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Brisante Regierungserklärung: Scholz erklärt Migrations-Plan - Merz sieht Deutschland „nicht vorbereitet“

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Von: Florian Naumann

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Olaf Scholz bei seiner Regierungserklärung im Bundestag
Olaf Scholz bei seiner Regierungserklärung im Bundestag © John MacDougall/AFP

Olaf Scholz erklärt im Bundestag seine Politik – schon wieder. Thema ist wohl die Ukraine. Aber auch ein drohender Migrations-Streit auf EU-Ebene. News-Ticker.

Update vom 8. Februar, 13.50 Uhr: Olaf Scholz‘ Regierungserklärung vor dem EU-Gipfel und die ersten Repliken sind gehalten. Scholz verteidigte sein Vorgehen bei Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Bundesregierung behalte „die Umsicht und die Nervenstärke, die es braucht, um abgewogen zu entscheiden“, sagt der Kanzler. „Dafür stehe ich mit meinem Wort.“ Deutschlands Rolle in Europa sei ein „Führen durch Zusammenführen“, betonte er.

Zugleich erklärte Scholz die Hoffnung auf eine baldige EU-Asylreform und erläuterte die Migrationspolitik der Ampel-Koalition. Einerseits sei Zuwanderung auch aus Ländern außerhalb Europas nötig, um einen sich aufbauenden Fachkräftemangel zu bekämpfen. Andererseits seien Abschiebungen von Menschen ohne Bleiberecht das Ziel. Man arbeite an entsprechenden Abkommen; als Muster nannte Scholz eine Übereinkunft mit Indien.

Heftige Kritik kam von Unions-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU). Die „Zeitenwende“ finde bislang vor allem auf dem Papier statt, zugleich bestehe die Gefahr, dass sich die Waffenlieferungen als „zu wenig und zu spät“ herausstellen. Auf europäischer Ebene habe Innenministerin Nancy Faeser (SPD) Vorschläge zur Durchsetzung von „Rücknahme-Abkommen“ leichtfertig bei Seite gewischt, für eine groß angelegt Zuwanderung von Arbeitskräften sei Deutschland angesichts von Engpässen bei Kitas, Krankenhäusern und Wohnungen „nicht vorbereitet“.

Scholz erklärt Migrations-Plan - Merz sieht Deutschland „nicht vorbereitet“

Update vom 8. Februar, 13.27 Uhr: Die Chancen auf eine europäische Asyl-Einigung bewertet Merz wesentlich schlechter als Scholz. Vorschläge der Ratspräsidentschaft, Druckmittel für Abkommen zur Rücknahme von Menschen ohne Bleiberecht „voll auszuschöpfen“ habe Faeser vom Tisch gewischt. „So wird europäische Asylpolitik nicht gelingen!“, ruft Merz. Unterdessen habe etwa Berlin aufgehört, Abschiebungen auszuführen. „Selbst diejenigen, die Straftaten begangen haben, müssen, wenn sie erstmal in Berlin angekommen sind, nicht fürchten, abgeschoben zu werden“, fügt Merz hinzu - im Plenum regt sich lautstarker Widerspruch.

„Wir haben heute schon eine große Zahl von Flüchtlingen und Einwanderern in der Bundesrepublik und sie wollen jetzt noch einmal mehrere Hunderttausend zusätzlich in das Land einladen, hier zu arbeiten und zu leben“, sagt Merz. Dafür brauche es aber Infrastruktur, etwa Kitas, Krankenhäuser und nicht zuletzt Wohnungen. Das Land sei auf diese Größenordnung „nicht vorbereitet“, warnt Merz. Besser sei es, erst einmal Arbeitsmarktpotenziale auszuschöpfen - etwa beim Vorruhestand.

Scholz‘ Regierungserklärung: Merz kontert - „Zeitenwende findet bislang auf dem Papier statt“

Update vom 8. Februar, 13.17 Uhr: Für die Opposition spricht zuerst Unions-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU). Er dankt für Anteilnahme am Tod des verstorbenen Parteifreunds Gero Storjohann und am Leid der Erdbebenopfer in der Türkei. Auch den weitreichenden Bundestags-Konsens zum Verteidigungskampf der Ukraine begrüßt er. Dann geht Merz aber schnell in die Offensive.

„Ich möchte mit Ihnen allen zusammen hoffen, dass wir nicht eines Tages in der Rückschau sagen müssen, das war zu wenig und das war zu spät“, sagt Merz in Richtung Scholz. „Große Teile der Zeitenwende finden bislang auf dem Papier statt.“ Zugleich habe die Bundesregierung bis zuletzt in der Panzerfrage „gebremst“, die Auslieferung werde nun noch „Wochen, wenn nicht Monate dauern“. „In hohem Maße verstörend sind in diesem Zusammenhang dann Äußerungen ihrer Außenministerin“, rügt Merz die „Krieg-Äußerung“ von Annalena Baerbock. Es sei nicht verwunderlich, wenn das Gegenstand der russischen Propaganda werde.

