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Nato-Start in zwei Wochen? Geheimdienst warnt Schweden – Forscher erklärt Szenarien für Cyber-Attacken

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Von: Florian Naumann

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Sanna Marin (Finnland, li.) und Magdalena Andersson (Schweden, re.) am Dienstag mit Kanzler Olaf Scholz in Meseberg.
Sanna Marin (Finnland, li.) und Magdalena Andersson (Schweden, re.) am Dienstag mit Kanzler Olaf Scholz in Meseberg. © John MacDougall/AFP

Erneut ist von einem Nato-Blitzstart für Schweden und Finnland die Rede. In Stockholm wächst aber auch die Sorge vor russischen Störfeuern. Ein Forscher sieht eher milde Szenarien.

Stockholm/Meseberg – Finnland und Schweden befinden sich allem Anschein nach auf dem Weg Richtung Nato-Beitritt. Der könnte nach Ansicht von Experten allerdings noch steinig werden: Der schwedische Inlandsgeheimdienst Säkerhetspolis (Säpo) warnt vor Störfeuern aus Moskau. Ziel könne es sein, Schwedens Haltung noch zu verändern, ließ Säpo-Chefin Charlotte von Essen Ende April mitteilen.

Auf was sich die Schwedinnen und Schweden einstellen müssen, erklärte von Essen nicht im Detail. Auf unterschiedlichen Wege könne der Kreml versuchen, Medien, Meinungsbilder und Entscheidungsträger zu beeinflussen, hieß es lediglich. Deutlicher wurde nun Experte David Lindahl vom Schwedischen Forschungsinstitut der Verteidigung: Er hält nicht zuletzt Cyber-Attacken für denkbar. Lindahl empfahl der Bevölkerung in einem Interview mit dem öffentlich-rechtlichen Sender SVT, Vorräte „für 72 Stunden“ anzulegen – dämpfte zugleich aber auch Ängste vor allzu großen Konsequenzen.

Schweden in der Nato? Störfeuer aus Russland möglich – Experte gibt Einschätzung ab

„Wir müssen davon ausgehen, dass der Strom ausfällt, dass Wasser verunreinigt wird oder dass wir zwischenzeitlich auf das Internet verzichten müssen“, erklärte der Forscher und Ingenieur. Vergleichsweise wahrscheinliche Szenarien seien auch Störungen an Geldautomaten oder in Geschäften; vermutlich werde das aber nicht ganze Branchen betreffen.

Panik sei nicht geboten, ließ Lindahl bei SVT durchblicken. Die „absolut schlimmsten“ bekannten Folgen von Cyberangriffen seien mit den Folgen eines „heftigen Sturms“ vergleichbar. „Ich glaube nicht an einen ‚Cyber-Kollaps‘ der Gesellschaft“, betonte er: „Wenn überhaupt, glaube ich an Irritationen und finanzielle Kosten.“ Vor gut zwei Wochen hatte sich auch andere schwedische Experten angesichts von Drohungen des Kreml gelassen gegeben. Auch sie rechneten eher mit symbolischen Akten oder Attacken im Cyber-Raum. In Russland liefen zuletzt Diffamierungskampagnen gegen schwedische Berühmtheiten wie die verstorbene Kinderbuchautoren Astrid Lindgren.

„Das kommt darauf an, ob sie glauben, dass sie uns von einem Natobeitrittsgesuch abhalten können, indem sie uns ängstigen, oder ob sie glauben, dass ein Beitritt wahrscheinlicher wird, wenn sie uns ängstigen.“

Forscher David Lindahl auf die Frage nach der Wahrscheinlichkeit russischer Cyberattacken auf Schweden

Lindahl zufolge ist bereits die grundsätzliche Wahrscheinlichkeit russischer Cyberangriffe schwer einzuschätzen. „Das kommt darauf an, ob sie glauben, dass sie uns von einem Natobeitrittsgesuch abhalten können, indem sie uns ängstigen, oder ob sie glauben, dass ein Beitritt wahrscheinlicher wird, wenn sie uns ängstigen“, urteilte der Experte. Das Forschungsinstitut hatte sich bereits 2017 für eine Art „Cyberwehr“ aus Freiwilligen als Vorbereitungsmaßnahme gegen Attacken im digitalen Raum ausgesprochen.

Schweden und Finnland: Im Ukraine-Konflikt auf Nato-Kurs – Blitzstart-Berichte aus Norwegen

Die norwegische Boulevardzeitung VG berichtete unterdessen unter Berufung auf Diplomatenkreise, bereits in zwei Wochen könne der Beitrittsprozess für Schweden und Finnland offiziell Realität werden. Dann seien formelle Beitrittsgesuche und Einladungen denkbar. Der Stab von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg arbeite mit den Nato-Mitgliedsländern an einem möglichst schnellen Prozess.

Erwartet werde zugleich, dass je Land ein formelles Verhandlungstreffen stattfinde, um Details zu klären. Im Anschluss wäre aber auch die offizielle Zustimmung aller 30 Nato-Länder für einen Beitritt nötig. Dieser Prozess könnte dem Bericht zufolge Monate beanspruchen. Norwegens Regierungschef Jonas Gahr Støre zeigte sich im Gespräch mit VG aber optimistisch. Wenn der Nato-Rat Schweden und Finnland willkommen heiße und die großen Länder das auch mit Nachdruck täten, sei ein Grundstein gelegt, erklärte er. Die Unterstützung Norwegens sei sicher, ließ Gahr Støre durchblicken.

Norwegen ist Gründungsmitglied der Nato. Die skandinavischen Nachbarländer Finnland und Schweden waren hingegen lange aus Überzeugung dem Militärbündnis ferngeblieben. Zuletzt änderte sich aber die Stimmung in Stockholm und Helsinki. Die beiden Staaten könnten nun die Nato-Mitglieder Nummer 31 und 32 werden. Jüngste Neuzugänge waren zuvor Nordmazedonien Anfang 2020 und Montenegro im Frühling 2017. (fn)

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