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„Unmittelbare Kriegsbedrohung“: Serbien leitet an Kosovo-Grenze nächste Eskalationsstufe ein

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Von: Bedrettin Bölükbasi

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Im Hintergrund der Spannungen mit dem Kosovo hat das serbische Militär die Kampfbereitschaft erhöht. (Archivbild)
Im Hintergrund der Spannungen mit dem Kosovo hat das serbische Militär die Kampfbereitschaft erhöht. (Archivbild) © Twitter/@mo_i_vs

Serben im Kosovo sprechen von einer „unmittelbaren Kriegsbedrohung“. Nun versetzt Präsident Vucic die serbische Armee in Alarmbereitschaft.

München – Die Spannungen zwischen Serbien und dem Kosovo reißen nicht ab. Ganz im Gegenteil: Die Lage droht offenbar zu eskalieren. Jetzt ziehen beide Seiten militärische Optionen in Erwägung. So hat die serbische Regierung die Armee in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Belgrad macht die kosovarische Regierung unter Premierminister Albin Kurti verantwortlich.

Serbien-Kosovo-Konflikt: Vucic erteilt Befehl für „erhöhte Kampfbereitschaft“ des Militärs

Präsident Aleksandar Vucic habe „höchste Kampfbereitschaft“ angeordnet, erklärte der serbische Verteidigungsminister Milos Vucevic am Montagabend (26. Dezember). Der Verteidigungsminister betonte, es gebe kein Grund zur Panik, aber durchaus zur Besorgnis. Mit der erhöhten Kampfbereitschaft wolle die serbische Armee einen möglichen „Pogrom und Terror“ gegen Serben verhindern, unterstrich er gegenüber der Nachrichtenagentur Tanjug.

Zuvor hatte Armeechef Milan Mojsilovic erklärt, Vucic habe ihn angesichts der „komplizierten Lage“ an die Grenze zum Kosovo entsandt. Laut einem Bericht der „Tagesschau“ betonte der Armeechef, die Lage sei ernst und erfordere die „Präsenz der serbischen Streitkräfte entlang der administrativen Grenze“. Vucevic und Mojsilovic besuchten am Dienstag gemeinsam serbische Truppen in der Kleinstadt Raska, nur wenige Kilometer entfernt von der kosovarischen Grenze.

Der serbische Innenminister Bratislav Gasic bestätigte die Entscheidung der serbischen Regierung. Er habe die entsprechende Anordnung an die Polizei und andere Einheiten auf Befehl Vucics hin erteilt. Ziel sei es, „alle Maßnahmen zu ergreifen, um das serbische Volk im Kosovo zu schützen“, unterstrich der Minister.

Serbien-Kosovo-Konflikt: Belgrad erwartet bei Streit um Barrikaden „Angriff“ auf Serben im Norden

Verteidigungsminister Vucevic begründete die Entscheidung zur Erhöhung der Kampfbereitschaft gegenüber der Agentur Tanjug. Er warf Kurtis kosovarischer Regierung vor, sich auf einen Angriff auf Serben im Norden der Region vorzubereiten. Pristina wolle die von Serben errichteten Barrikaden „gewaltsam“ aufheben, so Vucevic.

Serben im Norden des Kosovo haben in den letzten rund zwei Wochen zahlreiche Barrikaden auf den Straßen errichtet. Aus Belgrad heißt es, die Serben schützten sich so gegen eventuelle kosovarische Angriffe. Pristina hingegen moniert, dass die von „kriminellen Gruppen“ errichteten Sperren die Bewegungsfreiheit behindern. Die kosovarische Polizei meldete, in der Nacht auf Dienstag (27. Dezember) seien zwei neue Barrikaden errichtet worden. Mehrere Lastwagen, die mit Steinen und Sand beladen sind, versperren seit Dienstagfrüh einen der Zugänge zu einem von Bosniaken bewohnten Viertel in der geteilten Stadt Mitrovica, berichtete das in der Stadt ansässige serbischsprachige Nachrichtenportal kossev.info.

Das Kosovo mit seiner mehrheitlich albanischen Bevölkerung hatte im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, wird aber von Belgrad bis heute als abtrünniges Gebiet betrachtet. Trotz Vermittlungsbemühungen der EU liegen die Nachbarländer seit Jahren im Streit. Belgrad bestärkt die serbische Minderheit im Norden des Kosovo bei ihren Versuchen, sich der Autorität Pristinas zu widersetzen.

Serbien-Kosovo-Konflikt: Kurti sieht Nato-Truppe KFOR in Verantwortung bei Aufhebung von Sperren

Kurti meldete sich indes zu Wort und forderte von der Nato-Truppe KFOR die Aufhebung der Barrikaden. „Ich weiß, dass das so nicht lange weitergehen kann“, sagte er dem bosnischen Nachrichtenportal Istraga. Er werde sich mit der Nato-Truppe treffen und sich ein Bild von der Lage machen. „Und wenn die KFOR nicht dazu in der Lage ist, diese Barrikaden aufzuheben, dann werden wir das tun“, sagte er weiter.

Schließlich betone die KFOR seit 23 Jahren immer wieder, dass sie für „Frieden, Sicherheit und Bewegungsfreiheit“ stehe. Nun müsse dies unter Beweis gestellt werden, forderte Kurti. „Und wenn das nicht bewiesen wird, dann werden wir uns selbst drum kümmern müssen.“

Serbien versteht hier eine deutliche Drohung. Petar Petkovic, der Gesandte der serbischen Regierung für den Kosovo, schloss sich Vucevic an. Auch er erwartet demnach einen „Angriff“ auf Serben im Norden des Kosovo. Vucics Befehl für eine erhöhte Kampfbereitschaft des serbischen Militärs sei die „Antwort auf die unmittelbare Kriegsbedrohung“, sagte der serbische Regierungsbeamte laut der Zeitung Nowosti. Schließlich habe zuerst die kosovarische Armee die Kampfbereitschaft erhöht, „um unsere Frauen, Ältere, Kinder und Männer“ anzugreifen, warf er vor.

Kosovo-Streit: Vucic will „Frieden und Stabilität“ aufrechterhalten, aber auch „jede Maßnahme“ ergreifen

Ähnliche Aussagen machte Staatschef Vucic am Montag (26. Dezember) in einem Video auf Instagram. Die kosovarische Regierung habe die Kampfbereitschaft erhöht, weshalb auch er „jede Maßnahme“ ergreifen werde, „um unsere Menschen zu schützen und Serbien zu retten“, sagte er laut der Agentur Tanjug in dem Video. Zwar tue Serbien alles, um den Frieden und die Stabilität aufrechtzuerhalten. „Doch leider wollen sie nicht auf uns hören, sie waren nicht einmal interessiert daran“, so Vucic. Man befinde sich in einer „schwierigen Lage“.

Allerdings ist nicht ersichtlich, was genau die Alarmbereitschaft bedeutet und bewirken wird – denn das serbische Militär befindet sich schon seit geraumer Zeit in diesem Zustand. Serbiens Regierungschefin Ana Brnabic warnte jedenfalls erst kürzlich, beide Länder stünden „wirklich am Rande bewaffneter Konflikte“. Im Hintergrund des Konflikts hatte Brnabic auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock attackiert. (bb/dpa)

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