„Wir trauen ihm deutlich mehr zu als seiner Amtsvorgängerin, aber es muss dann jetzt auch das gesamte Beschaffungswesen ändern“, ruft Merz dem abwesenden Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zu. Vermehrt kämen zudem Asylbewerber aus Syrien, aus dem Irak, aus Afghanistan und Mittlerem und Nahem Osten, sagt der CDU-Chef weiter. Wenn bereits Grüne-Landräte um Hilfe riefen, könne Scholz nicht mehr auf einen Flüchtlingsgipfel von Innenministerin Nancy Faeser verweisen. „Herr Bundeskanzler, das ist jetzt eine Aufgabe für Sie persönlich.“

Scholz hält brisante Regierungserklärung: „Das ist Deutschlands Rolle“

Update vom 8. Februar, 13.15 Uhr: „Darauf hinzuwirken, darin liegt für mich übrigens auch Deutschlands Rolle in Europa: Dabei geht es um das Führen durch das Zusammenführen“, erklärt Scholz. Das sei der Kompass der Bundesregierung, auch beim EU-Gipfel - Scholz letzte Worte in seiner Regierungserklärung.

Update vom 8. Februar, 13.08 Uhr: „Kassandra-Rufe“ mit Blick auf Europas Wettbewerbsfähigkeit seien nicht angebracht, sagt Scholz. „Europa braucht sich nicht zu verstecken“, behauptet der Kanzler mit Blick auf europäische Investitionsprogramme. Ein „ungehemmter Subventionswettbewerb“ mit den USA sei aber nicht hilfreich. Mit Washington verhandle man „partnerschaftlich, gelassen und vertrauensvoll“.

Update vom 8. Februar, 13.00 Uhr: Scholz äußert sich im Bundestag auch zur deutschen Migrationspolitik: Es baue sich ein Fachkräftemangel auf, warnt er. Das Potenzial der EU-Freizügigkeit sei begrenzt; das Land brauche fähige Frauen und Männer auch von außerhalb Europas, die „mit anpacken“.

„Zugleich ist ganz klar: Wer hier kein Bleiberecht erhält, muss Deutschland auch wieder verlassen.“ Die Ampel-Koalition habe Asylverfahren beschleunigt und die rechtlichen Hürden zur Ausweisung von Gefährdern und Straftätern gemindert. „Und nicht zuletzt werden wir legale Möglichkeiten der Migration mit klaren Erwartungen an die Herkunftsländer verknüpfen, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen, wenn diese hier kein Bleiberecht haben“, betont Scholz. Ein entsprechendes Abkommen mit Indien laufe schon „sehr erfolgreich“.

Migration Thema bei Scholz-Auftritt: EU-Asyl-Reform in greifbarer Nähe?

Update vom 8. Februar, 12.52 Uhr: „Die Ukraine liegt in Europa, ihre Zukunft liegt in der Europäischen Union - und dieses Versprechen gilt“, erklärt Scholz mit Blick auf den EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag. Aber auch Migration und die Wettbewerbsfähigkeit Europas werden Themen in Brüssel sein, kündigt der Kanzler an.

„Über eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer sind zu uns nach Deutschland geflohen“, konstatiert Scholz und richtet Dank an Helfer. „Wir lassen sie nicht allein“, fügt er hinzu. Er begrüße das geplante „Spitzengespräch“ von Nancy Faeser, gemeint ist der sogenannte Flüchtlingsgipfel.

Mit Hochdruck müsse in der EU aber auch Klarheit hergestellt werden, „wer nach Europa kommt und warum“. Nötig sei auch Grenzschutz mit Hilfe der Agentur Frontex, die Fortführung des EU-Türkei-Deals sei „richtig“. Die Verantwortung der Außengrenzenstaaten solle mit der „Solidarität der anderen verknüpft“ werden, betont Scholz. Er sei zuversichtlich, dass eine Reform des europäischen Asylsystems noch in der laufenden EU-Legislatur möglich sei.

Scholz-Erklärung im Bundestag: Kanzler erklärt drei Ukraine-„Prinzipien“

Update vom 8. Februar, 12.45 Uhr: Scholz verteidigt sein Vorgehen in der Kampfpanzer-Frage. Entscheidungen bereite man vertraulich vor und kommuniziere sie dann erst, das diene dem Zusammenhalt des Bündnisses. Schädlich sei aber ein „öffentlicher Überbietungswettbewerb“. Deutschland werde auch keine öffentliche Kritik an Partnern und Verbündeten üben.

