Rekord-Bundestag: So viel wird das Parlament 2019 kosten
Der Bundestag ist das größte Parlament einer westlichen Demokratie. Im Jahr 2019 werden sich die Kosten des Bundestags einer magischen Marke nähern.
Berlin - Der seit der jüngsten Bundestagswahl auf Rekordgröße angewachsene Bundestag wird den Steuerzahler im kommenden Jahr knapp 974 Millionen Euro kosten. Das geht aus einer Aufstellung des Bundesrechnungshofs hervor, wie die Bild-Zeitung am Montag berichtete. Das sind rund 100 Millionen Euro mehr als im vergangenen Jahr.
Hauptursache für die hohen Kosten ist die stark gestiegene Zahl der Abgeordneten. Der Bundestag hat seit der Bundestagswahl im September des vergangenen Jahres 709 Abgeordnete, fast 100 mehr als vor zehn Jahren. Zurückzuführen ist dieses Anwachsen vor allem auf das Wahlrecht und auf die Schwäche der Volksparteien. Diese Faktoren führen zu vielen zusätzlichen Überhangmandaten.
Parteien können sich nicht einigen - Schäuble spricht von einem „Unding“
Das alte Wahlrecht war vom Bundesverfassungsgericht unter anderem wegen der Verzerrung des Zweitstimmenergebnisses durch sogenannte Überhangmandate für verfassungswidrig erklärt worden. Eine im Februar 2013 verabschiedete Reform führte daher einen Ausgleichsmechanismus ein: Dabei wird die Gesamtzahl der Sitze im Bundestag solange erhöht, bis das Größenverhältnis der Fraktionen dem Zweitstimmenergebnis entspricht.
Als Folge wuchs die Sitzzahl im Bundestag aber weiter an - keine westliche Demokratie hat ein so großes Parlament. Die Sollgröße des Bundestags liegt bei 598 Sitzen.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hofft darauf, dass sich die Parteien bis Jahresende auf Eckpunkte einer Wahlrechtsreform verständigen. Es sei "ein Unding", dass heute niemand sagen könne, ob der nächste Bundestag 600, 700 oder 800 Mitglieder umfasse, sagte er im Sommer.
Unterdessen könnte es im deutschen Bundestag zu einer bemerkenswerten Corona-Reaktion kommen: Verzichten die Abgeordneten auf die Erhöhung ihrer Diäten*?
FDP-Mann klagt: „Das ist dem Steuerzahler nicht mehr vermittelbar“
Schäubles Vorgänger Norbert Lammert (CDU) hatte bereits eine Begrenzung auf maximal 630 Abgeordnete vorgeschlagen, sich damit aber nicht durchgesetzt. Denn ein solches Limit schwächt den gewünschten Effekt der Ausgleichsmandate ab, was den kleineren Parteien nicht behagt.
Die Opposition sprach sich angesichts der Kostenentwicklung erneut für eine Reform des Wahlrechts aus, um den Bundestag zu verkleinern. "Das ist dem Steuerzahler nicht mehr vermittelbar", sagte FDP-Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann der Bild-Zeitung. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch versprach: "Wir unterstützen alle Bemühungen des Bundestagspräsidenten für eine Wahlrechtsänderung."
Es dürfte den Wählern ebenfalls noch schwerer zu vermitteln sein, dass viele ihrer Volksvertreter Bundestagssitzungen schwänzen, manche um zum Beispiel mit Vorträgen noch mehr Geld zu verdienen.
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AFP
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