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Nationalisten üben in Koblenz den Schulterschluss

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Tagung der rechtspopulistischen ENF-Fraktion
Ließen sich in Koblenz feiern: Geert Wilders, Marine Le Pen und Frauke Petry. © dpa

Koblenz - „Merkel muss weg“ rufen sie bei Pegida. Beim Treffen der Rechtspopulisten in Koblenz ertönt der gleiche Slogan. Rückenwind gibt den Teilnehmern der Sieg von Donald Trump.

Update vom 7. März 2017: Am 15. März wählen die Niederlande ein neues Parlament. Wird die PVV von Geert Wilders stärkste Partei? Kann er Ministerpräsident werden? Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zur Wahl 2017 in den Niederlanden zusammengefasst.

Es beginnt pompös. Blaue Lichtblitze zucken über die Bühne der Koblenzer Rhein-Mosel-Halle, während die Spitzenpolitiker der europäischen Rechtspopulisten zu Klassik-Pop-Klängen an den Stuhlreihen vorbeischreiten. Ganz vorne: die französische Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen und die AfD-Vorsitzende Frauke Petry.

Die Organisatoren haben die Nationalflaggen der EU-Mitgliedstaaten in dem bläulich beleuchteten Saal aufgehängt. Die britische Flagge ist auch dabei. Und auch das schweizerische weiße Kreuz auf rotem Grund. Fast könnte man meinen, dies hier sei eine ganz normale europäische Veranstaltung. Wenn nur nicht die eine Flagge fehlen würde, die blaue mit den gelben Sternen.

Der Kongress der EU-Parlamentsfraktion „Europa der Nationen und der Freiheit“ (ENF) ist ein Treffen voller Symbolik. Wer ist drinnen, wer ist draußen? Einige Journalisten waren explizit ausgeladen worden. In der Halle klopfen sich die Rechtsausleger gegenseitig auf die Schultern. Draußen rufen 5000 Demonstranten und Politiker der etablierten Parteien ihre Wut über das Treffen am Deutschen Eck in die kalte Winterluft, radikale Linke ebenso wie Kirchenvertreter und CDU-Lokalpolitiker.

FPÖ-Mann verspottet Demonstranten

Le Pen und Petry: FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky nennt sie „unsere beiden Powerfrauen“. Jeden, der sich mit beiden anlegen will, warnt er in bester Macho-Rhetorik, dass „mit uns nicht gut Kirschen essen ist“.

Vilimsky gefällt, wie das Drinnen und Draußen verteilt ist, dass die Demonstranten und mit ihnen protestierenden Politiker zwischen den Absperrgittern der Polizei stehen, während er oben auf der Bühne eine Rede hält. Der Österreicher genießt den Moment. Er reißt Witzchen, sagt, es sei „ein schönes Bild“ diese Menschen „hinter Gittern“ zu sehen. Und: „Ich bin aus Tierschutzgründen gegen die Käfighaltung.“ Gelächter. So funktioniert wohl das, was Politologen „Populismus“ nennen. Der Begriff ist für einige der Teilnehmer dieses Kongresses kein Schimpfwort, sondern ein Gütesiegel.

Trump als Vorbild

Der Wahlsieg des US-Präsidenten Donald Trump hat den europäischen Rechtspopulisten Mut gemacht. Er beflügelt sie geradezu. „Gestern ein neues Amerika, heute ein neues Koblenz und morgen ein neues Europa“, jubelt der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders. Er sprach von einem „patriotischen Frühling“.

Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry erklärte am Samstag, in den USA habe Trump „einen Weg aus einer Sackgasse“ gewiesen - und „genauso wollen wir das für Europa tun“.

Die Chefin der rechtsextremistischen französischen Partei Front National, Marine Le Pen, zeigte sich bei ihrem ersten Auftritt in Deutschland erleichtert über eine Annäherung zwischen Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, die sich ihrer Ansicht nach abzeichnet. 

Einige der Punkte, die Trump in seiner ersten Rede als Präsident angesprochen habe, zeigten Gemeinsamkeiten „mit dem, was wir sagen“. Nach der britischen Brexit-Entscheidung und der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten werde 2017 „das Jahr des Erwachens der Völker von Zentraleuropa“ sein. Die Etappe, in der die Nationalisten in Europa Randgruppen gewesen seien, sei nun beendet. In der nächsten Etappe gehe es darum, an den Urnen Mehrheiten zu holen.

