„Zieh doch nach Moskau“: Klitschko wegen Schröder ungehalten – auch SPD-Spitze fordert nächsten Partei-Schritt
Schröder wird seit Wochen kritisiert, da er trotz des Ukraine-Krieges an seinen russischen Mandaten festhält. Jetzt fordert die SPD-Spitze seinen Austritt aus der Partei.
Berlin - Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hat dem früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder den Austritt aus der SPD nahegelegt. Zuvor hatte der Altkanzler in der New York Times ein Interview gegeben, in dem er sich unter anderem bezüglich des Massakers von Butscha äußerte und den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Schutz nahm. Auch aus der CDU kommt Kritik und die Forderung nach Schröders Parteiausschluss. Wladimir Klitschko forderte, dass Schröders Konten eingefroren werden sollten.
Russland-Beziehungen: Schröder nimmt Putin in Schutz
In einem am Samstag (23. April) veröffentlichten Artikel der New York Times hatte Schröder unter anderem dafür geworben, die Beziehungen zu Russland trotz des Angriffskrieges gegen die Ukraine aufrechtzuerhalten. Zu Details eines im März geführten Gesprächs mit Putin im Moskau äußerte sich der 78-Jährige darin nicht. „Was ich Ihnen sagen kann ist, dass Putin daran interessiert ist, den Krieg zu beenden. Aber das ist nicht so leicht. Da gibt es ein paar Punkte, die geklärt werden müssen.“ Zum Massaker im Kiewer Vorort Butscha sagt Schröder: „Das muss untersucht werden.“ Er glaube aber nicht, dass die Befehle von Putin gekommen seien, sondern von niedrigeren Stellen, zitiert die Zeitung ihn.

„Gerhard Schröder agiert seit vielen Jahren lediglich als Geschäftsmann“ - SPD-Spitze äußert Kritik
Das Niederlegen seiner Mandate bei russischen Konzernen „wäre notwendig gewesen, um sein Ansehen als ehemaliger und einst erfolgreicher Kanzler zu retten. Und diesem Rat ist er leider nicht gefolgt“, sagte Esken am Montagmorgen im Deutschlandfunk. „Gerhard Schröder agiert seit vielen Jahren lediglich als Geschäftsmann, und wir sollten damit aufhören, ihn als Elder Statesman, als Altkanzler wahrzunehmen. Er verdient sein Geld mit der Arbeit für russische Staatsunternehmen, und seine Verteidigung Wladimir Putins gegen den Vorwurf der Kriegsverbrechen ist regelrecht absurd.“ Auf die Frage, ob Schröder aus der Partei austreten sollte, sagte die SPD-Politikerin: „Das sollte er.“
Schröder ist Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft und Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Pipeline-Gesellschaft Nord Stream. Außerdem ist er im zuständigen Handelsregister nach wie vor als Verwaltungsratspräsident der Nord Stream 2 AG eingetragen. Die SPD-Spitze hat sich schon lange von Schröder distanziert. Esken und ihr Co-Vorsitzender Lars Klingbeil hatten ihn Ende Februar in einem Brief aufgefordert, seine Posten bei den Staatsunternehmen niederzulegen. Die von ihnen „zeitnah“ eingeforderte Antwort gibt es wohl noch nicht.
Altkanzler Schröder wegen Russland-Beziehung von fast allen Seiten kritisiert
Schröder steht nicht nur in seiner eigenen Partei massiv in der Kritik. Trotz des eskalierten Ukraine-Konflikts hält der Altkanzler an seinen Posten bei russischen Institutionen fest und verteidigt Putin, wo es ihm möglich ist. Der Bürgermeister Kiews, Vitali Klitschko, sagte der Bild Zeitung: „Angesichts seiner Propaganda für den Kreml fragt man sich, warum Schröder in Hannover wohnt und nicht in Moskau. Wenn er weiter für Mörder arbeitet, kann man nur sagen: Zieh doch nach Moskau!“ Zudem forderte Klitschko, dass Schröders Konten eingefroren werden sollten und er auf die amerikanische „No-Fly-List“ gesetzt werden solle.
Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst warb öffentlich für einen Parteiausschluss des ehemaligen Bundeskanzlers. Bei Bild-TV forderte der CDU-Politiker Folgen nach dem Interview in der New York Times. Er forderte die SPD-Spitze dazu auf, ihren Worten Taten folgen zu lassen. Zudem meinte Wüst: „Wir sollten klar festlegen, dass es die Versorgung für die Altkanzler und auch ehemalige Bundespräsidenten nur geben kann, wenn man nicht noch von anderen Staaten Geld bekommt.“ Wüst befindet sich gerade im Wahlkampf. Am 15. Mai finden Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen statt.
Russland-Beziehungen: AfD-Mann stellt sich hinter Schröder
Unterstützung bekam der ehemalige Bundeskanzler unter anderem vom AfD-Abgeordneten Martin Reichardt. Dieser attestierte Schröder nach den Äußerungen in seinem Interview auf Twitter „nüchterne Interessenspolitik“, die dem AfD-Politiker zufolge das Gebot der Stunde sein soll. (lp/dpa)