Russland schwächt sich im Ukraine-Krieg selbst: Kommandeur nennt erstaunliche Zahl zu „Friendly Fire“

Im Ukraine-Krieg häufen sich Berichte zu Fehlern in der russischen Armee. US-Experten weisen jetzt auf den Bericht eines Militärkommandanten hin.
Kiew - Im Ukraine-Krieg sieht sich Russland zunehmend in der Defensive. Wladimir Putins Armee scheint vielerorts die Durchschlagskraft zu fehlen. Zudem weisen Berichte auf Chaos beim Rückzug russischer Truppen hin. Nicht das erste Mal, dass Probleme in Russlands Armee gemeldet werden. Doch nun reiht sich ein aktueller Militärkommandeur in die Riege der Mahner ein und nennt dabei eine fast absurde Zahl.
„Vernichtender Faktor“: Russland schwächt sich im Ukraine-Krieg wohl selbst
Angeblich sollen bis zu 60 Prozent der russischen Verluste seit dem Ende der russischen Offensive in Mariupol Mitte Mai durch „Friendly Fire“ - also Eigenbeschuss - verursacht worden sein. Das vermutet jetzt Aleksandr Khodakovsky, der frühere Sicherheitsminister und aktuelle Militärkommandant der Volksrepublik Donezk, wie der US-Thinktank Institute for the Study of War berichtet.
Die Zahl selbst ist dabei wohl übertrieben, analysieren die US-Experten. Dennoch: Allein die Tatsache, dass ein russischer Kommandeur öffentlich über einen solchen „vernichtenden Faktor“ in der Kompetenz der russischen Armee spekuliert, weist auf enorme Probleme in der Kriegsführung hin. Normalerweise mache „Friendly Fire“ nur eine begrenzte Zahl der Verluste in einem Krieg aus - und nicht annähernd 60 Prozent der Gesamtverluste. Dies zeigt demnach einen enormen Mangel an Kommunikation und Kommando- beziehungsweise Kontrollkoordination hin, so die ISW-Experten weiter.
Russlands Ukraine-Probleme: Beispiel zeigt fast absurde Zustände
In dem Bericht folgt dann auch gleich ein anschauliches Beispiel der fehlerhaften Kommunikation in der russsichen Armee.
So sei eine Armeeeinheit Russlands, die am 5. November zu ihrem Stützpunkt in der Nähe von Pavlivka im Oblast Donezk zurückrotiert sei, in einen Graben gefahren. Dieser war zuvor von Subunternehmern der Armee ausgehoben worden. Offenbar gab es aber keine ausreichende Kommunikation, um die Armee-Einheit zu warnen.
Die US-Experten schlussfolgern, dass die bereits zuvor bestehende Zersplitterung in der russischen Befehlskette und die Ineffektivität der Armee im Ukraine-Krieg durch drei Faktoren noch verschlimmert worden sein könnte:
- Russische Militär-Führer werden wiederkehrend - und fast regelmäßig - ausgetauscht
- Unerfahrene Soldaten werden in höhere Positionen befördert
- Russlands Armee ist zusammengestückelt aus Einheiten russischer Vertragssoldaten, mobilisierter Soldaten, Einheiten der Volksrepubliken Donezk und Luhansk und Soldaten der Wagner-Gruppe
Diese Faktoren führen demnach zu enormen Abstimmungs- und Kommunikationsproblemen, welche wiederum zu großen Verlusten von Soldaten und Gerät führen, so die US-Experten. (rjs)