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Lauterbach schränkt Pflege-Rabatt für Familien ein – und blitzt bei Lindner ab

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Von: Sebastian Horsch

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Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte bereits erfolglos bei Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) Geld für die Pflegeversicherung eingefordert.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte bereits erfolglos bei Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) Geld für die Pflegeversicherung eingefordert. © Kay Nietfeld/dpa

Laut FDP-Chef Lindner sollen keine Steuergelder für Pflegeleistungen fließen – obwohl ein Ausgleich im Koalitionsvertrag vorgesehen war.

München/Berlin – Statistisch gesehen wird jeder dritte Mensch in Deutschland zum Pflegefall. Wenn es so kommt, soll auch die Pflegeversicherung dafür sorgen, dass Betroffene und Angehörige nicht finanziell überfordert werden. Doch da die Gesellschaft gemeinsam mit der Babyboomer-Generation immer älter wird, erhöhen sich auch hier die anfallenden Kosten drastisch – und sorgen für klaffende Finanzlöcher, die absehbar weiter wachsen dürften. Stichwort: Demografischer Wandel.

Die Folgen: Die Zahl der Pflegebedürftigen in der Versicherung steigt Berechnungen zufolge bis 2040 um 27 Prozent auf 5,8 Millionen. Wer 1965 geboren ist, muss deshalb über das Leben gerechnet mit einem durchschnittlichen Pflegeversicherungsbeitrag von 2,1 Prozent rechnen, bei 2005 Geborenen könnten es bei weiter steigenden Ausgaben hingegen 9,5 Prozent sein – das prognostiziert jedenfalls das Wissenschaftliche Institut der Privaten Krankenversicherung. Schon der bisherige Leistungsumfang verursache bis 2025 ein Defizit von fast 7 Milliarden Euro.

Lauterbach blitzt bei Lindner ab: Trotz Koalitionsvertrag kein Steuergeld für Pflegeleistungen

Vor diesem Hintergrund bringt Karl Lauterbach (SPD) in Berlin am Mittwoch seinen Entwurf für eine Reform der Pflegeversicherung ins Kabinett. Der Bundesgesundheitsminister von der SPD hat sich an dem Kunststück versucht, gleichzeitig die Leistungen zu verbessern und die Finanzlücken halbwegs in den Griff zu bekommen.

Lauterbachs Problem: Bei Christian Lindner (FDP) ist er mit seiner Bitte um eine Geldspritze abgeblitzt. Obwohl es als Ausgleich für versicherungsfremde Leistungen während der Pandemie und für Rentenansprüche pflegender Angehöriger eigentlich im Koalitionsvertrag vorgesehen war, weigert sich der FDP-Finanzminister, gut 9 Milliarden Euro Steuergeld zuzuschießen.

Finanzplan nach Lauterbach: Ab vier Kindern wird gespart

Schon um die Pflegekassen bis zum Sommer zahlungsfähig zu halten, muss Lauterbach deshalb Einnahmen vorziehen und Ausgaben verschieben. Ab 1. Juli sollen dann Beitragserhöhungen zusätzliches Geld bringen. Bisher gelten für Eltern noch unabhängig von der Kinderzahl 3,05 Prozent und für Kinderlose 3,4 Prozent.

Um einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu folgen, sollen die Beiträge künftig nach Kinderzahl gestaffelt werden. Bei einem Kind beträgt der Beitragssatz Lauterbachs Gesetzesentwurf zufolge dann 3,4 Prozent, bei zwei Kindern 3,25 Prozent, bei drei Kindern 3,1 Prozent, bei vier Kindern 2,95 Prozent und bei fünf Kindern und mehr 2,8 Prozent. Kinderlose müssen den Plänen zufolge 4 Prozent zahlen. Im Vergleich zu heute wird es also erst ab vier Kindern günstiger.

CSU sieht falsches Signal: „Höhere Beiträge für alle“

Weil die erhofften Einnahmen daraus aber offenbar trotzdem nicht ausreichen, hat Lauterbach nicht nur bei den geplanten Leistungsverbesserungen abgespeckt und will sich weitere Beitragserhöhungen vorbehalten. Zudem sollen auch die Beitragsnachlässe für mehr als ein Kind nicht dauerhaft gelten, sondern nur, bis diese Kinder jeweils das 25. Lebensjahr vollendet haben.

Aus Sicht von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) ist das das falsche Signal. „Es geht doch um den Beitrag, den Eltern zur Sozialversicherung leisten, indem sie Kinder bekommen, dieser Beitrag endet nicht mit einer Altersgrenze“, sagt er unserer Zeitung – und warnt Lauterbach vor einer zu großen Belastung der Beitragszahler. „Denn letztlich bedeutet diese ,Altersgrenze‘ für verringerte Beiträge genau das: Höhere Beiträge für alle.“ Für Holetschek ist klar: „Ohne zusätzliche Steuermittel geht es nicht. Wir brauchen ein langfristig solides System.“ (Sebastian Horsch)

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