Russlands Top-Propagandist zweifelt live im TV: „Eindeutig keine Spezialoperation mehr“
Der Ukraine-Krieg verläuft für Russland weiterhin schleppend. Putins Vertrauter Wladimir Solowjow zeigt sich im Staatsfernsehen pessimistisch.
Moskau – Bröckelt in Russland nun die Front, die seit Monaten für den Angriffskrieg gegen die Ukraine trommelt? Einer der Top-Propagandisten des Landes scheint seine Begeisterung verloren zu haben: Wladimir Solowjow glaubt nicht mehr an den beschönigenden Begriff der „speziellen Militäroperation“.
BBC-Journalist Francis Scarr teilte einen Ausschnitt, in dem der resigniert wirkende Publizist des Staatsfernsehens zu sehen ist, am Mittwoch (12. Oktober) auf Twitter. „Wladimir Solowjow fängt doch nicht langsam an zu zweifeln, ob der Start der ‚speziellen Militäroperation‘ nicht doch eine so glänzende Idee war?“, kommentierte Scarr das Video auf dem Kurznachrichtendienst. Rund 60.000 Menschen haben sich den Clip bisher angesehen.
Russland: Putin-Vertrauter klagt über Situation im Ukraine-Krieg
„Nun zur Frage der Rationalität. Das ist vielleicht die interessanteste Frage“, sagt Solowjow während einer Sendung in Bezug auf die Lage Russlands im Ukraine-Konflikt. „Bald werden es fast acht Monate sein, seit die Operation begonnen hat, und ... Nun, es ist eindeutig keine spezielle militärische Operation mehr.“
Mit einer solchen Aussage würden sich normale russische Bürger:innen schon aufs Glatteis begeben. Der Kreml hat veranlasst, dass diese Ausdrucksweise verwendet werden muss – Worte wie „Krieg“, „Invasion“, oder „Angriff“ sind im Kontext des Ukraine-Kriegs verboten und stehen unter Strafe.

Der Militäroperation in der Ukraine habe sich zu einem Krieg gegen den Westen entwickelt, führt das bekannte Gesicht des russischen Staatsfernsehens weiter aus. „Es ist klar, dass wir gegen die Nato kämpfen. Außerdem ist die Nato dort mit ihrer vollen Größe präsent“, sagt der 58-Jährige, der seit Jahren ein enger Vertrauter von Wladimir Putin ist. Deutschland hat er bereits mit einer Invasion gedroht.
Solowjow früher: „Wird nie einen Krieg zwischen Russland und der Ukraine geben“
Seit dem russischen Überfall unterstützen die Staaten des westlichen Verteidigungsbündnisses die Ukraine mit teils hochmodernen Waffen. Dass die Nato allerdings keine Kriegspartei ist, steht außer Frage. Westliche Kämpfer seien nun genauso in der Ukraine wie auch russische und ukrainische Soldaten, kommentiert Solowjow und klagt im Anschluss: „Ich spreche nicht einmal von der Ausrüstung, dem Nachrichtendienst – es ist alles da.“
Kurz zuvor hatte BBC-Journalist Scarr auf Twitter ein anderes Video des Moderators geteilt, das mehr als eine Million Mal aufgerufen worden wurde. Es zeigt Solowjow bei einer Rede im Jahr 2008 im Moskauer Tschechow-Kunsttheater. Dem Publikum erzählt er, dass es „nie einen Krieg zwischen Russland und der Ukraine geben“ werde. „In der Ukraine leben Menschen, die im Geiste, im Blut und in der gemeinsamen Geschichte absolut brüderlich sind und mit denen ein Krieg das schlimmste Verbrechen wäre, das man sich vorstellen kann“, sagt Solowjow in der Aufnahme.
Ukraine-Staatschef Selenskyj äußert sich derweil über angebliches „Kanonenfutter“ auf russischer Seite (tvd)