Ausgewählt werden die Mitglieder der Disziplinarkammer vom Landesjustizrat. Dieser soll eigentlich die Unabhängigkeit der Richter garantieren. Früher hatten in ihm Richter die Mehrheit, die von anderen Richtern gewählt wurden. Doch seit der PiS-Justizreform Ende 2017 werden die Mitglieder des Gremiums vom Sejm gewählt.
Der EuGH kritisierte, der Landesjustizrat sei ein Organ, das „von der polnischen Exekutive und Legislative wesentlich umgebildet wurde“, an seiner Unabhängigkeit gebe es berechtigte Zweifel. Daraus leiten die Richter ab, dass die aus neuen Richtern bestehende Disziplinarkammer möglicherweise ebenfalls nicht ausreichend unabhängig sei.
In der EU gibt es größere Sorgen um die Rechtsstaatlichkeit in Polen, aber auch im von Viktor Orbán regierten Ungarn. Der EU-Rat hat prinzipiell mit dem Rechtsstaatlichkeits-Mechanismus ein Instrument geschaffen, um Verstöße auch finanziell zu sanktionieren. Das EU-Parlament hat das mit Blick auf Ungarn zuletzt nachdrücklich eingefordert.
Nach dem Dafürhalten der Kommission - und einem Deal mit Orbán - muss allerdings noch geprüft werden, ob der Mechanismus selbst rechtens ist. Ob und wie schnell vor diesem Hintergrund Sanktionen erlassen werden können, ist umstritten. Auch im Bundestagswahlkampf, wie ein Schlagabtausch bei einem „Triell“ kürzlich zeigte*.
Der EuGH hat am Donnerstag in einem anderen Verfahren aber auch im Sinne Polens entschieden: Er hat den „Grundsatz der Energiesolidarität“ in der EU betont und konkret die Solidarität Deutschlands gegenüber Polen eingefordert. Änderungen bei den Nutzungsbedingungen für die deutsche Erdgasleitung Opal hätte die EU-Kommission daher nicht genehmigen dürfen, ohne die Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit Polens zu prüfen, wie der EuGH am Donnerstag in Luxemburg entschied. Der Genehmigungsbeschluss ist daher nichtig.
Polen fürchtete, dass durch die Neuregelung mit Russland weniger Gas durch konkurrierende Leitungen wie die durch Polen führende Jamal fließen wird. Auch Polen befindet sich aktuell in Planungen für neue Energieversorgungsstrukturen. (dpa/AFP/fn) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.