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Milliardenschwerer Oligarch klagt nach Sanktionen - „Darf ich noch Reinigungskraft oder Fahrer haben?“

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Von: Marcus Giebel

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Pjotr Awen (l.) sitzt an einem Tisch hinter einem Mikro
Wo sind all die Milliarden hin? Pjotr Awen (l.) fühlt sich wegen der Sanktionen vom Westen unfair behandelt. © IMAGO / ITAR-TASS

Mit spezifischen Sanktionen infolge des Ukraine-Kriegs will der Westen vor allem Wladimir Putins Umkreis treffen. Ein Oligarch erklärt die für ihn dramatisch veränderte Lage.

München - Der Satz ist an Dramatik kaum zu überbieten. „Wir wissen nicht, wie wir überleben sollen.“ Er entsprang jedoch in diesem Fall nicht dem Mund eines der Millionen Opfer des Ukraine-Kriegs, die sich auf der Flucht befinden oder irgendwo im Land Schutz suchen müssen, um nicht dem russischen Raketenbeschuss zum Opfer zu fallen. Nein, gesagt hat ihn Pjotr Awen. Und damit ganz schön dick aufgetragen.

Der 67-Jährige ist einer der Oligarchen, denen eine Nähe zu Kreml-Chef Wladimir Putin nachgesagt wird, weshalb sein geschätztes Vermögen von je nach Quelle umgerechnet vier bis fünf Milliarden Euro eingefroren wurde. Das Geld machte er im Bankwesen, aber auch in der Technologie- und Energiebranche. Was ihm ein Luxusleben ermöglichte, zuletzt in London, wo sich Awen niederließ.

Ukraine-Krieg und Sanktionen: Oligarch spricht von „komplett zerstörtem Business“

Doch von diesem Prunk musste er sich urplötzlich verabschieden. Seit Russlands Truppen in die Ukraine einmarschiert sind und der Westen diverse Oligarchen dafür finanziell bluten ließ. „Unser Business ist komplett zerstört. Alles, was wir in 30 Jahren aufgebaut haben, ist jetzt komplett ruiniert. Und wir müssen irgendwie ein neues Leben anfangen“, beschwert sich Awen in der Financial Times (Interview hinter einer Paywall), wie der Stern und die Welt berichten.

Bereits Anfang März war er auf die Sanktionsliste gesetzt worden. Gemeinsam mit Igor Setschin, Chef des russischen Energiekonzerns Rosneft, dem Stahlmagnaten Alexej Mordaschow, dem Großunternehmer Alischer Usmanow oder seinem Banker-Kollegen Michail Fridman.

Video: London sanktioniert den brutalen „Schlächter von Mariupol“

Oligarch wegen Ukraine-Krieg sanktioniert: „Darf ich noch Reinigungskraft oder Fahrer haben?“

Seither treiben ihn Fragen um, wie diese: „Darf ich noch eine Reinigungskraft oder einen Fahrer haben?“ Sollte die Antwort Nein lauten, stünde er vor einem Dilemma, denn: „Ich fahre gar nicht selbst…vielleicht fährt meine Stieftochter mich.“

Gemeinsam mit einigen anderen Oligarchen wie Fridman will Awen gegen die Sanktionen vorgehen. Doch auch das gestaltet sich offenbar schwierig: „Britische Anwälte wollen nicht mit Russen arbeiten. Mir wurde gesagt, dass es fast unmöglich ist, die Sanktionen zu ändern.“ Mit finanziellen Verlockungen kann er ohnehin nicht dienen, um sich die besten Juristen an seine Seite zu holen.

Ukraine-Krieg und Folgen für Oligarchen: „Nur weil man den Präsidenten trifft, wird man sanktioniert“

Also argumentiert Awen öffentlich. Und hinterfragt die Hinweise - abseits der Milliarden Indizien auf seinen gesperrten Konten -, die eine Nähe zu Putin vermuten lassen: „Das ist sehr seltsam, nur weil man den Präsidenten trifft, wird man sanktioniert. Wir versuchen, uns absolut aus der Politik herauszuhalten. Bei Putin habe ich die Alfa-Gruppe vorgestellt, nicht mich selbst.“

Die Alfa-Gruppe ist ein 1989 gegründeter und in Moskau ansässiger Industrie- und Finanzkonzern, den sein Geschäftspartner Fridman leitet. Vom Posten des Präsidenten der Alfa-Bank, Russlands größter Privatbank, trat Awen bereits zurück. Ebenso als Vorstandsvorsitzender der LetterOne Group, einer in Luxemburg sitzenden Investmentfirma.

Wladimir Putin (l.) unterhält sich mit Geschäftsleuten
Gemeinsames Foto: Wie hier im Jahr 2018 kam Pjotr Awen (r.) dem russischen Präsidenten Wladimir Putin (l.) durchaus nahe. © IMAGO / ITAR-TASS

Sanktionen im Ukraine-Krieg: Oligarchen dürfen nicht mehr in Büros oder an Dokumente

Selbst die Mitarbeiter würden ihm mittlerweile aus dem Weg gehen. „Sie haben sogar Angst davor, mich persönlich zu treffen. Wir haben große Angst vor den Behörden“ zitiert der Business Insider Awen aus dem Interview mit der Financial Times.

Der neue LetterOne-Vorsitzende Mervyn Davies habe demnach sogar offenbart, dass die Kollegen nicht mit Awen und Fridman sprechen dürften, denen der Zugang zu den Büros und allen Dokumenten verwehrt sei. „Rechtlich gesehen können wir das Geschäft nicht anfassen“, erklärt der interviewte Oligarch.

Seine Worte dürften eines verdeutlichen: Die Sanktionen des Westens gegen die Putin-Getreuen wirken. (mg)

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