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IOC-Präsident Bach spricht mit vermisster Peng Shuai – war sie dabei allein? Affäre wird zum Politikum

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Peng Shuai und ihre Partnerin Zhang Shuai feiern einen Punkt in ihrem Doppel-Match in Melbourne 2020.
Peng Shuai mit ihrer Doppelpartnerin beim Grand Slam-Turnier in Melbourne Anfang 2020 © Bai Xuefei / Xinhua / Imago

Die USA, Frankreich und Großbritannien fordern von China Beweise für die Sicherheit des vermissten Tennisstars Peng Shuai. Derweil spricht IOC-Präsident Thomas Bach über Video mit der Spielerin.

Update vom 21. November, 20:05 Uhr: Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, hat am Sonntag ein Videotelefonat mit der seit Anfang November als vermisst geltenden Peng Shuai geführt. Sie habe dabei erklärt, dass sie in Sicherheit und wohlauf in ihrem Haus in Peking lebe, teilte das IOC mit. Sie bitte darum, in dieser Zeit ihre Privatsphäre zu respektieren. Bach wurde von der Vorsitzenden der IOC-Athletenkommission, Emma Terho, und dem chinesischen IOC-Mitglied Li Lingwei begleitet. Die Website des IOC zeigt Peng auf einem Bildschirm lächelnd vor einer Reihe verschiedener Kuscheltiere.

Das Telefonat mit dem IOC ist der erste Kontakt Pengs ins Ausland, seit sie einem Spitzenpolitiker sexuelle Nötigung vorgeworfen hatte. Die Spielerinnen-Organisation WTA etwa hatte vergeblich versucht Peng zu erreichen. Aber auch dieser direkte Kontakt wirft Fragen auf, die er nicht beantworten kann. War Peng während des Gesprächs allein? War sie zuhause? Wer organisierte das Gespräch? Anders als die WTA hält sich das IOC aus der Politik demonstrativ heraus. Zum Fall Peng hatte es sich vor dem Gespräch nicht offiziell geäußert. Emma Terho hatte sich allerdings am Samstag besorgt gezeigt. „Wir unterstützen den verfolgten Ansatz der stillen Diplomatie und hoffen, dass er zur Veröffentlichung von Informationen über den Aufenthaltsort von Peng Shuai und zur Bestätigung ihrer Sicherheit und ihres Wohlergehens führt“, hatte die frühere Eishockey-Spielerin aus Finnland auf Twitter geschrieben.

Die Affäre um Peng Shuai wird zum weltweiten Politikum - USA, Frankreich und Großbritannien fordern Aufklärung

Erstmeldung vom 21. November, 16.08 Uhr: Peking/München - Der Fall der verschwundenen Tennisspielerin Peng Shuai hat die Politik erreicht. Über das Wochenende forderten die USA, Frankreich und Großbritannien China zur Vorlage von Beweisen über Verbleib und Sicherheit der früheren Weltranglistenersten im Doppel auf. „Wir sind extrem besorgt über das Verschwinden von Peng Shuai und verfolgen die Angelegenheit genau“, erklärte das britische Außenministerium am Samstag in London. Auch das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte forderte Aufklärung. 

Peng ist nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen worden, seit sie am 2. November im Onlinedienst Weibo dem früheren Vize-Ministerpräsidenten Zhang Gaoli sexuelle Nötigung vorgeworfen hatte. Beide hatten laut dem Post in früheren Jahren eine Beziehung geführt – bevor Zhang ins Politbüro der Kommunistischen Partei und das Vize-Ministerpräsidentenamt aufgestiegen war. Die von Peng geschilderte Nötigung fand viele Jahre später bei einem Wiedersehen Im Hause des Ehepaars Zhang statt. Zensoren löschten den Post binnen einer halben Stunde, und das Drama nahm seinen Anfang.

Chinas Regierung schweigt zu der Affäre Peng Shuai

Die chinesische Regierung schweigt bislang eisern. Doch übers Wochenende hatten chinesische Staatsmedien Videos und Fotos veröffentlicht, die Peng Shuai in ganz normalen Alltagssituationen zeigen sollen. Hu Xujin, Herausgeber der Staatszeitung Global Times, publizierte am Samstag zwei Videos. Eines davon zeigte sie angeblich beim Abendessen mit ihrem Trainer und zwei Freundinnen. Am Sonntag kursierte dann ein Video und Fotos, auf denen Peng Shuai beim Finale eines Kinder-Tennis-Turniers zu sehen ist, aber kaum das Wort ergreift. Der Veranstalter hatte es gepostet.

Die internationale Spielerinnen-Organisation WTA zeigte sich unbeeindruckt von dem Dinner-Video. Es sei zwar positiv, Peng zu sehen, hieß es. „Doch es bleibt unklar ob sie frei ist und ohne Zwang und Einmischung agieren kann.“ Vergangene Woche hatte die WTA bereits die Echtheit einer mysteriösen Mail Pengs angezweifelt. Darin hatte sie angeblich betont, nie Vorwürfe gegen Zhang erhoben zu haben, und sich nur auszuruhen.

WTA droht mit Rückzug aus China; USA und Großbritannien erwägen diplomatischen Olympia-Boykott

Die WTA droht wegen der Affäre mit einem Rückzug aus China. Die Organisation hat durchaus eine gewisse Hebelwirkung, denn in China finden jedes Jahr viele hochkarätige Turniere statt. Die Beziehungen seines Verbands zu China befänden sich an einem „Scheideweg“, betonte WTA-Chef Steve Simon in einem Brief an den chinesischen Botschafter in Washington. „Ich hoffe, ich kann mich darauf verlassen, dass Sie diese Botschaften an die Führung in China übermitteln, damit das Problem gelöst werden kann.“ Auch internationale Tennis-Stars wie Serena Williams, Naomi Osaka, Novak Djokovic und zuletzt Roger Federer äußerten öffentlich Sorgen um ihre Kollegin.

Die USA und Großbritannien erwägen zudem einen diplomatischen Boykott der Olympischen Spiele in Peking im Februar 2022. Das bedeutet: Athleten dürfen antreten, aber es reisen keine Regierungsvertreter nach Peking. Die Tennis-Legende Martina Navratilova schäumte auf Twitter: „Kann dich nicht hören IOC !!! Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, war Peng Shuai eine Olympiateilnehmerin!!!“ Der Fall um den vermissten Star sei „größer als Frauentennis, größer als Tennis, größer als Sport. Es geht um grundlegende Menschenrechte…“ Die Winterspiele von Peking sind vielen Politikern im Westen ohnehin wegen der Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang und Hongkong ein Dorn im Auge. Trotzdem zögern bisher die meisten Staaten mit einem Boykott. Der Fall um Peng Shuai könnte der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt. (ck/mit AFP)

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