Ausgerechnet Russland warnt Baerbock vor fremder Atomgefahr – droht eine neue, gefährliche Epoche?

Deutschland sieht kein Grund zur Fortsetzung der nuklearen Gespräche mit dem Iran. Ausgerechnet Russland warnte nun vor der Atomgefahr.
München – Der Iran-Deal, der sogenannte JCPOA, soll eine atomare Bewaffnung des Iran verhindern – im Austausch gegen Sanktionslockerungen. Aktuell hakt es aber bei den Verhandlungen, unter anderem wegen der Demonstrationen gegen das iranische Regime und dessen Unterdrückung der Proteste.
Deutschland will die Protestbewegung unterstützen, statt über Erleichterungen zu verhandeln. Ausgerechnet Russland warnt jetzt Berlin vor den Konsequenzen, sollte es keinen neuen Atomdeal mit dem Iran geben. Wladimir Putins Regierung suchte zuletzt zumindest teilweise den Schulterschluss mit Teheran – etwa bei Waffenlieferungen.
Atom-Verhandlungen mit dem Iran: Berlin sieht „derzeit keinen Anlass“ – Russland warnt
Bei der Bundespressekonferenz am Mittwoch (28. Dezember) hatte sich der Sprecher von Annalena Baerbocks Auswärtigem Amt, Christofer Burger, auf Nachfrage zu den Nuklear-Verhandlungen mit dem Iran geäußert. Für Gespräche gebe es „derzeit keine Hinweise und keinen Anlass“, erklärte er. Man habe in den letzten Tagen immer wieder deutlich gemacht, dass Verhandlungen nicht stattfinden. Das Augenmerk liege auf der Unterstützung der Demonstrationen, so Burger.
Der russische Diplomat Mikhail Uljanow, der bei den Verhandlungen in Wien Russland repräsentiert, reagierte auf die Äußerungen aus Berlin auf Twitter, wie die staatliche Agentur Tass berichtete. „Offenbar unterschätzt Deutschland die Bedeutung der Nichtverbreitung von Nuklearwaffen“, schrieb Uljanow. Zudem warf er Deutschland vor, das Risiko einer „ernsten und sogar unkontrollierten Eskalation“ zu unterschätzen, falls die JCPOA-Gespräche ohne Erfolg bleiben. Denkbar scheint, dass Russland damit vor allem dem Iran in Gespräche helfen will.
Russlands Atomdrohungen: Expertin sieht Kreml in gefährlicher Neuorientierung – „offensiver Einsatz“
Dass ausgerechnet eine Warnung vor den Gefahren von Atomwaffen aus Russland kommt, scheint aber bemerkenswert. Immerhin stellt Moskau immer wieder den Einsatz der „nuklearen Doktrin“ in Aussicht, während Kreml-Propagandisten im Staats-TV mit einem Atomkrieg drohen. „Russland setzt die nukleare Abschreckung aber nicht mehr defensiv ein, sondern offensiv“, betonte Sicherheitsexpertin Claudia Major gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Moskau missbrauche sie, „um unter dem Schutz der eigenen Atomwaffen mit einem konventionellen Krieg die bestehende Ordnung zu verändern, Grenzen zu verschieben, Teile der Ukraine zu annektieren und die Ukraine von der Landkarte zu löschen“.
„Wenn das Beispiel Schule macht, also dass Atomstaaten unter dem Schutz ihrer Atomwaffen konventionelle Kriege führen und damit durchkommen, dann stehen wir international vor einem ernsten Problem“, warnte Expertin Major. Denn: „Dann könnte zum Beispiel China Taiwan überfallen, ohne eine Intervention der internationalen Gemeinschaft fürchten zu müssen, und Nordkorea könnte seine Grenzen als Nuklearwaffenstaat ebenfalls austesten.“
Iran will alle JCPOA-Verpflichtungen erfüllt haben – Chamanei-Berater überrascht mit Aussage
Indes äußerte sich der Iran zu den Verhandlungen im Rahmen des gemeinsamen Aktionsplans. Mohammed Eslami, der Chef der iranischen Atombehörde, gab laut der Nachrichtenagentur Tasnim an, Teheran habe alle JCPOA-Verpflichtungen erfüllt. Dennoch hätten die USA das iranische Atomprogramm als „nicht friedlich“ abgestempelt und dem Iran vorgeworfen, eine Atombombe produzieren zu wollen. Die Sanktionen hätten sogar Medizin und Lebensmittel getroffen, beschwerte er sich. Eslami verwies außerdem auf den Nutzen von Atomenergie für das „Leben der Menschen“.
Mitte Dezember hatte Kamal Charazzi, ein hochrangiger Berater des obersten iranischen Geistlichen Ali Chamanei behauptet, der Iran habe zwar die Fähigkeit, eine Atombombe zu produzieren, werde dies aber nicht tun. „Außerdem glauben wir, dass die Produktion einer nuklearen Waffe ‚haram‘ ist“, zitierte der in London ansässige Sender Iran International den iranischen Berater. Im Islam werden etwa verbotene Handlungen als „haram“ bezeichnet. (bb)