Schavan würdigt "türkische Elite" in Deutschland

München - Bundesbildungsministerin Annette Schavan hat Deutschland große Fortschritte bei der Integration von Ausländern bescheinigt.
Es habe sich eine “türkische Elite“ herausgebildet, sagte die CDU-Politikerin dem “Focus“. Als Beispiele nannte sie den Fußball-Nationalspieler Mesut Özil und die niedersächsische Sozialministerin Aygül Özkan sowie die wachsende Zahl von Abiturienten und Akademikern mit Migrationshintergrund. Sie übermittelten anderen die Botschaft: “Du schaffst es, wenn du dich anstrengst.“ Diese Generation werde Deutschland verändern und voranbringen: “Mit einem ähnlichen Ehrgeiz und Aufstiegswillen, wie wir es von der deutschen Nachkriegsgeneration kennen“, fügte Schavan hinzu. “Sie sind nicht nur erfolgreich in ihren Berufen, sondern wollen sich in diesem Land engagieren, Verantwortung übernehmen, die Gesellschaft mitgestalten“, lobte die Ministerin.
“Zum ersten Mal, seitdem die Gastarbeiter in den 60er- und 70er Jahren zu uns gekommen sind, bildet sich hierzulande eine türkische Elite heraus. Das hätte vor zehn Jahren niemand für möglich gehalten“, wird Schavan zitiert. Die Gesellschaft brauche mehr Migranten als Lehrer und in anderen Berufen, die mit einem positiven Einfluss auf Jugendliche verbunden seien.
Eine Quote lehnte Schavan jedoch ab. Es gehe nicht um einen Sonderstatus für eine bedrohte Minderheit, “sondern um unser klares Bekenntnis zur kulturellen Vielfalt. Menschen mit Migrationshintergrund sind ein wichtiger Teil unserer bunten Republik. Sie bereichern unser Land, wir brauchen sie“, erklärte die Ministerin.
Sie verwies auf die demografische Entwicklung und den drohenden Fachkräftemangel. “Aber die Migranten als bloße Lückenfüller zu betrachten, ist grundfalsch“, fügte Schavan hinzu. Die Deutschen könnten sich “glücklich schätzen, dass wir eine wachsende Gruppe türkischstämmiger Leistungsträger haben.“ 80.000 Selbstständige mit Migrationshintergrund beschäftigten 350.000 Arbeitnehmer. Laut Schavan soll die Zahl auf 130.000 Unternehmer mit 750.000 Jobs im Jahre 2020 ansteigen.
Schavan sagte, sie wolle “weder das Gewaltproblem bei den Migranten noch die Gefahr einer Parallelgesellschaft“ beschönigen. Es gebe einen “eher integrationsunwilligen Teil“ von Migranten, die ausschließlich türkische Medien konsumierten und nur gebrochen Deutsch sprächen. Im Gegensatz zur langjährigen Haltung ihrer Partei hob Schavan aber hervor: “Ich sage hier klipp und klar: Ja, wir sind inzwischen ein Einwanderungsland.“
Auch verteidigte die Ministerin den umstrittenen islamischen Religionsunterricht an deutschen Schule: “Natürlich weiß ich um die Ängste vieler Deutscher bei diesem Thema“, sagte sie. “Aber ich sehe das als gelebte Religionsfreiheit, als Dialog zwischen Christentum und Islam.“ Es gehe beim Islam-Unterricht keineswegs darum, eine neue Koranschule zu installieren oder radikalen Glaubensfanatikern eine Plattform zu bieten. “Nein, wir wollen damit den Islam aus dem Hinterhof herausholen und transparent machen.“ Schavan hatte als Kultusministerin den Islam-Unterricht in Baden-Württemberg eingeführt.
apn