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„Unerwartet“: Kreml-Chef Putin sieht „enttäuschende“ Merkel-Aussagen zum Minsker Abkommen

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Von: Lukas Rogalla

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Russland sieht in Merkels neuesten Aussagen ein „Geständnis“ des Westens, die Minsker Abkommen nie ernst genommen und einen Konflikt vorbereitet zu haben.

Bischkek/Moskau – In Form eines Interviews in der Zeit ist Angela Merkel wieder an die Öffentlichkeit zurückgekehrt. Dabei hat sich die ehemalige Bundeskanzlerin auch zum Ukraine-Krieg geäußert. Mit ihren damaligen Entscheidungen im Amt habe Merkel versucht, „genau einen solchen Krieg zu verhindern“. Die Minsker Abkommen von 2014 und 2015 verteidigt die Altkanzlerin als „Versuch, der Ukraine Zeit zu geben“, in der das Land erstarken konnte.

Damals habe Russland die Ukraine „leicht überrennen können“. Auch die Nato sei damals nicht in der Lage gewesen, so viel Unterstützung zu leisten wie heute. Merkels Interview hat nun auch Russland erreicht und schlägt dort hohe Wellen. Sofort ertönen kritische Stimmen aus dem Kreml gegen den Westen – unter anderem von einem „enttäuschten“ Wladimir Putin.

Putin nimmt Stellung zu Merkel-Interview: „Unerwartet und enttäuschend“

Bei einem Treffen der Eurasischen Wirtschaftsunion nahm Russlands Präsident Putin direkt Stellung zu Merkels Aussagen: „Ehrlich gesagt kam das für mich völlig unerwartet und ist enttäuschend“, sagte er am Freitag vor Journalisten im kirgisischen Bischkek. Er sei stets davon ausgegangen, dass die deutsche Regierung „es ehrlich mit uns meint“, zitiert die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass.

„Ja, natürlich waren sie auf der Seite der Ukraine. Sie haben sie unterstützt. Aber ich hatte den Eindruck, dass die Führung der BRD immer aufrichtig eine Einigung auf der Grundlage der vereinbarten Prinzipien angestrebt hat, die auch im Rahmen des Minks-Prozesses erreicht wurden“, so Putin. Der Kreml-Chef fügte hinzu, er sei stets offen für Verhandlungen gewesen und habe dies wiederholt betont. Nach Merkels Äußerungen frage er sich jedoch, mit wem man es überhaupt zu tun habe.

Wladimir Putin, Präsident von Russland, bei einem Gipfeltreffen der Eurasischen Wirtschaftsunion in Bischkek
Wladimir Putin, Präsident von Russland, bezieht sich während eines Gipfeltreffens der Eurasischen Wirtschaftsunion in Bischkek direkt auf Aussagen von Angela Merkel. © IMAGO/Pavel Bednyakov

Zuvor hatte sich bereits Maria Sacharowa geäußert. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums schrieb auf ihrem Telegram-Kanal: „Dies ist ein Eingeständnis, das vielleicht zum ersten Mal in dieser Deutlichkeit gemacht wurde. Ja, das Kiewer Regime hat wiederholt gesagt, dass es die Minsker Abkommen nicht umsetzen wird. Aber der Westen, die Länder und ihre Anführer, die direkt im Normandie-Format beteiligt waren, haben dies nie so deutlich gesagt.“

Kreml-Sprecherin greift Westen an: „Sie brauchten einen Konflikt“

Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag führte Sacharowa ihre Äußerungen weiter aus. Die Nachrichtenagentur Tass, die hinsichtlich des Merkel-Interviews von einem „Geständnis“ schreibt, zitiert: „Sie [westliche Vertreter, Anm. d. Redaktion] wussten bereits 2015, als sie stundenlange Gespräche führten, dass sie das Abkommen niemals umsetzen und das Regime im Kiew mit Waffen vollpumpen würden. Sie hatten keine Gnade für irgendwen. Frauen, Kinder, Zivilisten des Donbass und der Ukraine generell. Sie brauchten einen Konflikt und sie waren 2015 schon bereit dafür.“

Ukraine-Krieg: die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa in Moskau
Die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa in Moskau © Pavel Kashaev/Imago

Sacharowa behauptete zudem, Merkels Worte „sprechen das Schreckliche aus: Betrug als Modus Operandi des Westens. Machenschaften, Manipulierungen, alle nur vorstellbaren Verzerrungen von Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit.“ (lrg)

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