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„Schurke des Jahres“: Wird „Putins Koch“ bald Putins Chef?

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Von: Tobias Utz

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Im Kreml bahnt sich ein Machtkampf an: Präsident Putin sieht sich dem wachsenden Einfluss von „Wagner“-Chef Prigoschin ausgesetzt.

Moskau – Aus Russlands Elite fällt im Kontext des Ukraine-Kriegs immer wieder ein Name: Jewgeni Prigoschin. Der 61-Jährige gilt als Drahtzieher des grausamen Alltags an der Front. Seitdem Russland Ende Februar das Nachbarland Ukraine überfallen und teilweise besetzt hat, gewinnt er an Bedeutung.

Seine Vita ist beachtlich: Prigoschin, der wie Wladimir Putin als Sankt Petersburg stammt, belieferte einst den Kreml in Moskau mit Essen – daher der Spitzname „Putins Koch“. Mehr und mehr gewann er dabei das Vertrauen des Präsidenten, ehe er vermehrt mit Regierungsangelegenheit vertraut gemacht wurde. Wie Prigoschin mittlerweile zugegeben hat, gründete er im Jahr 2014 die berüchtigte Söldner-Truppe „Wagner“. Dafür heuerte er zahlreiche Kriminelle an, um im Auftrag Putins Spezialaufträge zu erledigen. Für Russland kämpfen „Wagner“-Söldner seitdem unter anderem in Mali, nun auch in der Ukraine.

Putin und Prigoschin: Kommt es zum Machtkampf im Kreml?

Um die teils schweren Verluste Russlands zu kompensieren, rekrutierte er bereits mehrfach in Gefängnissen des Landes. Dabei soll er Häftlingen für einen halbjährigen Fronteinsatz Straffreiheit versprochen haben. Solche Gerüchte kommentiert Prigoschin allerdings nicht, dafür kommuniziert er mittlerweile zu professionell. Das berichtet fr.de.

Wladimir Putin
Matrjoschkas, die Wladimir Putin (l.) und Dmitri Medwedew (m.) zeigen. © imago stock & people / Imago Images

Für Wladimir Putin ist Prigoschin weiterhin eine Marionette. Mehr und mehr häufen jedoch sich die Hinweise darauf, dass Prigoschin langfristig einen Machtkampf um das Präsidentenamt eingehen könnte. Für Michail Sygar, langjähriger Kriegsreporter und Kreml-Kritiker, ist „Putins Koch“ zur größten Bedrohung von Putins Macht geworden: „Vermutlich hat Putin in diesem Moment gemerkt, dass Herr Prigoschin vielleicht ein bisschen zu populär ist“, kommentierte er kürzlich in der New York Times. Dabei verlieh er Prigoschin unter anderem den Titel „Schurke des Jahres“.

Putin reagiert offenbar auf Prigoschins Machtzuwachs in Russland

Hinweise darauf, dass Putin Prigoschin als Gefahr identifiziert hat, könnten zwei Aspekte sein. Zum einen dient dafür die Beförderung von Wassiljewitsch Gerassimow zum Generalstabschef im Ukraine-Krieg als Beispiel. Gerassimow gilt als konsequent und betonte bereits mehrfach, dass eine Neuaufstellung der russischen Streitkräfte in der Ukraine nötig sei. Prigoschin legte sich bereits mehrfach mit Verteidigungsminister Sergej Schoigu an – und setzte sich durch, insbesondere in der öffentlichen Wahrnehmung. Dies möchte Putin offenbar nicht mehr, mit Gerassimow als Generalstabschef könnte es gelingen.

Zum anderen dient die Kommunikation des Kreml nach kürzlichen Eroberungen in der Ostukraine als Beispiel: Putin ließ die Fortschritte als Erfolge seiner Truppen verkaufen, vor allem über staatlich gelenkte Kanäle: ein Versuch, die öffentliche Meinung in dieser Thematik zu kontrollieren. Prigoschin antwortete darauf mit seiner eigenen Kampagne, vor allem auf Telegram. Zahlreichen beteiligten „Wagner“-Söldner verlieh er Ehrenmedaillen für ihren Mut.

Hinweis der Redaktion

Die genannten Informationen stammen teilweise von Kriegsparteien im Ukraine-Konflikt. Diese lassen Sie nur bedingt sowie unmittelbar auf unabhängige Weise prüfen.

Tatsächlich waren viele „Wagner“-Söldner an den Eroberungen im Donbass beteiligt. Ohne sie wäre dies möglicherweise nicht gelungen. Die Denkfabrik „Institute for the Study of War“ analysierte jüngst, dass Putin zwingend auf Prigoschins Truppen angewiesen gewesen sei. Nun versuche er allerdings die Erfolge für die eigene Armee zu verbuchen, so das ISW: möglicherweise auch, um dem neuen Generalstabschef den Rücken zu stärken. (tu)

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