„Innere Unruhe“ in Russland: Kluft in Putins Reich wächst

Mit Andauern des Ukraine-Kriegs wächst in Russland die „innere Unruhe“. Das berichten nun US-Experten. Die Kritik an Putins Staat wächst demnach.
Moskau - „Die finanzielle Belastung des Kremls nährt weiterhin die inneren Unruhen“ in Russland. So lautet die aktuelle Analyse der US-Experten des Institute for the Study of War (ISW). Die Rückschläge im Ukraine-Krieg führen laut Analysten der Denkfabrik schon seit einiger Zeit zu Bewegungen im Machtgefüge Russlands. Wladimir Putin versucht demnach weiterhin Herr der Lage zu bleiben.
Doch das wird offenbar zunehmend schwerer. Darauf deutet auch ein neues Gesetz in Russland hin. Damit kann laut Kritikern ziemlich jeder zu einem „ausländischen Agenten“ erklärt werden. Ein Mittel, die öffentliche Meinung noch strikter kontrollieren zu können, heißt es etwa vom kritischen Exil-Medium Meduza. Besonders die Teilmobilisierung sorgte für viel Unmut in Russlands Bevölkerung. Wenig hilfreich: Obwohl diese offiziell für beendet erklärt wurde, wird nach verschiedenen Berichten munter weiter rekrutiert.
„Unruhe“ in Russland wächst: Putins Staat zahl nicht
Hinzu kommt, dass in ärmeren Regionen Menschen teils ohne Strom und Heizung auskommen müssen, während gerade von hier junge Männer in den Krieg rekrutiert werden. Über Beschwerden aus diesen Regionen berichtet aktuell etwa das US-Portal The Daily Beast. Der Wandel im öffentlichen Diskurs ist mittlerweile sogar teils im russischen TV zu verfolgen. Hier wird mittlerweile auch von der Denklinie des Kreml abgewichen.
Nun verweist der US-Thinktank ISW auf Filmmaterial, das einen Abgeordneten der Kommunistischen Partei Russlands zeige, der bei einem Regierungstreffen in der Republik Komi vor einem feindseligen Publikum seiner Parteikollegen von „Einiges Russland“ vorschlägt, die Zahlungen an Veteranen zu erhöhen. „Dieses Ereignis ist ein Beispiel für die wachsende Kluft zwischen den nationalistischen Parteien Russlands unter zunehmender wirtschaftlicher Belastung“, analysieren die Experten. Das Problem: Der Staat zahlt offenbar nicht - und wenn oft nicht genug. So verweist der ISW auf Berichte des unabhängigen russischen Senders Astra. Demnach haben mehr als 100 mobilisierte Mitarbeiter aus dem Gebiet Moskau die versprochenen Zahlungen nicht erhalten. Von einer in Belarus stationierten Einheit sollen 108 von 408 Personen im Oktober keine Zahlung und 200 keine vollständige Zahlung erhalten haben.
Probleme in Putins Russland: Wirtschaftselite sieht Fehler
Darüber hinaus berichtete auch die Financial Times über zunehmende Ernüchterung bei russischen Unternehmern. Auch die Wirtschaftselite ist demnach der Meinung, dass die Mobilisierung von privaten Unternehmen besser als vom Staat hätte gehandhabt werden können. Was nicht helfen wird: Russlands finanzielle Elite verliert seit Kriegsbeginn massiv Geld. Laut einer Bloomberg-Analyse, auf die sogar die russische Tass hinwies, verloren die reichsten Russen im Jahr 2022 mehr als 74 Milliarden Dollar ihres Vermögens.
Laut den Analysten des ISW muss Wladimir Putin aber auch zunehmend mächtige politische Strömungen und deren Akteure kontrollieren. Besonders die Nationalisten, die ein noch brutaleres Durchgreifen in der Ukraine fordern, erhalten offenbar Auftrieb. Zu diesen zählt etwa der Chef der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin. Er versucht weiter das Image seiner Privat-Armee zu stärken und profiliert sich damit zunehmend als starker Mann in Russland - und damit automatisch als Gegenspieler zu Wladimir Putin. Kontrollieren kann der Kreml-Chef Prigoschin schon länger kaum. Schließlich ist er in der Ukraine auf Prigoschins meist besser ausgebildete und ausgerüstete Söldner angewiesen.
Sicher ist: Die Unruhe in Russland wächst.