„Verlogene Politik“: Putins Duma-Chef attackiert Merkel und fordert „Reparationen“ von Berlin
Ein ranghoher russischer Politiker gibt Deutschland und Frankreich eine wesentliche Schuld an der Eskalation in der Ukraine. Die Länder sollen Reparationszahlungen leisten.
Moskau/Berlin - Wjatscheslaw Wolodin, Chef der russischen Staatsduma, macht Deutschland und Frankreich für den gescheiterten Friedensplan im Osten der Ukraine („Minsker Abkommen“) verantwortlich. Deutschland und Frankreich müssten den Bewohnern des Donbass-Gebiets Kompensation zahlen. In einem Eintrag beim Nachrichtendienst Telegram wirft Wolodin den damaligen Regierungen dieser Länder vor, dass der Ukraine-Krieg die Folge der „verlogenen Politik der Führer dieser Staaten“ sei.
Berlin und Paris wären im Jahr 2014 bei den Protesten in der ukrainischen Hauptstadt Kiew erst als Garanten für einen friedlichen Machtwechsel aufgetreten. Dieser hätte dann jedoch zu einem „Staatsumsturz“ geführt, so Wolodin. Anschließend hätten Deutschland und Frankreich zusammen mit Russland und der Ukraine in Minsk (Hauptstadt von Belarus) einen Friedensplan unterzeichnet, ohne ihn einhalten zu wollen, lautet die These von Wolodin weiter.
Russland kritisiert Deutschland und Frankreich: Bruch des Minsker Abkommens ein „Verbrechen“
In den Jahren darauf warnte Russlands Präsident Wladimir Putin den Westen immer wieder davor, die Ukraine in die Nato aufzunehmen sowie dem wachsenden Einfluss des Verteidigungsbündnisses auf das westliche Nachbarland. Die Invasion (24. Februar) begründet der Kreml-Chef auch damit, eine Entmilitarisierung der Ukraine erreichen zu wollen. Am Freitag hatte Putin Äußerungen von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Ukraine als Geständnis interpretiert, dass das Minsker Friedensabkommen lediglich geschlossen worden sei, um der Ukraine die Chance zu geben, sich zu bewaffnen und auf einen Krieg mit Russland vorzubereiten.

Landsmann Wolodin schlägt in seinem Telegram-Posting in die gleiche Kerbe: „Die im Voraus geplante Nichterfüllung der bei der Unterzeichnung eines internationalen Vertrags auf sich genommenen Verpflichtungen - das bedeutet nicht nur einen Vertrauensverlust, sondern ein Verbrechen, wofür sich die Unterzeichner (Merkel, Frankreichs damaliger Staatschef François Hollande sowie der frühere ukrainische Machthaber Pedro Poroschenko, Anm. d. Red.) verantworten müssen“, so der Vorsitzende der russischen Staatsduma. Der ranghohe russische Politiker führt aus, dass jene Personen auch an der jetzigen Energiekrise in Europa schuld seien.
Minsker Friedensabkommen: Worum ging es bei dem Friedensplan?
2015 wurde das Minsker Friedensabkommen unterzeichnet, verhandelt wurde es im sogenannten Normandie-Format: Die Länder Russland, Ukraine, Frankreich und Deutschland hatten gemeinsam beraten und im Anschluss an die Verhandlungen unterzeichnet. Das Minsker Abkommen beinhaltet im Wesentlichen die Absichtserklärung, den Bürgerkrieg in der Ostukraine zu stoppen und Frieden walten zu lassen. Dabei sollten die Separatisten-Hochburgen Donezk und Luhansk zwar Teil der Ukraine bleiben und dort Kommunalwahlen nach ukrainischem Recht abgehalten werden.
In bestimmten Gebieten sollte eine vorläufige Selbstverwaltung eingerichtet werden und ausländische, bewaffnete Verbände hätten der Vereinbarung zufolge abziehen müssen. Die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) wäre für die regelmäßige Prüfung des Waffenstillstandes zuständig gewesen. Die meisten der vereinbarten Verpflichtungen für die Konfliktparteien wurden allerdings nie umgesetzt, wofür sich Russland und die Ukraine seitdem gegenseitig die Schuld geben. (PF mit Material der dpa)