Ukraine-„Missverständnis“? Lettland besiegelt Aus für putin-kritischen Sender – Kreml spottet
Ein oppositioneller russischer TV-Sender darf nicht mehr weiter in Lettland arbeiten: Der Medienrat sieht eine „Bedrohung der nationalen Sicherheit“.
Riga – Lettland hat dem unabhängigen russischen Fernsehsender Doschd die Sendelizenz entzogen. Der Nationale Rat für elektronische Massenmedien (NEPLP) teilte am Dienstag mit, der erfolgte Schritt „im Zusammenhang mit der Bedrohung der nationalen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung“.
Der Sender hatte sich durch seine Kritik gegen den Kreml und dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine einen Namen gemacht. Doch ausgerechnet seine Berichterstattung über den Ukraine-Krieg wurde Doschd nun zum Verhängnis.
Russlands letzter freier Sender: Lettland entzieht Doschd Lizenz
Ende vergangener Woche hatte der NEPLP ein Verfahren gegen Doschd eingeleitet. Grund war die Ausstrahlung eines Appells zur Unterstützung der russischen Armee. Der Moderator äußerte die Hoffnung, dass der Sender vielen Soldaten mit Ausrüstung und Grundausstattung habe helfen können. Doschd-Chefredakteur Tichon Dsjadko entschuldigte sich anschließend auf Twitter und behauptete, der Sender leiste der russischen Armee keine Hilfe. Es habe sich um ein Missverständnis gehandelt. Man sammle eher Informationen über russische Kriegsverbrechen in der Ukraine. Der Moderator war nach Angaben des Senders entlassen worden.

Der NEPLP hatte gegen Doschd, auch als TV Rain bekannt, schon Anfang Dezember eine Geldstrafe von 10.000 Euro verhängt, weil eine Karte gezeigt wurde, auf der die völkerrechtswidrig annektierte Krim Teil von Russland ist. „Der NEPLP ist davon überzeugt, dass das Management von TV Rain die Art und Schwere jedes einzelnen Verstoßes als auch der Gesamtheit an Verstößen nicht versteht und nicht erkennt“, twitterte NEPLP-Chef Ivars Abolins.
Doschd verliert Sendelizenz in Lettland: Reporter ohne Grenzen hatte gewarnt
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) hatte noch appelliert, Doschd die Lizenz nicht zu entziehen. Es handle sich um einen der wenigen unabhängigen Sender mit russischen Journalisten, der an ein russischsprachiges Publikum sendet, sagte Jeanne Cavelier von RSF. Doschd könne für seine Vergehen kritisiert werden, doch „ein Lizenzentzug wäre ein schwerer Schlag für Pressefreiheit, Unabhängigkeit und Pluralismus“.
Doschd werde die Ausstrahlung seines Programms nun in der Nacht zu Donnerstag einstellen müssen, teilt der NEPLP mit. Lettland hatte dem Sender erst im Juni eine Sendelizenz erteilt. Im Zuge des harten Vorgehens russischer Behörden gegen Medien war der Sendebetrieb in Russland eingestellt worden. In Lettland sind viele russische Journalisten tätig, die aufgrund von harten Beschränkungen nicht mehr in ihrer Heimat arbeiten können.
Sendeverbot für Doschd in Lettland: Kreml reagiert mit Spott
Moskau hat bereits auf das Sendeverbot reagiert: Vielen scheine es in der Fremde besser als zu Hause zu sein, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow laut der Nachrichtenagentur Interfax spöttisch. Dort wähnten sie sich im Gegensatz zur Heimat in Freiheit. „Das ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Inkorrektheit solcher Illusionen“, sagte Peskow.
Doschd teilt nun auf Twitter mit, künftig über Youtube arbeiten zu wollen. Die Vorwürfe nannte der Sender „unfair“ und „absurd“. (lrg/dpa)