Trump einer der Wahlverlierer? „Rote Welle“ bleibt aus – das Wichtigste der Midterm-Nacht im Überblick
Die „rote Welle“ bei den Midterms bleibt aus, Trumps Kandidaten schwächeln, neue Manipulationsvorwürfe – das wichtigste der Midterm-Nacht im Überblick.
Washington D.C./München – Seit kurz nach Mitternacht am Mittwoch (9. November) zählen die USA Stimmen der Midterms aus – doch ein finales Ergebnis vor allem zu den Kongresswahlen kann noch lange Tage auf sich warten lassen. Einige erste Erkenntnisse und Thesen lassen sich aber bereits formulieren. Was Sie zum Stand der Dinge der politisch so wichtigen Zwischenwahlen wissen müssen: Ein Überblick. Zusätzlich informieren wir Sie in unserem News-Ticker zu den Midterms.
- Demokraten schneiden besser ab als erwartet – Ausgang aber offen
- Besonders enge Rennen – Bundesstaaten könnten tage- oder wochenlang im Fokus bleiben
- Donald Trump als ein Wahlverlierer der Midterms?
- Wieder Manipulations-Vorwürfe bei den Midterms – Trump und Republikaner säen Zweifel
US-Midterms: Demokraten schneiden besser ab als erwartet – Ausgang aber offen
Die Demokraten haben sich bei der Auszählung der Midterms zunächst besser behauptet, als noch kurz vor der Wahl prognostiziert. Den Republikanern war es US-Sendern zufolge bis zum späten Dienstagabend (Ortszeit) nicht gelungen, die zur Wahl stehenden Senatssitze in Colorado, Connecticut und New Hampshire zu gewinnen - für einen überwältigenden Sieg in der Parlamentskammer hätte die Partei diese Wahlen aber für sich entscheiden müssen.
Die Republikaner müssen allerdings nur einen Sitz im Senat und fünf im Repräsentantenhaus hinzugewinnen, um die Mehrheit zu erlangen. Im Repräsentantenhaus konnten sie einige Sitze in Florida hinzugewinnen, in anderen Bundesstaaten sah es teils nach möglichen Zugewinnen für die Demokraten aus.
Der republikanische Senator Lindsey Graham sagte im Sender NBC, es gebe „definitiv keine republikanische Welle“. Sein Senatskollege Ted Cruz sagte, er setze zwar weiterhin auf künftige Mehrheiten seiner Partei in beiden Kongresskammern. Die Welle sei aber „nicht so groß, wie ich gehofft hatte“.
Midterms: Besonders enge Rennen – Bundesstaaten könnten tage- oder wochenlang im Fokus bleiben
Mehrere „Swing-States“ waren am frühen Morgen von einer Entscheidung noch recht weit entfernt. Das betraf etwa die Auszählungen in Arizona und Nevada. In Arizona hatte die Auszählung bei der Präsidentschaftswahl 2020 mehrere Tage gedauert. Sogar ein zweiter Wahlgang könnte in Georgia nötig werden. Hier lagen wegen eines Stimmanteils von rund zwei Prozent für einen Kandidaten der Libertären sowohl der Republikaner Herschel Walker als auch der amtierende Demokrat Raphael Warnock unter 50 Prozent. Eine Stichwahl würde am 6. Dezember stattfinden.
Im besonders umkämpften Staat Pennsylvania schnitt der linke Kandidat John Fetterman von US-Präsident Joe Bidens Demokraten laut ersten Auszählungen gut ab und lag knapp vorne. Auch hier war das Rennen hier erwartetermaßen besonders eng - allerdings kam dann doch bereits gegen 7 Uhr deutscher Zeit das Ergebnis: Fetterman schlug den Republikaner Mehmet Oz.
Donald Trump als ein Wahlverlierer der Midterms?

Mehrere Trump-nahe Kandidaten haben Sitze und Posten gewonnen – etwa die frühere Präsidenten-Sprecherin Sarah Huckabee Sanders als neue Gouverneurin in Arkansas, oder der zuletzt ins Trump-Lager umgeschwenkte Republikaner J.D. Vance im Senatsrennen von Ohio. Dennoch sahen US-Kommentatoren den Ex-Präsidenten in der Nacht als möglichen (indirekten) Verlierer der Midterms.
So war etwa im MSNBC-Talk von Host Rachel Maddow zu hören, Trump sei womöglich eine „Belastung an der Wahlurne“. Das Argument: Trumps Kandidaten hätten zwar sichere Sitze gewonnen. Zugleich hätten aber gemäßigte Republikaner spürbar besser abgeschnitten und Demokraten gegen Trump-Leute unerwartet gute Ergebnisse eingefahren. Exit-Polls zeigten: 60 Prozent der Befragten lehnten Trumps Wirken ab. Allerdings schlug sich Joe Biden mit 54 Prozent Ablehnung nur unwesentlich besser.
So oder so lassen Zwischenergebnisse wie jenes aus Georgia aufhorchen: Dort befand sich der Trump-treue Kandidat Walker lange in einem Kopf-an-Kopf-Rennen um den Senatssitz mit dem Demokraten Raphael Warnock. Der republikanische Trump-Gegner Brian Kemp hingegen gewann die Gouverneus-Wahl vergleichsweise deutlich. Erstaunlich klar verlor auch der Trump-nahe Senator Douglas Mastriano im Swing-State Pennsylvania. In Florida gewann der Trump-Konkurrent Ron DeSantis den Gouverneursposten deutlichst – Trump drohte DeSantis bereits.
Wieder Manipulations-Vorwürfe bei den Midterms – Trump und Republikaner säen Zweifel
Bei den Kongresswahlen in den USA sind am Dienstag in einem Bezirk des US-Bundesstaats Arizona dutzende Wahlautomaten ausgefallen. Es gebe „in etwa 20 Prozent“ der 223 Wahllokale im Bezirk Maricopa County technische Probleme mit den Maschinen, sagte der Vorsitzende der örtlichen Wahlaufsichtsbehörde, Bill Gates. Die Republikaner nutzten die Nachricht für erneute Manipulationsvorwürfe.
Die republikanische Gouverneurskandidatin in Arizona, Kari Lake, machte auf Twitter bereits entsprechende Andeutungen. Trump deutete die Probleme in Arizona als einen Versuch, die Wahl zu „stehlen“. Auch beim engen Rennen in Pennsylvania streute er Zweifel. „Es ist wieder soweit“, „manipulierte Wahlen!“, schrieb er in seinem Netzwerk „Truth Social“. Der texanische Senator Ted Cruz rügte, nur demokratisch regierte Städte bräuchten „Tage“ für die Auszählung. Der Sender CNN sah in einem Faktencheck keine Belege für die Vorwürfe Trumps und Cruz‘. Lake drohte indes in Phoenix auch einem Journalisten: Sie werde „der schlimmste Albtraum“ sein und die Medien „reformieren“.
Eine prinzipielle Bürde scheinen Wahlmanipulations- und Verschwörungstheorien bei den US-Wählern aber nicht zu sein. Nach einer Aufstellung der Washington Post gewannen in den ersten Stunden nach Schließung der ersten Wahllokale bereits 133 sogenannte Wahlleugner ihre Abstimmungen, darunter viele Kongressabgeordnete. Viele weitere Rennen sind noch offen. (fn mit Material von dpa)