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Minister-Wende: Huml nun offiziell abgesetzt - Söder-Statement erntet hämische Kommentare

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Von: Christian Deutschländer, Marion Neumann

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Markus Söder nimmt eine Umstrukturierung an der Spitze des Gesundheitsministeriums vor - Melanie Huml wird neue Europaministerin. Das scheint allerdings nicht überall gut anzukommen.

Update vom 8. Januar, 19.15 Uhr: Am vergangenen Mittwoch (6. Januar) hatte Markus Söder den Wechsel von Melanie Huml in die Staatskanzlei verkündet - eine plötzliche, aber nicht überraschende Wende (siehe Erstmeldung vom 7. Januar). Schon an diesem Freitag (8. Januar) stellte der Ministerpräsident jetzt die nun ehemalige Gesundheitsministerin in einem Twitter-Post als neue Europaministerin vor. „Guten Start! Mit Melanie Huml als Europaministerin bekommen wir Unterstützung in der Staatskanzlei“, schreibt Söder zu dem Foto, auf dem er selbst in der Mitte zu sehen ist. Links von ihm steht Melanie Huml, rechts ist der neue Gesundheitsminister Klaus Holetschek zu sehen. „Klaus Holetschek ist als Gesundheitsminister eine Verstärkung unseres Teams. Corona bleibt die zentrale Aufgabe“, so Söder weiter.

Ob Huml und Holetschek ihrer Zukunft in ihren neuen Positionen freudig entgegensehen, lässt sich anhand des Fotos nicht sagen. Da alle Personen auf dem Bild Masken tragen, ist deren Mimik nur erahnen.

Minister-Wende: Holetschek nimmt Humls Posten ein - Kommentare auf Söder-Posting folgen prompt

Die Reaktionen auf das Söder-Posting ließen jedenfalls nicht lange auf sich warten - und nicht alle User scheinen mit der neuen Rolle Humls zufrieden zu sein. „Das nenne ich ‚mal Personalmanagement, wenn die vollkommen überfordert Gesundheitsministerin ein neues Ressort bekommt, mit dem sie wahrscheinlich weniger überfordert ist“, lautet beispielsweise einer der Kommentare. Der Wechsel beruhe auf „bayerischer Vetternwirtschaft“, heißt es weiter.

Auch davon, dass Huml „weggelobt“ wurde, ist unter dem Posting die Rede. „Und zum Schluss, wenn u.U. festgestellt wird, das dieses eine Fehlbesetzung,auch mangels Fähigkeiten & Qualifikation wird man weggelobt bzw. fällt die Treppe bzw den sicheren Bezügen entgegen!“, schreibt ein weiterer Nutzer.

Söder-Wende: Warum er Gesundheitsministerin Huml wirklich absetzt - Weiteres Sorgenkind bleibt

Erstmeldung vom 7. Januar 2021:

München – Manchmal ist ein Amt eine Demütigung, Markus Söder hat das selbst erlebt. Vor 13 Jahren machte ihn Günther Beckstein zum Europaminister. Eine Art stellvertretender Hausmeister in der Staatskanzlei ist das, ein Titel ohne Ressort und Glanz, bei Auftritten in Brüssel nur am Katzentisch. „Ohrfeige für Söder“, titelte die Presse hämisch. „Ich kann mich da jetzt bewähren“, schnaufte der ehrgeizige Jung-Minister damals, 2007.

Wenn Söder heute eine Parteifreundin zur Europaministerin macht, weiß er also, was er ihr antut. Und zwar ohne erkennbare Regung. In ein paar knappen Sätzen bei seiner Pressekonferenz am Dreikönigstag gibt Söder bekannt, dass er Melanie Huml die Leitung des Gesundheitsministeriums aus den Händen nimmt und sie eben für Europafragen in die Staatskanzlei holt. Ein paar freundliche Worte schickt er hinterher, sie hängen wie einsame Lamettafäden an einem nadelnden Weihnachtsbaum. Dazu als Schlüsselstelle: „Das ist eine souveräne Entscheidung, die mit allen besprochen ist.“ Also: Er hat entschieden und das mitgeteilt.

Markus Söder: Seit Beginn der Corona-Pandemie ärgert er sich über Gesundheitsministerin

Humls Zwangsversetzung kommt plötzlich, aber nicht überraschend. Seit Beginn der Pandemie ärgert sich Söder über seine Ministerin. Auf dem Papier ist die junge Oberfränkin, gelernte Ärztin und Mutter kleiner Kinder, eine Optimalbesetzung für das Ressort, dazu im Auftreten sympathisch, unaufgeregt und nie CSU-dumpf. In der Praxis hatte sie ihr Ministerium und die Außenwirkung aber schlecht im Griff, war selten sprechfähig, generell zu unauffällig. Immer wieder gab es Ärger, auch über die Beamten im Haus.

Söder setzte ihr Top-Juristen aus der Staatskanzlei und der Stadt München vor die Nase, dann zweimal einen Staatssekretär, einen neuen Pressesprecher, versetzte den Leiter eines Landesamts, stockte dutzende Stellen auf, zahlte Sonder-Boni – nichts half auf Dauer. In Erinnerung bleibt der Sommer, als sich der Missmut über die Testpannen an den Autobahnen so hochschaukelte, dass ganz Deutschland über die Ministerin aus Bayern lästerte. Huml bot Söder im August ihren Rücktritt an, zweimal, er lehnte großzügig ab, machte das Angebot aber publik.

Markus Söder: Hat der Ministerpräsident die Baustelle im Problem-Ministerium gelöst?

Das mag man gemein finden; wo doch Söder selbst die Hudelei bei den Autobahn-Tests eingeleitet hatte, selbst das kleine Ministerium so zugeschnitten hatte und es ihm eh kein Minister, ob zu laut oder zu leise, recht machen kann. Für Huml hieß das aber immerhin: Gnadenfrist. Vielleicht hätte sie im Amt durchgehalten, wären jetzt Ende Dezember nicht noch einzelne Impfpannen hinzugekommen, als in Oberfranken die Kühlkette abbrach. Und dazu Vorwürfe, dass Bayern den Impfstoff in handelsüblichen Bier-Kühlern für Camping-Urlauber transportiere.

Versetzt also, nicht gefeuert: Die 45-Jährige kümmert sich nun um Bundes- und Europafragen, also irgendwie um alles oder nichts. Das rettet ihr den Ministertitel und Söder die heilige Frauenquote. Nachfolger im Gesundheitsministerium wird der Schwabe Klaus Holetschek, zuletzt Staatssekretär. Er schätzt deutlichere Worte, gilt als zupackend, hat mehr Autorität im Ministerium. Im Interview spricht der 56-Jährige über die neue Herausforderung.

Im zweiten Problem-Ministerium ändert sich vorerst nichts: Über Schulminister Michael Piazolo bestimmen die Freien Wähler, der Koalitionspartner. FW-Chef Hubert Aiwanger sagte beim Online-Dreikönigstreffen: „Auch wir sind nicht frei von Fehlern, auch wir sind keine Wunderheiler, die alle Probleme lösen können.“ Piazolo soll bleiben – auch mangels Alternativen mit gleich hoher Sachkunde, mehr Durchsetzungskraft und mit FW-Parteibuch.

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