Update vom 19. Oktober, 17.20 Uhr: Der russische Präsident Wladimir Putin nennt seinen als „militärische Spezialoperation“ bezeichneten Angriff auf die Ukraine zwar immer noch nicht Krieg. Er verhängt aber nun in den vier annektierten Regionen den Kriegszustand – unter anderem mit der Begründung, dass vor der Annexion dort ja das ukrainische Kriegsrecht gegolten habe. Kiew reagierte bereits auf die Entscheidung des Kreml und betonte, sie ändere nichts an der aktuellen Situation.
Dennoch wird sich das Kriegsrecht schwer auf das Leben der ukrainischen Bevölkerung auswirken. Das russische Kriegsrecht ist mit massiven Einschränkungen für die persönlichen Freiheiten verbunden. Der russische Menschenrechtsanwalt Pawel Tschikow skizzierte nun die Konsequenzen, die das Kriegsrecht mit sich bringen könnte.
Tschikow und andere Experten betonen zudem, dass im Zusammenhang mit dem Kriegsrecht im Grunde alle Regionen Russlands in der einen oder anderen Weise betroffen sein könnten. Der Kriegszustand zieht Kreml-Angaben zufolge nach sich, dass die Bewachung von militärischen und anderen staatlichen Objekten weiter verschärft wird. Besonders geht es demnach um die Sicherung der öffentlichen Ordnung, also um den verstärkten Schutz etwa von Verkehrs- und Kommunikationswegen sowie Energieanlagen.
Zudem können Evakuierungen angeordnet werden, um Menschen in sichere Regionen umzusiedeln. Bürger können auch zur Unterstützung bei Verteidigungsaufgaben herangezogen werden, um etwa Kriegsschäden zu beseitigen, wie der Jurist Tschikow ausführt. Menschenrechtler befürchten, dass sich die schwierige Lage in den betroffenen ukrainischen Regionen, die schon bisher unter Kriegsrecht lebten, weiter verschärft, weil die Behörden größere Machtbefugnisse besitzen.
Update vom 19. Oktober, 15.55 Uhr: Der von Wladimir Putin verhängte Kriegszustand in den russisch annektierten Gebieten verändert für die Ukraine nach eigenen Angaben nichts am aktuellen Kriegsgeschehen. Kiew will die Rückeroberung der besetzten Gebiete nach wie vor fortsetzen, hieß es am Mittwochnachmittag vom Berater des ukrainischen Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak.
„Die Einführung des Kriegsrechts in den besetzten Gebieten durch die Russische Föderation sollte nur als Pseudolegitimierung der Plünderung des Eigentums der Ukrainer“ betrachtet werden, schrieb er am Nachmittag auf Twitter. Die Ukraine werde die Befreiung der von Russland besetzten Territorien fortsetzen.
Update vom 19. Oktober, 13.54 Uhr: Wladimir Putin verhängt das Kriegsrecht in den russisch annektierten Gebieten Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja in der Ukraine. „Ich habe ein Dekret zur Einführung des Kriegsrechts in diesen vier Teilen der Russischen Föderation unterzeichnet“, sagte Putin während einer im Fernsehen übertragenen Sitzung des russischen Sicherheitsrats am Mittwoch. Wie aus einem vom Kreml veröffentlichten Dekret hervorgeht, tritt der Beschluss ab Donnerstag in Kraft.
Mit dem Kriegsrecht gehen erweiterte Machtbefugnisse für die russischen Besatzungsverwaltungen in den Gebieten einher. Außerdem können Bewohner nun zur Arbeit in der Rüstungsindustrie gezwungen oder an Reisen gehindert werden. Möglich sind dem Dekret zufolge jetzt auch offiziell die Einführung von Militärzensur oder das Abhören privater Telefongespräche.
Die Verhängung des Kriegsrechts begründete Putin damit, dass Kiew es ablehne, die Ergebnisse der im September abgehaltenen Abstimmungen über einen Beitritt zu Russland anzuerkennen. „Im Gegenteil, der Beschuss geht weiter. Unschuldige Menschen sterben“, sagte Putin. Seiner Darstellung zufolge sind Rückeroberungsversuche der Ukraine nun Angriffe auf russisches Staatsgebiet. Ähnliches hatte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow schon am Dienstag angedeutet.
Update vom 19. Oktober, 13.29 Uhr: Die EU will mit neuen Sanktionen gegen den Iran auf den russischen Einsatz iranischer Drohnen in der Ukraine reagieren. Bereits beim Treffen der EU-Außenminister Anfang der Woche habe es „ernste Besorgnis über die wachsende Zahl von Berichten über die Beteiligung iranischer Drohnen an den russischen Angriffen auf die Ukraine“ gegeben, sagte eine Sprecherin des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell am Mittwoch in Brüssel. Nun, da man genügend Beweise dafür gesammelt habe, arbeiteten die Mitgliedstaaten an einer schnellen und entschlossenen Reaktion.
Erstmeldung: Moskau - Russland will die vier annektierten ukrainischen Gebiete offenbar notfalls auch mit Atomwaffen verteidigen. Das sagte Dmitri Peskow, Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, laut der britischen Zeitung The Telegraph am Dienstag (18. Oktober).
Ein Journalist hatte Peskow dem Bericht zufolge gefragt, ob die annektierten Regionen unter Russlands atomarem Schutzschirm stünden. „Für ihre Sicherheit ist auf gleichem Niveau gesorgt wie für das übrige russische Territorium“, soll der Kreml-Sprecher darauf entgegnet haben. „Diese Gebiete sind unveräußerliche Teile der Russischen Föderation.“
Auch Putin hat schon mehrfach damit gedroht, auf „alle Mittel“ zurückzugreifen, um russische Gebiete zu verteidigen, zuletzt bei seiner Rede, als er die Annexion der vier ukrainischen Gebiete Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk offiziell verkündete. Die Annexionen werden international als illegal verurteilt.
Allerdings sind die annektierten Gebiete nicht vollständig unter russischer Kontrolle und ihr Grenzverlauf ist unklar. Vor allem in der Region Cherson hat die Ukraine eine massive Gegenoffensive zur Befreiung des Gebiets gestartet. Russland startete am Mittwoch (19. Oktober) mit der Evakuierung von Zivilisten in der Region, auch die Verwaltung der Besatzer wird evakuiert. (smu)