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"Panama Papers": Mossack Fonseca hält Datenleak für strafbar

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Rámon Fonseca äußerte sich am Montag in einem Interview zu den "Panama Papers". © AFP

Panama-Stadt - Die "Panama Papers" erreichen die Bundesrepublik: Wie die SZ berichtet, haben auch viele Deutsche Briefkastenfirmen genutzt. Nun hat sich die Kanzlei Mossack Fonseca erstmals öffentlich geäußert.

Panama Papers im News-Blog

Über die weiteren Entwicklungen im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Panama Papers halten wir Sie in unserem News-Blog auf dem Laufenden.

Einen Tag hat die Kanzlei Mossack Fonseca abgewartet, jetzt sind die Finanzanwälte aus Panama zum Gegenangriff übergegangen: Am Montagabend (Ortszeit) stellte das Unternehmen ein komplettes Informationsportal ins Internet und äußerte sich dort erstmals offiziell und umfassend zu den Vorwürfen über undurchsichtige Finanzgeschäfte mit Briefkastenfirmen.

Die Kanzlei wehrt sich gegen die Vorwürfe im Zusammenhang mit den "Panama Papers" und hält die Abschöpfung der Daten für strafbar. Auf der nun ins Netz gestellten Internetseite finden sich Fragen und Antworten zu dem Geschäftsmodell der Kanzlei, ein Interview mit Teilhaber Ramón Fonseca Mora und ein wissenschaftlicher Fachartikel zu bestimmten Rechtsfiguren in Panama.

"Wir sind noch nie angezeigt oder offiziell angeklagt worden", sagte Teilhaber Ramón Fonseca Mora in einem am Montag veröffentlichten Interview der Zeitung La Prensa. Der frühere Präsidentenberater führt das Unternehmen gemeinsam mit dem deutschstämmigen Rechtsanwalt Jürgen Mossack.

„Diese Berichte stützen sich auf Vermutungen und Stereotypen“, teilte die Kanzlei zudem in einer vierseitigen Stellungnahme mit. Mossack Fonseca sehe sich in ein falsches Licht gerückt. Der Öffentlichkeit fehle das Fachwissen, um „die Arbeit von Firmen wie uns“ richtig einordnen zu können.

Die Kanzlei halte sich an internationale Standards, um weitestmöglich sicherzustellen, dass von ihr gegründete Gesellschaften nicht zur Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Terrorfinanzierung oder für andere kriminelle Zwecke genutzt würden. „Wir bieten auch keine Lösungen an, die den Zweck haben, ungesetzliche Handlungen wie Steuerhinterziehung zu verbergen“, heißt es in der Stellungnahme. Die unter dem Schlagwort „Panama Papers“ ausgewerteten Dokumente würden zeigen, dass Mossack Fonseca „kompromittierten Personen“ oder solchen, die benötigte Informationen zurückhielten, seine Dienste verweigere.

"90 Prozent der Kunden sind professionelle Zwischenhändler"

Die Kanzlei gründe die Gesellschaften lediglich und verkaufe sie dann an Banken, Treuhänder und Vermögensverwalter. "90 Prozent unserer Klienten sind professionelle Zwischenhändler, die die Gesellschaften an die Endkunden weiterverkaufen. Diese geraten manchmal in Probleme. Das passiert leider", sagte Fonseca.

Er verglich seine Kanzlei mit einem Automobilhersteller. Verübe jemand einen Raubüberfall mit einem Fahrzeug, sei schließlich auch nicht der Autofabrikant dafür verantwortlich. "Heute eine Gesellschaft zu verkaufen, ist fast so gefährlich wie mit Uran zu handeln", sagte Fonseca.