Gemeinsame Attacken gegen Merkel

Mit dem Slogan „Europa braucht Frauke statt Angela“ löste Wilders vor allem bei den AfD-Teilnehmern des Kongresses Begeisterungsstürme aus. Sie skandierten den Slogan gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der von den Demonstrationen des islamfeindlichen Pegida-Bündnisses bekannt ist: „Merkel muss weg, Merkel muss weg.“

Le Pen - vom Moderator der Veranstaltung, einem AfD-Mann, als „Frau mit dem schönsten Lächeln Frankreichs“ angekündigt - machte unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für eine "tagtägliche Katastrophe" in der Flüchtlingspolitik verantwortlich. Merkel werde in französischen Medien wegen der Aufnahme von Flüchtlingen als humanitäre Heldin Europas bezeichnet, aber „man fragt die Deutschen nicht, wie sie diese Einwanderungspolitik finden“,

Den Aufstieg der europäischen Rechten stellte sie als Antwort der Bürger auf ein Diktat liberaler Eliten dar. Ihren Anhängern rief sie zu: „Wir erleben das Ende einer Welt und die Geburt einer neuen.“

Der Chef der fremdenfeindlichen italienischen Lega Nord, Matteo Salvini, , forderte ein schnelles Ende des Euro. Der europäischen Politik warf Salvini vor, mit der Aufnahme von Flüchtlingen Terror und Islamisierung zu fördern. „Jemand muss unsere Leute vor dem islamischen Terrorismus schützen, der die für die Politik der Europäischen Union und Frau Merkel nützliche Masseneinwanderung benutzt, um zu behaupten, dass Europa ihnen gehört. Europa ist nicht islamisch. Europa ist unser Haus“, sagte Salvini, dessen Partei in Umfragen in Italien bei ungefähr 15 Prozent rangiert. „Ein neues Europa ist möglich“, sagte Salvini auf Deutsch. „Bye Bye Angela Merkel and Good Luck Frauke Petry“, fügte er hinzu.

Petry fordert „geistig-moralische Wende“

Petry, die dieses Jahr ihr fünftes Kind erwartet, ist die letzte Rednerin, die vor der Mittagspause die Bühne betritt. Sie zitiert Friedrich Nietzsche, verzichtet auf Stammtisch-Parolen und gibt sich betont seriös. Die Botschaft, die sie mitgebracht hat, ist dennoch brisant. 

Die AfD-Frau zeichnet das Bild eines Staates, der hinter seiner liberalen Fassade versucht, die Bürger mit hinterhältigen Strategien aus der Verhaltensforschung umzuerziehen. Auch durch diese Art der Manipulation seien die Freiheit des Individuums und die kulturellen Errungenschaften der europäischen Staaten bedroht, sagte Petry. "Die heutige Gehirnwäsche ist viel smarter als die einstige sozialistische Propaganda", fügte die ehemalige DDR-Bürgerin Petry hinzu.

Technokraten und "Sozial-Ingenieure" würden behaupten, es sei ewiggestrig und unmodern, an seinen Sitten und Traditionen festzuhalten, "zumindest wenn man ein weißer Europäer ist", sagte die Parteichefin unter dem Jubel der rund 1000 Anwesenden. Sie forderte eine "geistig-moralische Wende"

Petry: Müssen Europa neu denken und gestalten

Zudem prangerte sie zentralistische Tendenzen in der Europäischen Union an und rief dazu auf, Europa neu zu "denken" und neu zu "gestalten: friedlich, frei souverän und subidiär". Die AfD-Vorsitzende fügte hinzu, nationale Identität und europäischer Geist seien "mitnichten ein Widerspruch."

Petrys Ehemann, der nordrhein-westfälische AfD-Vorsitzende Marcus Pretzell, ist der erste Redner bei dieser Veranstaltung. Er bezeichnet Israel als Vorbild für Europa, „in der Form, wie man mit dem Islam umgeht“. Vor Beginn des ENF-Kongresses hatten Holocaust-Überlebende mit Blick auf die von ihm organisierte Veranstaltung vor einer Rückkehr des Faschismus gewarnt.

dpa

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