Russland-Politik: Steinmeier zieht „bittere Bilanz“ - „Unter Putin keine Rückkehr zur Normalität“
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier räumt Fehler in seiner Russland-Politik ein. Mit Wladimir Putin werde es keine Rückkehr zur Normalität geben.
München/Berlin - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier* hat am Montag zugegeben, in der Vergangenheit gegenüber Russland und dessen Präsidenten Wladimir Putin* nicht immer richtig gehandelt zu haben. „Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat und vor denen unsere Partner uns gewarnt haben“, sagte der Bundespräsident laut mehreren Medien am Montag in Berlin. „Mein Festhalten an Nord Stream 2, das war eindeutig ein Fehler.“
Russland: Bundespräsident und Ex-Außenminister Steinmeier bereut Nord Stream 2
Angesichts des Ukraine-Kriegs* müsse er eine „bittere Bilanz“ ziehen, räumte der Bundespräsident ein. „Wir sind gescheitert mit der Errichtung eines gemeinsamen europäischen Hauses, in das Russland einbezogen wird. Wir sind gescheitert mit dem Ansatz, Russland in eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur einzubinden.“
Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat.
Am Dienstagmorgen wiederholte Steinmeier seine selbstkritischen Worte im ZDF-Morgenmagazin. Vor allem die Warnungen der osteuropäischen Partner nach 2014 hätte man ernster nehmen müssen. Das Festhalten an der Nordstream-Pipeline 2 habe Deutschland viel Glaubwürdigkeit gekostet.
Frank-Walter Steinmeier: Kritik an Russland-Machthaber Wladimir Putin
Eine Zusammenarbeit wie in früheren Jahren mit Russland unter Wladimir Putins Führung nicht mehr möglich, so Steinmeier im ZDF-Morgenmagazin. „Ich bin sicher, es wird in dem Russland unter Putin keine Rückkehr zur Normalität, zum Status quo ante geben.“ Putin sei mittlerweile ein „eingebunkerter Kriegstreiber“. Ob Russland eine Zukunft in Europa habe, könne er momentan nicht sagen.
Steinmeier war von 1999 bis 2005 Kanzleramtschef unter Gerhard Schröder (SPD), dann von 2005 bis 2009 und von 2013 bis 2017 Außenminister im Kabinett von Angela Merkel (CDU).
Bundespräsident Steinmeier: Ukrainischer Botschafter macht ihm schwere Vorwürfe
Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, hatte dem Bundespräsidenten am Sonntag im Tagesspiegel vorgeworfen, „seit Jahrzehnten ein Spinnennetz der Kontakte mit Russland geknüpft“ zu haben. Er bezog sich dabei vor allem auf Steinmeiers frühere Tätigkeiten als Bundesaußenminister und Kanzleramtsminister. Der Bundespräsident sagte dazu nun laut den Berichten lediglich: „Ich leide sehr mit den Menschen in der Ukraine mit. Nach Anfang 2014 hat kein anderes Land meine Arbeit so geprägt.“
Die Bundesregierung hatte den Bundespräsidenten zuvor gegen Kritik des ukrainischen Botschafters in Schutz genommen. „Die Kritik am Bundespräsidenten weisen wir zurück“, sagte Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner am Montag. Dies gelte „bei allem Verständnis für die Ausnahmesituation, in der sich die Ukraine in diesem entsetzlichen Krieg befindet“. (afp/dpa) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.