"Panama Papers": Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungen ein

Panama-Stadt - Politiker, Sportler und Prominente sollen ihr Geld in den Briefkastenfirmen der Kanzlei Mossack Fonseca versteckt haben. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft.
- "Panama Papers": So wird eines der größten Daten-Lecks bezeichnet, das die Geschäfte von 215.000 Briefkastenfirmen in internationalen Steueroasen offenlegt
- Eine geheime Quelle hat rund 11,5 Millionen Dokumente zugänglich gemacht, ein internationales Konsortium von Journalisten (ICIJ) hat diese ein Jahr lang ausgewertet und nun mit der Veröffentlichung begonnen.
- Die Enthüllungen betreffen Politiker (darunter amtierende Staatschefs), Milliardäre, Prominente und Sport-Stars. Auch die FIFA ist betroffen.
- Was wir wissen - und was nicht
Ein Datenleck bei einem Verwalter von Briefkastenfirmen in Panama bringt nach Recherchen internationaler Medien Spitzenpolitiker und Sportstars in Erklärungsnot. Es gebe Informationen über Finanzgeschäfte mithilfe von 215.000 Briefkastenfirmen, berichteten die „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR sowie Medien aus rund 80 Staaten am Sonntagabend. Zu den Profiteuren der Offshore-Dienste zählen den Berichten zufolge zwölf frühere und amtierende Staats- und Regierungschefs und 128 weitere Politiker, aber auch internationale Finanzinstitute, darunter deutsche Banken oder ihre Töchter.
Die Recherchen zu den „Panama Papers“ basieren auf einem Datenleck bei der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca. Deren Chef Ramón Fonseca Mora bestätigte im Fernsehsender TVN: „Wir wurden gehackt. Das ist ein Verbrechen.“ Sein Unternehmen helfe aber nicht bei Geldwäsche oder Steuerhinterziehung. Die Kanzlei gründe lediglich Firmen und verkaufe sie dann an Banken, Vermögensverwalter oder Anwälte. Eine Geschäftsbeziehung zu den Endkunden bestehe nicht.
Panama sagt umfassende Kooperation bei Aufklärung zu
Laut ARD umfassen die von rund 400 Journalisten über ein Jahr hinweg ausgewerteten Unterlagen E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge, Passkopien und weitere Dokumente. Insgesamt gehe es um ein Datenvolumen von 2,6 Terabyte und mehr als elf Millionen Dokumente. Der Enthüller des NSA-Skandals, Edward Snowden, schrieb auf Twitter: „Das größte Leck in der Geschichte des Daten-Journalismus ist gerade veröffentlicht worden, und es geht um Korruption.“
Die Regierung des mittelamerikanischen Landes sagte ihre Kooperation bei der Aufklärung der Finanzgeschäfte zu. „Die panamaische Regierung verfolgt eine Null-Toleranz-Politik in allen Bereichen des Rechts- und Finanzwesens, wo nicht mit einem höchsten Maß an Transparenz gearbeitet wird“, hieß es in einer Erklärung des Präsidialamts.
Daten legen Geschäfte von 140 hochrangigen Politikern offen
Der Leiter des Rechercheverbundes von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“, Georg Mascolo, sagte am Abend in der ARD-Sendung „Anne Will“, er gehe davon aus, dass die Sprengkraft des Datenlecks „ganz erheblich“ sei. Er verwies darauf, dass „wir einen solchen Einblick in das Geschäft dieser Steueroasen bisher in diesem Umfang nicht gehabt haben“. Zudem kündigte Mascolo weitere Veröffentlichungen an.
Die Daten legen laut NDR die Offshore-Geschäfte von insgesamt 140 Politikern und hohen Amtsträgern aus aller Welt offen. In den Unterlagen tauchten aber auch Namen von Spionen, Drogenhändlern und anderen Kriminellen auf. Zudem hätten zahlreiche Prominente und Sportstars Offshore-Firmen genutzt.
FIFA ermittelt nun intern gegen Mitglied
Die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes FIFA bestätigte der Deutschen Presse-Agentur interne Vorermittlungen gegen ihr eigenes Mitglied Juan Pedro Damiani aus Uruguay. „Ja, der Bericht ist richtig. Ich kann bestätigen, dass wir eine sogenannte Voruntersuchung in die Wege geleitet haben“, sagte der Sprecher der ermittelnden Kammer der Ethikkommission, Roman Geiser. Weitere Details nannte er nicht.
