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Beben in Niedersachsen: Ministerpräsident Weil lehnt Rücktritt ab

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Stephan Weil
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) kündigt Neuwahlen an. Die rot-grüne Landesregierung hat ihre Mehrheit verloren, nachdem die Grünen-Abgeordnete Elke Twesten zur CDU gewechselt ist. © dpa

Die rot-grüne Koalition in Niedersachsen hat fünf Monate vor der nächsten Landtagswahl keine Regierungsmehrheit mehr. Nun kündigt Ministerpräsident Weil rasche Neuwahlen an.

Hannover - Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ist nach dem Verlust der rot-grünen Regierungsmehrheit für eine rasche Neuwahl des Landtags, will aber nicht zurücktreten. Er sprach sich am Freitag für die Auflösung des Parlaments aus.

„Ich stelle mich jederzeit gerne dem Wählerwillen. Aber ich werde einer Intrige nicht weichen“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil am Freitag in Hannover auf die Frage, ob er angesichts der Regierungskrise im Land zurücktreten will. 

Es sei "unabdingbar, dass der niedersächsische Landtag möglichst rasch seine Selbstauflösung beschließt und es möglichst bald Neuwahlen gibt", sagte Weil am Freitag in Hannover.

Er werde den Mitgliedern der SPD-Landtagsfraktion noch am Freitag empfehlen, einen Antrag auf Selbstauflösung des Parlaments einzubringen, sagte Weil. "Jetzt haben die Wählerinnen und Wähler das Wort. Das ist das Gebot der Stunde."

Neuwahlen in Niedersachsen - steht der Termin schon?

Der Antrag könne in der nächsten Landtagssitzung am 16. August beraten werden, ergänzte der Ministerpräsident. Laut Verfassung habe das Parlament dann zwischen elf und 31 Tagen Zeit für eine Entscheidung, danach blieben zwei Monate Zeit für eine Neuwahl. Ursprünglich sollte in Niedersachsen im Januar gewählt werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten finden Sie hier

Stephan Weil - lächelnder Regierungschef

Stephan Weil hat in seiner gut vierjährigen Amtszeit als Ministerpräsident in Niedersachsen an Profil gewonnen. Der fast immer freundlich lächelnde SPD-Politiker hatte im Februar 2013 mit seiner rot-grünen Koalition die Arbeit aufgenommen.

Zuvor hatte die SPD dort äußerst knapp die Landtagswahl gewonnen und von der regierenden CDU/FDP-Koalition die Macht übernommen. Seitdem regierte Weil trotz knapper Verhältnisse problemlos mit seiner Ein-Stimmen-Mehrheit im Parlament, größere Koalitionskrisen zwischen SPD und Grünen gab es nicht.

Vor allem im Zuge der VW-Krise war Weil immer wieder als Krisenmanager gefragt - das Land ist größter Anteilseigner von VW, vom Schicksal des Konzerns hängen Zehntausende Arbeitsplätze in Niedersachsen ab.

Warum hat die rot-grüne Landesregierung hat ihre Mehrheit verloren?

Auslöser für die Regierungskrise war der überraschende Austritt einer Grünen-Abgeordneten aus ihrer Landtagsfraktion in Niedersachsen. Fünf Monate vor der Landtagswahl verlor die rot-grüne Koalition in Hannover damit ihre knappe Ein-Stimmen-Mehrheit im Parlament an die Opposition aus CDU und FDP. 

„Sehe meine Zukunft in der CDU“

Die bisherige Grünen-Abgeordnete Elke Twesten begründete ihren Schritt mit der Nicht-Nominierung für die Wahl 2018 in ihrem Wahlkreis in Rotenburg (Wümme). „Ich sehe meine politische Zukunft in der CDU“, erklärte sie am Freitag in Hannover. CDU-Fraktionschef Björn Thümler will seiner Fraktion empfehlen, sie aufzunehmen.

Damit hätten CDU und FDP zusammen 69 Sitze im niedersächsischen Landtag, SPD und Grüne 68 Sitze. Bislang war das Verhältnis umgekehrt.

Der neue Landtag wird regulär am 14. Januar kommenden Jahres gewählt. Thümler sagte, die rot-grüne Landesregierung müsse jetzt entscheiden, ob sie in dieser Situation ohne Mehrheit weiter regieren könne. Die CDU-Fraktion werde voraussichtlich am Dienstag über ihr weiteres Vorgehen entscheiden.

CDU-Landeschef Althusmann verneint Angebote

Der niedersächsische CDU-Landeschef Bernd Althusmann hat am Freitag vergangener Woche nach eigenen Angaben erstmals mit Twesten über ihre Wechselabsichten gesprochen. „Angebote hat es keine gegeben“, betonte Althusmann am Freitag mit Blick auf Spekulationen auf einen Platz im Bundestag oder dem EU-Parlament für die 54-Jährige. Twesten hatte zuvor über zukünftige Möglichkeiten gesagt: „Es gibt auch noch andere Parlamente, bei denen man sich um ein Mandat bewerben kann. Und es gibt auch die Möglichkeit, außerhalb eines Mandats in der Politik zu arbeiten. Und alle diese Möglichkeiten ziehe ich für mich in Erwägung.“

Landtag könnte Vertrauen entziehen

Die Landesverfassung sieht die Möglichkeit vor, dass der Landtag dem Ministerpräsidenten das Vertrauen entzieht und einen Nachfolger wählt. Ministerpräsident Weil äußerte sich zunächst nicht zu den Schwierigkeiten, in die seine Regierung geraten ist.

„Unsere Verfassung bietet mehrer Optionen. Diese Möglichkeiten müssen rechtlich sauber geprüft werden“, sagte Thümler. „Man wird in Ruhe alle Fragen erörtern, wenn sie rechtlich vernünftig geprüft sind.“

Twesten: „Bin keine Verräterin“

Thümler nannte Twestens Schritt „doch etwas kurios“. Die Politikerin selbst betonte: „Ich bin keine Verräterin. Ich fühle mich sehr gut.“ Sie bezeichnete sich als Anhängerin von Schwarz-Grün.

Die Grünen forderten die abtrünnige Abgeordnete zur Rückgabe ihres Landtagsmandats auf. „Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass sie ihr Landtagsmandat, das sie über die grüne Landesliste erhalten hat, mit sofortiger Wirkung zurückgibt“, teilten die Landesvorsitzenden Meta Janssen-Kucz und Stefan Körner mit.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen Anja Piel sagte: „Wir bedauern die Entscheidung von Elke Twesten außerordentlich.“ Sie habe sich bewusst entschieden, keine Aussprache in der Fraktion zu führen. „Auch vor dem Hintergrund, dass es keine inhaltlichen Differenzen gab, können wir diesen Schritt nicht nachvollziehen.“

dpa

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