"Panama Papers": Mehrere tausend Deutsche nutzten Briefkastenfirmen

Mehrere tausend Deutsche sollen nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung Briefkastenfirmen einer Anwaltskanzlei in Panama genutzt haben. "Als Vermittler traten dabei nicht nur deutsche, sondern auch ausländische Banken auf", berichtet die Zeitung (Dienstag) unter Berufung auf die am Sonntag bekannt gewordenen "Panama Papers". Die Recherchen von rund 400 Journalisten aus rund 80 Staaten dazu basieren auf einem Datenleck bei der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca. Nach den Enthüllung zu Briefkastenfirmen von Politikern und Sportstars leiteten Behörden in mehreren Staaten Untersuchungen ein.

Auch

Nico Rosberg.
Nico Rosberg. © AFP

der deutsche Formel-1-Pilot Nico Rosberg (30) gehört offenbar zu den Sport-Weltstars, die betroffen sind. Nach Informationen des NDR soll der Mercedes-Rennstall einen Vertrag über die "Fahrer-Dienste"“ des Vizeweltmeisters mit der Firma "Ambitious Group Limited" auf den Britischen Jungferninseln abgeschlossen haben.

Bei der Gruppe soll es sich laut NDR um eine Briefkastenfirma handeln, die unter derselben Adresse wie Hunderte anderer Firmen in den Unterlagen der Anwaltskanzlei "Mossack Fonseca" in Panama registriert wurde und die offiziell zwei anderen Unternehmen mit Sitz auf der Insel Jersey im Ärmelkanal gehört.

Es gebe keine Hinweise, dass sich Rosberg strafbar gemacht haben könnte. Auf NDR-Anfrage erklärte die Daimler AG, die "Ambitious Group" gehöre nicht zur Unternehmensgruppe.

Messi und Co. setzen sich zur Wehr

Immer mehr Prominente gingen selbst in die Öffentlichkeit und wiesen - wie Weltfußballer Lionel Messi und Argentiniens Staatschef Mauricio Macri - Vorwürfe zurück. Russland reagiert wütend auf Informationen aus den "Panama Papers" über angebliche verborgene Milliarden im Umfeld von Präsident Wladimir Putin.

Panamas Unternehmer fahren Null-Toleranz-Politik

Nach den Enthüllungen hat der Unternehmerverband

Panamas Staatsflagge.
Panamas Staatsflagge. © dpa

des mittelamerikanischen Landes "Null Toleranz" bei jeder Art von Korruption angekündigt. "Sie beschädigt den guten Namen Panamas und aller Panamaer", teilte der Verband am Montag mit. "Wenn einige Personen rechtliche Instrumente zu illegalen Zwecken benutzen, sollten sie bestraft werden."

Die Veröffentlichung der sogenannten "Panama Papers" betreffe das ganze Land. Dabei habe Panama zuletzt eine Reihe neuer Gesetze erlassen, um das Finanzwesen transparenter zu machen und illegale Geschäfte zu verhindern. "Wir haben hart dafür gearbeitet, das Finanzsystem zu stärken, und internationale Abkommen ratifiziert, um es stabil und solide zu halten."

Nun leitet das südamerikanische Land Ermittlungen ein. Es werde geprüft, inwieweit Straftaten vorlägen und von wem sie begangen worden seien, teilte die Generalstaatsanwaltschaft am Montag in Panama-Stadt mit. Auch dadurch möglicherweise entstandene finanzielle Schäden würden ermittelt.

Ermittlungen in Costa Rica laufen

Costa Rica leitet ebenfalls Ermittlungen gegen in den "Panama Papers" erwähnte Personen, Unternehmen und Kanzleien ein. Es werde geprüft, ob Steuerhinterziehung oder Betrug begangen wurde, teilte das Finanzministerium des mittelamerikanischen Landes am Montag mit. Dafür würden auch Informationen aus anderen Staaten angefordert.

Ermittlungen oder Prüfungen wegen möglicher Vergehen soll es in Frankreich, Spanien, Australien, Israel, Spanien, den Niederlanden, Indien und der Schweiz, wie Behörden mitteilten. Die österreichische Finanzmarktaufsicht gab die Überprüfung zweier Banken in Auftrag. Aus den unter anderem von der Süddeutschen Zeitung ausgewerteten Dokumenten soll hervorgehen, dass zahlreiche Politiker, Sportler und Prominente ihr Geld in Offshorefirmen geparkt haben.

