Söders Klimagesetz erntet Zorn: „Politische Homöopathie“ statt „Champions League“ - Opposition tobt

Bayern hat unter dem ergrünten Markus Söder ein neues Klimagesetz. Verpflichtend sind seine Regelungen aber nur für einen Akteur - die Opposition tobt.
München - Grün will die CSU schon lange sein - auch und gerade ohne die Grünen an ihrer Seite. Seit Donnerstag hat Bayern nun ein eigenes Klimaschutzgesetz. Mit den Stimmen von Markus Söders Christsozialen und den Freien Wählern hat der Landtag den Plan verabschiedet. Die Kritik nicht nur im Plenum war allerdings groß.
Söders Koalition verabschiedet Klimagesetz: Minister verteidigt „hohe Ziele“ - Verbote gibt es nicht
Knapp ein Jahr hatte es gedauert, bis ein entsprechender Kabinettsbeschluss den Weg zur Abstimmung ins Maximilianeum fand. Was das Gesetz vorsieht: Die CO2-Emissionen sollen bis 2030 auf unter fünf Tonnen pro Kopf und Jahr sinken. Bis 2030 sollen die Staatsverwaltung und bis 2050 der gesamte Freistaat komplett klimaneutral werden. Auf konkrete Verbote verzichtete die Regierung allerdings komplett.
Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) verteidigte das Gesetz dennoch. „Der Staat gibt sich selbst ehrgeizige Ziele, und diese Ziele werden für den Staat künftig verpflichtend sein.“ Unter den deutschen Bundesländern habe nur Thüringen „höhere Ziele“ - auch das grün geführte Baden-Württemberg bleibe mit 42 Prozent Klimagas-Reduktion bis 2030 deutlich hinter Bayerns 55 Prozent.
Bayern beim Klima nur „Kreisliga“? Bund Naturschutz findet neues Gesetz verantwortungslos
Experten, Umweltverbände und Vertreter der Oppositionsparteien hatten die Pläne der Regierung schon in den vergangenen Monaten kritisiert. Kürzlich erklärten etwa bei einer Expertenanhörung im Landtag die geladenen Fachleute mehrheitlich, dass es dem Gesetz an konkreten Zielen und Vorgaben zur Einsparung klimaschädlicher Emissionen und einem unabhängigen Monitoring fehle. Doch alle Forderungen nach Nachbesserungen verpufften.
„Angesichts der dramatischen Konsequenzen der Klimakrise für Bayerns Zukunft ist das Klimaschutzgesetz enttäuschend und verantwortungslos“, sagte der Landesvorsitzende des Bund Naturschutz, Richard Mergner, der dpa. Beim Klimaschutz seien nur die vollmundigen Ankündigungen von Söder und der Landtagsmehrheit von CSU und Freien Wählern „Champions League“. In der Realität spielten sie allenfalls in der Kreisliga. „Im zurückliegenden Jahr wurde jedwede Verbesserung des so wichtigen Gesetzes abgelehnt.“
Bayern: Söders Klimagesetz eine „Mogelpackung“? SPD und Grüne empört
Harsche Kritik am Donnerstag auch von der SPD. Ihr umweltpolitischer Sprecher Florian von Brunn sprach von einer „klimapolitischen Mogelpackung“ und „politischer Homöopathie mit null Klimawirkung“: „Es ist ganz klar das schlechteste Klimagesetz, das im nationalen Vergleich in letzter Zeit verabschiedet wurde.“ Die Sozialdemokraten forderten unter anderem 67 Prozent CO2-Einsparung bis 2030 und ein verpflichtendes Klimaschutz-Maßnahmenpaket. Sie beantragten zu Beginn der Plenarsitzung erfolglos, die Gesetzesverabschiedung zu verschieben.
Die Grünen reichten elf Änderungsanträge vor, in denen sie unter anderem die Klimaneutralität bis 2040 und klare Vorgaben zur Erreichung des Ziels benennen - sie wurden ebenso abgelehnt, wie die Anträge von SPD, FDP und AfD. „Das Klimaschutzgesetz der CSU ist wie ein missglückter Maßanzug, bei dem sowohl der Schnitt als auch die Passform missraten sind“, sagte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann.
Zehn Punkte, keine Verbote - So will Bayerns Regierung das Klima retten
Wald: Bis 2025 sollen 30 Millionen Bäume im bayerischen Staatswald gepflanzt werden. Hinzu kommen Forschungsprogramme für sogenannte klimatolerante Bäume und die Stärkung der Klimaforschung in den bayerischen Nationalparks.
Moore: Bayernweit sollen möglichst viele Moore geschützt werden. Unter anderem soll es ein neues Moorwaldprogramm mit 147 Maßnahmen und ein neues Moorbauernprogramm geben. Vorgesehen ist die Förderung moorverträglicher Bewirtschaftungsformen auf 20.000 Hektar Fläche bis 2029.
Wasser: Um Auenlandschaften als CO2-Speicher zu schützen, wird an der Donau bei Neuburg ein 2000 Hektar großes Auwald-Schutzgebiet ausgewiesen.
Agrar und Ernährung: Der Ökolandbau soll in Bayern bis 2030 auf 938.000 Hektar ausgebaut werden. Zudem wird die Forschung zur klimaangepassten und klimaschonenden Landwirtschaft intensiviert.
Technische Innovationen: In Augsburg wird ein Zentrum für Klimaresilienz und Klimaforschung eingerichtet. Das Ressourceneffizienz-Zentrum wird zum „Clean-Tech-Hub für Kreislaufwirtschaft der Zukunft“ ausgebaut. Bei Resilienz geht es um die Robustheit und Stabilität von Ökosystemen.
Energie: In den Staatswäldern sollen etwa 100 neue Windkraftanlagen entstehen, ein Energieeffizienzfonds wird eingerichtet und das 10.000-Häuser-Förderprogramm für energieeffizientes Bauen und Sanieren ausgeweitet. Die umstrittene 10-H-Regel, die den Bau von Windanlagen in der Nähe von Siedlungen regelt, soll aber weiter gelten.
Mobilität: Der öffentliche Personennahverkehr soll attraktiver und das Netz soll ausgebaut werden. Das 365-Euro-Jugendticket für Schüler und Auszubildende soll mehr Menschen in Busse und Bahnen bringen.
Städte: Schon beim Städte(um)bau sollen Klimafolgen besser mitgedacht werden. Die Umweltinitiative „Stadt. Klima. Natur“ soll dazu Impulse geben. Zudem werden städtebauliche Modellprojekte zu einem energieeffizienten Städtebau von der Regierung gefördert.
Holzbau: Der nachwachsende Rohstoff soll wieder verstärkt bei Bauvorhaben im staatlichen Hochbau genutzt werden. Dazu werden Leuchtturmprojekte besser gefördert und die Forschung gestärkt.
Verkehr: Die staatliche Fahrzeugflotte - also auch die Autos der Polizei - soll bis 2025 mit 66 Prozent weniger Verbrennungsmotoren auskommen. Bei Neuanschaffungen sollen etwa Elektro- oder Hybridfahrzeuge bevorzugt gekauft werden.
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