Wirbel um Webers Besuch bei Italiens Ministerpräsidentin Meloni: CSU-Vize äußert sich zu Gründen

Der CSU-Vize Manfred Weber suchte neulich Kontakt zur weit, weit rechts stehenden Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Dem Merkur verriet er nun, warum.
Brüssel/Rom – Am Vorabend der Papst-Beerdigung neulich ist halb Rom im Aufruhr, alle Gedanken beim Benedikt-Abschied, und eine riesige bayerische Delegation im Anflug. Da geht ein spannender Termin fast unter: Im Palazzo Chigi, ihrem Amtssitz, empfängt Ministerpräsidentin Giorgia Meloni den Parteichef der Konservativen in Europa, Manfred Weber. Die Vorsitzende der postfaschistischen Partei Fratelli d’Italia und der CSU-Vize – schon ein ungewöhnliches Treffen.
Die Bilder der beiden, lächelnd auf cremefarbenen Sesseln in einem güldenen Palastzimmer, landen zunächst nur in Italiens Medien. Erst jetzt, zwei Wochen später, erfolgt ein Aufschlag in deutschen Medien mitsamt kleiner Empörungswelle: „Fällt die Brandmauer der Union gegen Rechtsaußen?“, titelt der „Spiegel“. Im Internet befeuern linke Politiker die Geschichte, hier paktiere ein CSUler mit Rechtsextremen, als Nächstes vielleicht mit der AfD. Und, was für Weber heikler ist: Es gibt auch Gemurre in der Union.
CSU-Vize Weber zu Besuch bei Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni
Eine klare Abgrenzung nach rechts fordert der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke. „Wir dürfen uns nicht als reine Zählgemeinschaft verstehen, sondern wir sind eine Wertegemeinschaft“, wird er mit einer Mahnung an Weber zitiert. Im Umfeld der ersten EVP-Fraktionssitzung des Jahres soll es mehrere solcher Sätze gegeben haben. Das passt zu dem in der CSU-Spitze schwelenden Streit über den Umgang mit Italien: Hier hatten Markus Söder und Alexander Dobrindt unlängst Weber gewarnt, der Eindruck der Nähe zu Meloni oder zum schrägen Silvio Berlusconi sei fatal.
Kurios daran: Wer Weber und seinen liberalkonservativen Wertekompass auch nur etwas kennt, weiß genau – er wäre der Letzte, der solche Ermahnungen nötig hat. Im Fall Meloni ist seine Rechnung aber komplett anders. Ihm geht es auch nicht, wie die „FAZ“ orakelt, um eine „Vereinte Rechte in Europa“. Er will die italienische Regierung, in der auch EVP-Partner sitzen, klar ins konservativ-proeuropäische Lager ziehen. Es fällt auf, dass Meloni – anders als befürchtet – in ihrem ersten Vierteljahr im Amt Distanz zum Ungarn Viktor Orbán hält und sich klar in die westliche Pro-Ukraine-Unterstützung einfügt. Gleichzeitig steht sie innenpolitisch stabiler da als erwartet. Meloni zu dämonisieren, dürfte sich auch in der Debatte um den Umgang mit Flüchtlingen vorerst nicht lohnen.
Natürlich stehe Meloni unter Beobachtung, unter Bewährung, sagen auch Konservative, die Webers Kurs teilen. Keinen Kontakt, nicht zu reden, sei die schlechtere Option. Vielleicht kommt Meloni auch zur Sicherheitskonferenz nach München.
Besuch bei Meloni: Weber äußert sich zu Treffen im Palazzio Chigi
Weber selbst äußert sich nun erstmals klar zum Treffen. „Italien gehört zum Kern in Europa“, sagt er unserer Zeitung. „Es muss möglich sein, mit der Regierung zu reden, wenn sie konstruktiv in Europa mitarbeiten will, etwa um die Migrationsherausforderung in den Griff zu bekommen. Alles andere würde die EU spalten.“ Die Brandmauer gegenüber rechten Radikalen – etwa der deutschen AfD, Le Pen in Frankreich oder PiS in Polen – stehe. „Nur mit pro-europäischen Kräften, die den Rechtsstaat respektieren und die Ukraine unterstützen, kann es eine Zusammenarbeit geben.“
Nebenbei erinnert Weber daran, dass er für die EVP die Trennung mit Orbáns Fidesz durchgesetzt habe. „Da hat in meiner Partei auch nicht jeder applaudiert.“ (cd)