Söder plant wieder Alleingang Bayerns - Schulen sind betroffen - SPD greift CSU-Chef an
Markus Söder will wieder einen Alleingang Bayerns bei den Corona-Maßnahmen. In der Koalition bröckelt derweil der Corona-Friede: Kurz hintereinander greifen mehrere SPD-Politiker den CSU-Vorsitzenden an.
- Koalitions-Krach wegen Corona*: Die SPD greift CSU-Chef Markus Söder* an.
- Die SPD hält den bayerischen Ministerpräsidenten für „selbstverliebt“.
- Dieser plant in Bayern schon wieder einen Alleingang - bei den Schulen und an Silvester.
- Es wird nach Informationen des Münchner Merkurs* Wechselunterricht an Schulen für ältere Schüler, strengere Kontaktregeln an Silvester und mögliche Ausgangssperren betreffen.
München/Berlin - Es sind mal wieder diese Halbsätze bei Markus Söder. Andeutungen in einem seiner vielen Interviews, könnte bei anderen auch nur so dahingesagt sein. Man müsse sich „sehr grundlegend überlegen“, was mit den Hotspots zu machen sei, „aber nicht nur da“, lässt der Ministerpräsident also am Freitag fallen. Es sei „ganz wichtig, dass man auch noch mal über den Schulunterricht“ nachdenke. Beim Lockdown „lieber nachschärfen, konsequenter sein“, sagt er.
Was Söders Halbsätze erahnen lassen, aber nicht konkret verraten: Es wird exakt das kommen, und zwar sehr schnell. Für Sonntagmittag trommelt der Ministerpräsident überraschend sein Kabinett zusammen. In einer Videoschalte soll der Ministerrat die Corona-Maßnahmen in Bayern noch mal deutlich verschärfen. Weil die bisherigen Teile des „Lockdown light“ zwar die Infektionszahlen gebremst, aber nicht gesenkt haben, soll es nun auch um die Schulen gehen.
Corona in Bayern: Söder plant Alleingang Bayerns - Schulen sind betroffen
Details sind offen, weil Söder nicht über die Köpfe des eh schon skeptischen Koalitionspartners Freie Wähler hinweg entscheiden kann. Aus seinen Andeutungen und manchem Hinweis aus dem Kabinett lässt sich aber sein Ziel ablesen. Im Lauf der Woche soll an den weiterführenden Schulen in Bayern auf Wechsel- oder Hybridunterricht umgestellt werden: Dann ist jeweils nur eine Hälfte der Klasse an der Schule, der Rest lernt – bestenfalls live – von zuhause aus mit.
Bisher gilt dieses Modell nur in Hotspots ab einer 200er-Inzidenz, etwa Nürnberg und Augsburg. Weil die Infektionszahlen bei älteren Schülern aber sehr hoch sind, will Söder das ausweiten. Ab der achten Klasse ist das im Gespräch, vielleicht werden Abschlussklassen ausgenommen. In seiner eigenen CSU-Fraktion würde Söder dafür Unterstützung bekommen; die Freien Wähler, die den Kultusminister stellen – der für die Defizite beim Hybridunterricht mitverantwortlich gemacht würde –, sind da skeptischer. Womöglich wollen sie das weiter an hohe Inzidenzen koppeln.
Corona-Maßnahmen in Bayern: Strengere Regeln für Silvester?
Sicher ist für Beobachter, dass Söder bei Silvester nachschärft und die Kontakte auf fünf begrenzt, um Partys zu verhindern. Verhandeln will er am Wochenende in der Koalition zudem über nächtliche Ausgangssperren wie in Hotspots in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz (21 bis 5 Uhr). Dafür gibt es nur wenige Ausnahmen – Beruf, Arztbesuch, hilfsbedürftige Verwandte, Gassi gehen.
Ob es beim Handel weitere Schritte gibt, ist in der Koalition ungewiss – Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger ist auch nach mehreren Gesprächen mit Söder strikt dagegen. Auch hier liefert Baden-Württemberg wieder Vorlagen: Zumindest in Hotspots ab 200 müssen dort Friseure schließen, im Einzelhandel sind Rabattaktionen verboten, bei denen „ein größerer Zustrom von Menschenmengen erwartet werden kann“. Märkte, die nicht der alltäglichen Versorgung dienen, werden abgesagt. Aiwanger ist hier sehr skeptisch.
Corona-Maßnahmen: Söder plant weiteren bayerischen Sonderweg - SPD greift CSU-Chef an
Söder plant jedenfalls für Sonntag eindeutig einen weiteren bayerischen Sonderweg, ob an der Seite Baden-Württembergs oder nicht. Der Preis dafür ist Murren in der Berliner Koalition. Dort wächst bei der SPD der Unmut über Söders Doppelrolle, in Berlin die Ministerpräsidenten mit zu koordinieren und in München die Kompromisse dann zu verschärfen. Diese Woche hatte man ja noch per Video ausgemacht, den Lockdown unverändert bis 10. Januar zu verlängern.

Aus der SPD kommt überraschend schroffe Kritik an Söder. Rolf Mützenich, der sonst sehr höflich auftretende Fraktionschef im Bundestag, teilt in einem Interview der Rheinischen Post mit, er sei „überrascht, wie theatralisch und selbstverliebt der bayerische Ministerpräsident nach der Ministerpräsidentenkonferenz schon wieder aufgetreten ist“. Söder solle sich mehr um Bayern und die sehr hohen Infektionszahlen dort kümmern, statt „von bundesweit unausgegorenen Maßnahmen zu fabulieren“.
Aus der CSU kommt darauf eine nicht minder schroffe Reaktion. CSU-Generalsekretär Markus Blume sagt gegenüber unserer Zeitung: „Sicherheit und Gesundheit stehen an erster Stelle“, die Zahlen müssten nach unten. „Wenn Herr Mützenich aus seinem politischen Tiefschlaf aufwacht, sollte er sich erst mal bei seinen SPD-Ministerpräsidenten erkundigen, wie ernst die Lage wirklich ist.“ *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.