Schweizer soll deutsche Steuerfahnder ausspioniert haben

Bern - War er in Sachen Steuerdaten als Doppelagent tätig? Gegen den unter Spionageverdacht in Deutschland festgenommenen Schweizer wird Medienberichten zufolge auch in der Schweiz ermittelt.
Dem 54-Jährigen werde vorgeworfen, vermeintliche Schweizer Bankdaten an Deutsche verkauft zu haben, wie sein Schweizer Anwalt Valentin Landmann am Montag dem Schweizer Fernsehen SRF sagte. «Daniel M. wurde damals in einer Agent-Provocateur-Aktion von Deutschen angesprochen und ist bis zu einem gewissen Grad auf diese Angebote eingegangen.» Sein Mandant habe aber keinerlei gültige Bankdaten aus der Schweiz geliefert. Als Agent Provokateur wird jemand bezeichnet, der - meist im Auftrag eines Staates - Dritte zu rechtswidrigen Handlungen animieren soll.
Zu den Vorwürfen in Deutschland sagte der Anwalt: «Daniel M. wird beschuldigt, für den schweizerischen Nachrichtendienst deutsche Steuerfahnder ermittelt zu haben, die illegal in der Schweiz tätig waren. Und zwar im Zusammenhang mit der Affäre um CDs mit Schweizer Bankdaten, die an deutsche Steuerbehörden verkauft worden sein sollen.»
Ob der Schweizer Nachrichtendienst NDB tatsächlich der Auftraggeber war, sagte der Anwalt nicht, aber: «Daniel M. hat solche Ermittlungen mit Sicherheit nicht aus Hobbygründen getätigt.» Sein Mandant sei als Sicherheitsberater vor allem im Finanzbereich tätig.
Am Dienstag war die Botschafterin der Schweiz zu einem Gespräch ins Auswärtige Amt gebeten worden. Aus dem Außenministerium in Berlin hieß es, auf Bitten von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) habe Staatssekretär Walter Lindner mit der Diplomatin gesprochen. Er habe "im Interesse der deutsch-schweizerischen Freundschaft Aufklärung über den Fall" erbeten.
Strafverfahren eröffnet
Die Bundesanwaltschaft hatte die Festnahme des Schweizers "wegen mutmaßlicher geheimdienstlicher Agententätigkeit" für "den Geheimdienst einer fremden Macht" am Freitag mitgeteilt, sich aber nicht zu den Hintergründen geäußert. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sprach von einem Skandal, sollten die Vorwürfe sich bewahrheiten.
Mehrere Bundesländer, darunter Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, hatten seit Januar 2006 sogenannte Steuersünder-CDs aus der Schweiz und Liechtenstein gekauft. Dies sorgte für Verstimmungen in den Beziehungen zwischen Deutschland und der Schweiz.
Die Schweizer Bundesanwaltschaft bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass 2015 ein Strafverfahren wegen des Verdachts des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes gegen den Mann eröffnet wurde. Zum Stand des laufenden Verfahrens gab es keine Stellungnahme.
dpa/afp