durch ihren wochenlangen Hungerstreik vor der Bundestagswahl, kündigten Aktionen des zivilen Ungehorsams für Januar 2022 an. Sie gehören zur Gruppierung „Aufstand der letzten Generation“.

Olaf Scholz trifft auf Hungerstreikende – Diskussion mündet in Schlagabtausch über Klimakrise

Im Verlauf der Bundestagswahl sorgten sie für Aufsehen: eine Gruppe von ursprünglich sechs jungen Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten, die im Berliner Regierungsviertel in den Hungerstreik traten. Sie wollten einen öffentlichen Austausch mit den drei Kanzlerkandidierenden Annalena Baerbock (Grüne), Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (CDU) erzwingen. Die Politiker kamen überein, sich nicht erpressbar machen zu lassen. Schlussendlich gingen Jeschke und Bonasera in den „trockenen“ Hungerstreik und verweigerten zusätzlich die Aufnahme von Flüssigkeit. Olaf Scholz sicherte ihnen daraufhin telefonisch ein Gespräch in den kommenden Wochen zu. Das nun stattfand.

Lea Bonasera und Henning Jeschke, Teilnehmer des „Hungerstreiks der letzten Generation“.
Lea Bonasera und Henning Jeschke, Teilnehmer des „Hungerstreiks der letzten Generation“. © Jörg Carstensen/dpa

„Ich bin verzweifelt, wir befinden uns in einer tödlichen Klimakrise“, begann Lea Bonasera die Runde. „Wir haben eine Politik, die die Möglichkeit hat, das Ruder rumzureißen, aber immer wieder wissentlich und willentlich Maßnahmen ergreift, die uns weiter in diese Klimakrise hineinführen.“ Die Stimme der 24-Jährigen wirkte teilweise zittrig und, wie sie selbst sagte, verzweifelt. „Wir sprechen heute über eine Frage von Leben und Tod.“

(Der Nahe Osten ist mit am stärksten vom Klimawandel betroffen - Temperaturen jenseits der 50 Grad Celsius sind bereits Realität. Die Region ist kaum dafür gerüstet, das Problem zu bewältigen.)

Olaf Scholz räumte zwar die „sehr ernsthafte Lage“ ein, wollte jedoch vor allem beschwichtigen und über Lösungsansätze in der Politik sprechen. Immer wieder wurde er dabei jedoch unterbrochen, und reagierte zunehmend genervt.

Klimaaktivisten klagen scharf an – und wollen Reaktion herauskitzeln: „Herr Scholz, ist da keine Emotion?“

Die Aktivisten versuchten, den SPD-Mann in die Enge zu treiben. Sie zweifelten an, ob er als wahrscheinlicher künftiger Bundeskanzler überhaupt in der Lage sei, das Land aus dieser Klimakrise herauszuführen. Und zeichneten die mittlerweile allseits bekannten Szenarien der Folge der Erderwärmung: Dürre, Überschwemmungen, Hungerkatastrophen. Als Henning Jeschke zunehmend das Ruder übernahm, erhitzte sich die Stimmung. Bildhaft sprach der von einer „Klimahölle“, erschuf dystopische Szenarien einer Zukunft, in der die Überschreitung des 1,5-Grad-Ziels stattfindet.

„Es geht um Milliarden von Menschen, die sterben, lässt Sie das eigentlich ganz kalt, Herr Scholz, ist da keine Emotion?“, wollte Jeschke schließlich wissen. Der SPD-Politiker warf den Aktivisten vor, keine konkreten Vorschläge gegen die Klimakrise zu machen, sondern nur die Gefahren zu beschreiben. „Sie machen es sich viel zu bequem“, so Scholz. Der Vorwurf, Politiker sähen den Ernst der Lage nicht, wies er zurück. „Wie kommen sie eigentlich auf diese größenwahnsinnige Selbsteinschätzung?“, fragte Scholz.

Die Klimaaktivisten Lea Bonasera (M) und Henning Jeschke (l) treffen Olaf Scholz, SPD-Kanzlerkandidat und geschäftsführender Bundesminister der Finanzen, in der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Die Klimaaktivisten Lea Bonasera (M) und Henning Jeschke (l) treffen Olaf Scholz, SPD-Kanzlerkandidat und geschäftsführender Bundesminister der Finanzen, in der Friedrich-Ebert-Stiftung. © Kay Nietfeld/dpa

Und so sprach man an diesem Tag zwar miteinander – doch zusammen kam man dennoch nicht. Denn die gemeinsame Sprache fehlte. Und so glich das Treffen mehr einem Tribunal als einem konstruktiven Austausch. „Niemand hat einen Plan, um uns hier rauszuführen aus der Katastrophe. Und die jungen Menschen, die verstehen das, die sehen das und die Hälfte von ihnen hat täglich Angstvorstellung vor der Zukunft in der Klimakatastrophe“, schrie Jeschke schließlich emotional aufgewühlt Scholz an. „Wie wollen Sie Führungsstil beweisen und hier der deutschen Bundesrepublik zeigen, ich kann sie voranführen, wenn Sie damit vorhaben, unsere Geschichte zu beenden, wie wir sie kennen“, klagte der Klimaaktivist an.

Klimaschützer drohen mit zivilen Ungehorsam: „Wir werden die Republik zum Stillstand bringen“

Jeschke und Bonasera formulierten schließlich ihr Ultimatum: Scholz habe „bis Ende des Jahres Zeit“. Anderenfalls werde man gewaltfrei stören. „Wir werden die Republik zum Stillstand bringen“, sagte Jeschke. Die Klimaaktivisten drohen ab Januar mit Störaktionen auf Autobahnen, falls die neue Bundesregierung nicht sofort gegen Lebensmittelverschwendung und klimaschädliche Landwirtschaft vorgeht.

Die Klimaaktivisten sehen sich als „Aufstand der letzten Generation“. Sie betonen, dass aus Sicht von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nur noch drei bis vier Jahre Zeit blieben, um im Kampf gegen den Klimawandel das Ruder herumzureißen. (aka mit Material aus dpa)

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