Drei klare Prinzipien folgten aus dem Auftrag, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden: Man lasse nicht zu, dass die Friedensordnung in Europa in Frage gestellt werde, Putin dürfe „keinen Erfolg mit seinen imperalistischen Plänen haben“. „Zweitens: Wir treffen keine Entscheidung, die die Nato zur Kriegspartei werden lässt“, betont Scholz. „Putin wird seine Ziele nicht erreichen, auf dem Schlachtfeld nicht und auch nicht durch einen Diktatfrieden.“ Dritte Maßgabe sei, alles in Gleichklang mit den Partnern zu tun: „Dabei bleibt es.“

„Bei alledem behalten wir die Umsicht und die Nervenstärke, die es braucht, um abgewogen zu entscheiden“, sagt Scholz weiter. „Dafür stehe ich mit meinem Wort.“

Update vom 8. Februar, 12.40 Uhr: Olaf Scholz beginnt seine Regierungserklärung mit Worten der Solidarität für die Opfer des Erdbebens in der Türkei. „Wir sind erschüttert über so viel Leid und Zerstörung“, sagt der Kanzler. Deutschland werde helfen, das habe er auch dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in einem Telefonat versichert. Zuvor hatte auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) an die Not der Menschen im Katastrophengebiet in der Türkei und Syrien erinnert.

Eine „menschengemachte Katastrophe“ erlebe hingegen die Ukraine. Die Menschen erlebten seit „zwölf quälend langen Monaten Furcht vor neuen russischen Angriffen, Sorge und Trauer um die Liebsten, Angst um das eigene Leben.“ Zugleich gebe es die größte Fluchtbewegung in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Scholz vor brisanter Regierungserklärung: Es geht um die Ukraine – auch ein Migrations-Eklat droht

Vorbericht: Berlin/München – Oft muss sich Olaf Scholz anhören, er erkläre den Deutschen seinen Ukraine-Kurs nicht richtig. An einem Mangel an Regierungserklärungen kann das nicht liegen: Am Mittwochmittag (8. Februar) tritt der Kanzler einmal mehr zu diesem Zweck vor den Bundestag. Zuletzt hatte er das im Dezember getan. Ende Januar hatte er sich zudem einer Regierungsbefragung gestellt.

Ukraine-Krieg Thema bei Scholz Regierungserklärung: Grüne machen Druck

Anlass ist diesmal der EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag (9./10. Februar). Die Spitzen der 27 Mitgliedsstaaten beraten in Brüssel über den Ukraine-Krieg. Darum dürfte es wohl auch Scholz gehen. Beim Termin im Januar hatte er die Lieferung von Leopard-Panzern verkündet. Ähnlich große Neuigkeiten dürfte es zwar nicht geben. Aber gerade nach der langen Panzer-Hängepartie dem Eklat um „Krieg“-Äußerungen von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) wird wohl einige Aufmerksamkeit auf Scholz‘ Auftritt liegen.

„Es geht jetzt darum, Vertrauen zurückzugewinnen und die europäischen Partner zu überzeugen“, sagte der Grünen-Politiker Anton Hofreiter dem Nachrichtenportal t-online.de. „Es ist gut, dass der Kanzler endlich eine koordinierende Rolle übernimmt. Wir haben keine Zeit zu verlieren, denn eine russische Frühjahrsoffensive steht bevor.“ Eine Umfrage erbrachte zuletzt auch eher bedenkliche Ergebnisse mit Blick auf die Ukraine-Einstellungen der Menschen in Deutschland.

Scholz‘ Regierungserklärung zum EU-Gipfel: Österreich droht mit Migrations-Eklat

Möglich scheint, dass der Chef der Ampel-Koalition ein weiteres heikles Thema anspricht. Denn der EU-Gipfel wird sich auch um den Problemkomplex Migration drehen. Dabei gibt es reichlich Zündstoff. Mehrere EU-Staaten haben vorab ein gemeinsames Schreiben mit ihren Forderungen verfasst, wie Österreichs Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) der Welt sagte. „Es braucht endlich ein klares und deutliches Bekenntnis zur Verstärkung des Außengrenzschutzes und zum Einsatz entsprechender finanzieller Mittel aus dem EU-Budget dafür“, sagte er. Offenbar will Österreich notfalls die Abschlusserklärung blockieren.

Auch in Deutschland steht das Thema Migration im Blickpunkt. Ein Flüchtingsgipfel ist angekündigt. Und unter anderem aus Bayern gibt es Unmut. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) steht unter Druck - und dabei scheint noch das geringste Problem, dass die Ampel seit längerem erfolglos an einem großen europäischen Kompromiss arbeitet.

EU-Gipfel am Donnerstag: Kommt Selenskyj?

In Brüssel könnte übrigens auch Wolodymyr Selenskyj einen Besuch machen. Der Präsident der Ukraine reist schon am Mittwoch nach Großbritannien. Am Donnerstag könnte zuerst das EU-Parlament sein Ziel sein. Es gebe die „Wahrscheinlichkeit einer außerordentlichen Plenartagung in Anwesenheit des ukrainischen Präsidenten“, hatte es zuletzt geheißen. Laut einem Sprecher von EU-Ratspräsident Charles Michel ist Selenskyj auch zum Gipfel eingeladen. (fn mit Material von AFP und dpa)

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