Die „Tagesschau“ betont auf ihrer Website, dass es viele legale Einsatzmöglichkeiten von Offshorefirmen, Trusts und Stiftungen gebe. „Politisch exponierte Personen können sowohl juristisch wie moralisch korrekt handeln, wenn sie diese nutzen.“ Es bestehe aber in solchen Fällen in der Regel Abklärungsbedarf. Grundsätzlich sei festzuhalten: „Es gilt in jedem Fall bei den hier genannten Personen die Unschuldsvermutung.“
Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungen ein
Die „Süddeutsche“ schreibt dazu: „Der Besitz einer Offshore-Firma ist für sich nicht illegal. Es gibt auch eine Reihe von Geschäften, für die es logisch erscheint, zu einer Offshore-Firma zu greifen. Aber wer sich in den Panama Papers umsieht, stellt sehr schnell fest, dass es in der überwältigen Zahl der Fälle vor allem um eines geht: die Verschleierung der wahren Inhaber der Firmen.“ Die Daten belegten, wie die globale Offshore-Industrie im Verbund mit großen Banken, Anwaltskanzleien und Vermögensverwaltern in aller Verschwiegenheit die Besitztümer von Prominenten verwalte.
Nach den Enthüllungen mehrerer Medien über in Panama gegründete Briefkastenfirmen hat die Staatsanwaltschaft des mittelamerikanischen Landes Ermittlungen zu den Vorwürfen eingeleitet. „Nachdem Informationen zu den sogenannten „Panama Papers“ publik geworden sind, gibt die Staatsanwaltschaft den Beginn entsprechender Ermittlungen bekannt“, hieß es in einer Mitteilung der Behörde vom Sonntag.
Deutsche Bank bestätigt Vermittlung von Kunden
Die Deutsche Bank hat bestätigt, Kunden bei der Vermittlung von Briefkastenfirmen im Ausland geholfen zu haben. Das Institut betonte am Montag auf Anfrage allerdings, dass diese Geschäft per se nicht gesetzwidrig seien. „Wir sind uns der Bedeutung dieser Angelegenheit vollkommen bewusst“, erklärte ein Sprecher auf neue Enthüllungen mehrerer Medien über das Verstecken von Geld im Ausland. „Was die Deutsche Bank angeht, so haben wir unsere Kundenannahmeverfahren verbessert; wir überprüfen, mit wem wir Geschäfte machen und stellen sicher, dass unsere Richtlinien, Verfahren und Systeme so gestaltet sind, dass sie allen relevanten Gesetzen und Regularien befolgen.“
Österreichs Kanzler: „Panama-Leaks rigoros aufarbeiten“
Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) fordert nach den Enthüllungen über in Panama gegründete Briefkastenfirmen eine rigorose Aufarbeitung der Hintergründe. „Wenn Staaten um gerechte Einnahmen aus dem Vermögen jener, die es sich richten können, durch solche Konstruktionen gebracht werden, muss es klare Antworten geben“, teilte Faymann am Montag mit.
Einerseits müssten Länder verschärfte Gesetze und Strafen einführen, um den Steuerbetrug künftig zu verhindern. Auf der anderen Seite brauche Europa eine gemeinsame Lösung, um das Problem international bekämpfen zu können. Gegen nicht kooperative Drittstaaten müsse schärfer vorgegangen werden. „Für Staaten, deren Geschäftsmodell offenbar darin besteht, mit Briefkastenfirmen Steuerbetrug zu verschleiern, muss es Sanktionen geben“, sagte Faymann.
In Österreich wurden nach den Panama-Enthüllungen bislang keine Untersuchungen der Steuerbehörden eingeleitet. „Derzeit ist mir kein Verfahren bekannt“, hieß es in einer Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftstrafsachen und Korruption.
Opposition fordert Rücktritt von isländischer Regierung
Die isländische Opposition hat den Rücktritt von Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson gefordert, dem dubiose Geschäfte mit der panamaischen Finanzkanzlei Mossack Fonseca vorgeworfen werden. Der Regierungschef müsse "umgehend zurücktreten", forderte Gunnlaugssons Vorgängerin Johanna Sigurdadottir am Sonntagabend auf ihrer Facebook-Seite. Indem er sein Geld in einem Steuerparadies angelegt habe, habe Gunnlaugsson "sein Misstrauen" gegenüber der isländischen Währung und Wirtschaft ausgedrückt.
"Die Leute sollten keinen Ministerpräsidenten haben, dessen sie sich schämen", schrieb die Sozialdemokratin Sigurdadottir, die in Island als besonders integer geschätzt wird. Gunnlaugsson scheine "nicht zu verstehen, was Moral bedeutet".
Laut den Enthüllungen hatte der konservative Politiker mit seiner Frau unter Vermittlung von Mossack Fonseca auf den britischen Jungferninseln eine Firma gegründet, um dort Millionen Dollar vor den Steuerbehörden zu verstecken.
Panama Papers: Diese Namen tauchen auf
AFP/dpa/vf