1200 Briefkastenfirmen von 28 deutschen Banken

Mindestens 28 deutsche Banken sollen laut SZ in den vergangenen Jahren die Dienste dieser Kanzlei genutzt haben. Insgesamt hätten allein die deutschen Banken bei dem Offshore-Dienstleister mehr als 1200 Briefkastenfirmen gegründet oder diese für ihre Kunden verwaltet. Gut 500 Banken hätten den Dokumenten zufolge in den vergangenen Jahren mithilfe der Kanzlei mehr als 15.600 Briefkastenfirmen an ihre Kunden vermittelt. Unklar blieb einen Tag nach der ersten Veröffentlichung am Sonntag, ob die mit einem Datenleck bekanntgewordenen Geschäftstätigkeiten unrechtmäßig sind.

In Frankreich wurde die Zentralstelle für den Kampf gegen Korruption und Steuerdelikte (OCLCIFF) mit den Untersuchungen beauftragt. Medienberichten zufolge finden sich in den durchgesickerten Dokumenten die Namen von etwa tausend Franzosen. Der Sender France 2 kündigte an, am Dienstag über die Verwicklung des Ex-Haushaltsministers Jérôme Cahuzac und des konservativen Abgeordneten Patrick Balkany in den Skandal zu berichten. Auch die Praktiken der Bank Société Générale würden beleuchtet. Nach Informationen der Zeitung Le Monde ist auch eine "große französische Partei" in die Affäre involviert.

Kremlsprecher Dmitri Peskow sprach von einem Versuch, Putin langfristig zu diskreditieren. Auch andere Moskauer Vertreter werteten die großangelegte Medienrecherche zu Briefkastenfirmen als Attacke des Westens gegen Russland. Nach Angaben des journalistischen Rechercheverbunds ICIJ tauchen in den "Panama Papers" Namen aus Putins Umgebung auf. Mit deren Firmen seien Geschäfte über mehr als zwei Milliarden US-Dollar (1,75 Mrd. Euro) verbunden. Putin selber werde nicht genannt, hieß es.

Spanier befassen sich mit 214.000 Briefkastenfirmen

Die spanische Staatsanwaltschaft befasst sich nach Angaben aus Justizkreisen ebenfalls mit den Enthüllungen zu insgesamt 214.000 Briefkastenfirmen vor allem in Panama und auf den Britischen Jungferninseln. Demnach wurden im Zusammenhang mit mutmaßlich illegalen Dienstleistungen der Kanzlei Mossack Fonseca für Kunden in Spanien Ermittlungen wegen Geldwäsche eingeleitet.

Laut spanischen Medienberichten zählen neben Fußballstar Lionel Messi und seinem Vater Jorge auch der Regisseur Pedro Almodóvar und die Tante von König Felipe VI. zu den Kunden der Anwaltskanzlei in Panama.

Weltfußballer Messi wies Verdächtigungen zurück, bei einer Offshorefirma in Panama Geld geparkt zu haben. Der gegen den Stürmer des FC Barcelona erhobene Vorwurf, eine Gesellschaft in dem mittelamerikanischen Land zur Steuerhinterziehung genutzt zu haben, sei "falsch und beleidigend", betonte Messis Familie in einem Kommuniqué, aus dem die staatliche spanische Nachrichtenagentur Efe zitierte. Die Anwälte des Fußballers prüften, ob sie juristisch gegen die Medien vorgehen, die diese Verdächtigung verbreitet hätten.

Misstrauensantrag gegen Islands Regierungschef

Die isländische Opposition stellte nach Enthüllungen über eine Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln einen Misstrauensantrag gegen Regierungschef Sigmundur Gunnlaugsson. Dieser lehnte einen Rücktritt ab.

