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Großer Schul-Plan? Söder spricht plötzlich von „deutschem Traum“ - und kassiert zugleich Grünen-Schelte

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Von: Florian Naumann

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Markus Söder mit Maske.
In einer Pressekonferenz äußerte sich Markus Söder zur Lockdown-Verlängerung im Freistaat. © Peter Kneffel/dpa

„Deutschland soll ein Traum sein“, sagt Markus Söder - der Corona-Manager wird beim Thema Schulen plötzlich grundsätzlich. Ist das „S“ in „CSU“ nun die Maßgabe?

München/Berlin - Die Schulen stehen in der Corona-Pandemie zumindest in den letzten Wochen stark im Fokus: Die Öffnungen wurden auch in Bayern heiß diskutiert. Doch für Ministerpräsident Markus Söder (CSU) reichen die Probleme offenbar weit über die Frage Präsenz- oder Heim-Unterricht hinaus.

Er hat am Dienstagabend sehr grundsätzliche Bildungsfragen aufgeworfen - in sehr staatstragender, beinahe kanzlerhafter Größenordnung. In einem Talk der Bild deutete Söder an, zuletzt habe sich in Deutschland ein „Traum“ vom sozialen Aufstieg zumindest „verschoben“.

Corona: Söder hält plötzlich flammend-soziales Schul-Plädoyer - „Deutschland soll auch so ein Traum sein!“

In der um Fragen von zugeschalteten Kindern aufgebauten Sendung sprach Söder den Eltern zunächst ein Lob für ihren Einsatz in der Pandemie aus. Er betonte aber zugleich, am Bildungserfolg der Kinder sei gerade in der Pandemie auch abzulesen, welche Eltern sich in der Unterstützung ihrer Kinder „dahinterklemmen“ können.

Deutschland soll auch so ein Traum sein, ein Traum, dass jeder es schaffen kann. Das war mal so, jedes Kind konnte es schaffen, auch wenn es nicht aus einer reichen Familie war. Das hat sich verschoben.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder denkt über die soziale Dimension von Bildung nach.

Im Ergebnis der Corona-Krise müsse man Wege finden, „Hilfestellung zu leisten“, konkret für Kinder von Eltern, die diese Extra-Unterstützung für ihre Sprösslinge „einfach nicht können, sei es sprachlich, oder aus bildungsferneren Schichten, oder beruflich“, erklärte Söder. Das solle mit pädagogischen Konzepten passieren, ohne den schulischen Druck zu erhöhen, räsonierte der CSU-Chef.

„Deutschland soll auch so ein Traum sein, ein Traum, dass jeder es schaffen kann“, sagte Söder und fügte an. „Das war mal so, jedes Kind konnte es schaffen, auch wenn es nicht aus einer reichen Familie war. Das hat sich verschoben und daran müssen wir arbeiten.“ Der bayerische Regierungschef stellte allerdings auch klar, es gehe ihm nicht um eine Abschaffung des Notensystems, sondern um „Sozialarbeit und Bildungsideen, die über das klassische Abfragemuster hinaus gehen“.

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Überraschend ist der Vorstoß durchaus auch, weil Söder an eine eher sozialdemokratische Tradition anzuknüpfen scheint: SPD-Kanzler Willy Brandt hatte einst „Bildung für alle“ als Maßgabe ausgerufen.

Söder stellte in dem Live-Stream auch klar, die schulische Bildung habe für ihn in der Corona-Krise höchste Priorität - Kinder seien schließlich „die Zukunft“. Doch genau an dieser Selbstdarstellung äußerten am Dienstag die Landtags-Grünen angesichts der jüngsten Lockerungspläne herbe Zweifel.

„Wenn man das ‚Kinder und Jugendliche haben Vorrang‘ ernst nimmt, hätten z.B. die außerschulischen Sportangebote für die Kleinsten mit Hygienekonzept vor den Baumärkten geöffnet werden müssten“, twitterte Fraktionschefin Katharina Schulze. Die bayerische Grüne-Bundestagsabgeordnete Manuela Rottmann übte Fundamentalkritik. „Das soll die ‚intelligente Öffnungsmatrix‘ sein?!? Im Ernst, Markus Söder, das ist nicht mal Stufenplan primitivo“, feuerte sie aus Berlin Richtung Staatskanzlei. Für seine Öffnungspläne war der CSU-Chef zuletzt auch parteiintern vielstimmig kritisiert worden.

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Söder gab in dem Bild-Gespräch auch Einblicke in sein Privatleben als Vater von vier Kindern. Er sei Teil einer eher „modernen Familie“, sagte der Ministerpräsident - er und Ehefrau Karin arbeiteten eher mit „Incentives“ als mit Strafen, erklärte er.

Ob nach der Bundestagswahl ein beruflicher Umzug nach Berlin auch Söders Familienleben beeinflussen wird, scheint indes weiter offen. Einerseits gibt es in der CSU Befürchtungen, Parteichef Armin Laschet überlasse dem Bayern in der Pandemie zu sehr das Feld - und auch die Rede von einem „deutschen Traum“ könnte nun für große Ambitionen gesprochen haben.

Andererseits: Schulpolitik ist in Deutschland ganz überwiegend Ländersache. Und Söder betonte auch am Dienstag erneut sein Glück in der Staatskanzlei. Mehr als Chef von Bayern „geht ja fast nicht“, sagte er auf eine Kinderfrage. Die bundesweiten Umfragen legten allerdings zuletzt durchaus die Option auf ein „mehr“ nahe. (fn)

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