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Kommentar: Ein bisschen Frieden für die CSU

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Von: Georg Anastasiadis

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Merkur-Chefredakteur Georg Anastasiadis © Klaus Haag

Das hat die bayerische Staatspartei fein hingekriegt: Sie zwingt die beiden Erzfeinde Horst Seehofer und Markus Söder in eine Schicksalsgemeinschaft. Geht das gut?  Ein Kommentar von Merkur-Chefredakteur Georg Anastasiadis.

München - Jede Partei geht anders mit Wahlniederlagen um: Die CDU trottet mürrisch hinter ihrer Ich-wüsste-nicht-was-ich-anders-machen-sollte-Chefin Angela Merkel her. Die SPD dreht sich immerfort im Kreis und bejammert ihr Schicksal, jetzt doch regieren zu sollen. Und die CSU? Feuert ihren Ministerpräsidenten, zieht den Kampfanzug an und zieht in die Schlacht um die Verteidigung ihrer heiligen Mehrheit. Gäbe es einen Demokratie-Preis, wo das Wort des Wählers noch etwas bewirkt – er ginge nach Bayern.

Mit der Doppelspitze Seehofer-Söder hat die CSU nach langem Gezeter die wohl aussichtsreichste Formation gefunden: In Berlin muss ihr verschlagenster Fuchs Horst Seehofer Beute machen. Und in München fällt dem 18 Jahre jüngeren Markus Söder die enorm schwierige Aufgabe zu, die demokratische Rechte wieder in die Volkspartei CSU zu integrieren, ohne dabei den liberal und christlich gesinnten Flügel zu verlieren. Klar ist: Die Landtagswahlwahl 2018 gewinnt nicht, wer Angela Merkel am weitesten in die linke Mitte folgt. Sondern wer es schafft, das bürgerliche Lager, das in Bayern traditionell zwei Drittel der Stimmen auf sich vereinigt, für sich zu mobilisieren und den Aufstieg der AfD zu stoppen. Dafür bietet Söder zwar nicht die Gewähr. Aber immerhin eine reelle Chance.

Söder muss sich anpassen

Viele in der Partei und außerhalb werden Söder in den nächsten Monaten nicht mehr wiedererkennen. Der Polarisierer muss, will er nicht scheitern, zum Teamspieler und Versöhner werden und Schwergewichte wie Joachim Herrmann, Ilse Aigner und Manfred Weber umarmen. Er muss, nachdem er in einem Kampf auf Biegen und Brechen die Partei unterworfen hat, viele zutiefst skeptische Bürger davon überzeugen, dass er trotz seiner Rauhbeinigkeit den charakterlichen Anforderungen des neuen Amts gerecht wird. Und er muss ein Arbeitsverhältnis mit Seehofer aufbauen, das so belastbar ist, dass es alle Berliner Versuche, die CSU zu spalten, übersteht. Das Schicksal – oder die Klugheit der Partei – hat die Erzfeinde in einer Doppelspitze aneinandergekettet und damit auch die beiden großen widerstrebenden Lager in einem Friedensprojekt vereint: Söder und Seehofer gewinnen entweder gemeinsam. Oder sie gehen gemeinsam unter – und mit ihnen die CSU.

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