In Islands Hauptstadt Reykjavik demonstrierten am Montag mehrere tausend Menschen gegen die Regierung. Einige von ihnen bewarfen das Regierungsgebäude mit Bananen, Eiern und Toilettenpapier. 

Größerer innenpolitischer Ärger könnte dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko drohen. Er soll Recherchen zufolge im August 2014 auf dem Höhepunkt des Krieges im Donbass eine Offshore-Firma gegründet und seinen Süßwarenkonzern Roshen juristisch auf die Britischen Jungferninseln verlegt haben. Ziel sei es gewesen, Steuern auf einen möglichen Verkauf zu vermeiden. Poroschenko erklärte bei Twitter, er sei nach der Wahl zum Präsidenten nicht mehr an der Verwaltung seines Vermögens beteiligt gewesen und habe dies Beratungs- und Rechtsfirmen überlassen. Das ICIJ listet auch Fälle aus den Ex-Sowjetrepubliken Aserbaidschan, Georgien und Kasachstan auf.

Politiker in Europa forderten nach den Enthüllungen eine härteres Vorgehen gegen Steuerflucht und Geldwäsche. "Wir müssen Briefkastenfirmen und Stiftungen, deren wirtschaftlich Berechtigte anonym bleiben, weltweit verbieten", sagte Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) der SZ (Dienstag). Auch aus anderen Staaten kamen Forderung nach Konsequenzen.

Chinas Zensur blockt „Panama Papers“ im Internet

Chinas Zensur hat die „Panama Papers“ mit Enthüllungen über Briefkastenfirmen auch von Verwandten hoher chinesischer Amtsträger im Internet geblockt. Nach Informationen der „China Digital Times“ in Hongkong vom Dienstag wies die Zensur die Staatsmedien an, Berichte über die Offshore-Firmen in Steueroasen zu suchen und diese zu löschen. Es wurde mit ernsten Konsequenzen gedroht, sollten dennoch Informationen auf Webseiten gefunden werden. In sozialen Medien wurde die Suche nach „Panama Papers“ oder den Namen der Genannten verhindert.

Maas: "Heimlichtuerei muss Ende haben"

Auf die Enthüllungen über Geschäfte mit Briefkastenfirmen in Steueroasen will Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) mit einem „Transparenzregister“ reagieren. „Die Heimlichtuerei muss ein Ende haben“, sagte Maas der „Süddeutschen Zeitung“

Justizminister Heiko Maas will der Heimlichtuerei ein Ende setzen.
Justizminister Heiko Maas will der Heimlichtuerei ein Ende setzen. © dpa

(Dienstag), dem NDR und dem WDR. Der Minister sieht darin ein wichtiges Instrument im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Terrorismusfinanzierung. Um Briefkastenfirmen aus der Anonymität zu holen, will Maas das deutsche Geldwäschegesetz ergänzen.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf der Bundesregierung vor, Reformen im Finanzsektor zu blockieren. „Wenn Finanzdienstleister mit Unternehmen Geschäfte machen, deren wirtschaftlich Berechtigte nicht bekannt sind, müssen sie empfindliche Strafen fürchten - doch bislang droht ihnen von Seiten der Bundesregierung kein Ungemach“, sagte Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). „Vielmehr hat die Bundesregierung ein härteres Durchgreifen in Europa blockiert.“ Nötig seien international öffentliche Register, in denen die wirtschaftlich Berechtigten hinter einzelnen Unternehmen bekanntgemacht würden. Europa müsse dabei vorangehen.

Die Süddeutsche Zeitung will die brisanten Daten der "Panama Papers" nicht den ermittelnden Behörden übergeben. "Wir sind nicht der verlängerte Arm der Staatsanwaltschaft. Wir sind Journalisten", sagte der SZ-Reporter Frederik Obermaier der Deutschen Presse-Agentur in München.

dpa, afp, sid

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