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Trumps Revanche für München

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Von: Georg Anastasiadis

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„Als niederträchtige Erpressung“ bezeichnet Georg Anastasiadis, Chefredakteur des Münchner Merkur, das Vorgehen Trumps.
„Als niederträchtige Erpressung“ bezeichnet Georg Anastasiadis, Chefredakteur des Münchner Merkur, das Vorgehen Trumps. © AFP / BRENDAN SMIALOWSKI

Wer solche „Verbündete“ hat, braucht keine Feinde mehr. Auf die Kritik, die bei der Sicherheitskonferenz am Trump-Kurs überdeutlich geübt wurde, folgt aus Washington eine niederträchtige Erpressung. Ein Kommentar.

München - Über Donald Trumps Forderung an die Europäer, „ihre“ in Syrien von den USA gefangenen IS-Terroristen zurückzunehmen, ließe sich leichter diskutieren, wenn sie nicht schon wieder im Stil einer niederträchtigen Erpressung daherkäme. Nehmt sie, oder wir lassen sie frei, und dann kehren sie zurück und überziehen eure Länder mit Terror: Das ist Trumps Botschaft nach der Münchner Sicherheitskonferenz und, wenn man so will, auch seine Antwort auf Merkels mit Vorhaltungen gespickte Rede. Wer solche „Verbündete“ hat, braucht keine Feinde mehr.

Trump mit niederträchtiger Botschaft an Verbündete

Doch es nützt nichts, sich jetzt wieder wochenlang über das Rauhbein im Weißen Haus zu entrüsten. Natürlich gilt der Grundsatz, dass deutsche Staatsbürger ein Recht haben, nach Deutschland zurückzukehren – und sei es nur, damit sie vor hiesigen Gerichten für ihre im Ausland begangenen Straftaten angeklagt werden können. So verfährt Berlin umgekehrt ja auch mit Kriminellen, die man in ihre Herkunftsländer abschiebt. Und die Kurden wären mit der Aufgabe überfordert, die Täter abzuurteilen und zu inhaftieren. Genauso wenig kann die Bundesregierung diese Aufgabe anderen Ländern der Anti-IS-Allianz aufbürden. Jeder ist für seine eigenen Kriminellen verantwortlich.

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Rechthaberei hilft nicht gegen Trump

So richtig es war, dass Deutschland sich nicht mit Kampftruppen in den Treibsand des Syrien-Krieges hineinziehen ließ, so unerlässlich bleibt Berlins Beitrag zum amerikanisch-französisch-britischen Kampf gegen den IS – und der lässt sich auch nicht mit dem (zutreffenden) Argument vom Tisch wischen, dass die USA mit ihrem Irakkrieg die Büchse der Pandora überhaupt erst geöffnet und dem IS den Weg gebahnt haben. Rechthaberei hilft nicht gegen Trump, und vorgeschobene Argumente wie die von Außenminister Maas, der sich, typisch deutsch, auf bürokratische Hindernisse hinausreden will, erst recht nicht.

„Als niederträchtige Erpressung“ bezeichnet Georg Anastasiadis, Chefredakteur des Münchner Merkur, das Vorgehen Trumps.
„Als niederträchtige Erpressung“ bezeichnet Georg Anastasiadis, Chefredakteur des Münchner Merkur, das Vorgehen Trumps. © Klaus Haag

Donald Trump und seine Drohung gegenüber Deutschland: Darum geht es

Kurz erklärt geht es darum: US-Präsident Donald Trump hatte die Europäer aufgefordert, ihre bei Kämpfen gegen die IS-Miliz in Ostsyrien von Kurden oder mit ihnen verbündeten Milizen gefangen genommenen Staatsbürger zurückzunehmen, um ihnen in ihrer Heimat den Prozess zu machen. Sonst müssten die USA sie freilassen, woraufhin damit zu rechnen sei, dass die Kämpfer nach Europa "eindringen", schrieb Trump im Kurzbotschaftendienst Twitter. Er sprach konkret Deutschland, Großbritannien und Frankreich an.

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Die von der US-Regierung geforderte Rückholung der Dschihadisten sei angesichts der Unwägbarkeiten vor Ort "außerordentlich schwierig zu realisieren", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Montag. Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nannte eine Wiederaufnahme "extrem schwierig". Angehörige der Inhaftierten warfen der Bundesregierung Untätigkeit vor.

Maas räumte bei einem EU-Außenministertreffen in Brüssel zwar ein, "dass deutsche Staatsbürger das Anrecht auf Wiedereinreise haben". Es müssten aber "auch Sicherheitsgesichtspunkte eine Rolle spielen" und ausreichend Informationen vorliegen, damit gegen Straftäter Haftbefehle ausgestellt und sie bei ihrer Rückkehr in Untersuchungshaft genommen werden könnten. Die Rückholung sei nicht so einfach, "wie man sich das in Amerika vorstellt".

Verteidigungsministerin von der Leyen sprach sich in einer "Bild"-Sendung dafür aus, die betroffenen Kämpfer in Deutschland vor Gericht zu stellen. Voraussetzung sei aber, "dass eine Strafverfolgung möglich ist". Auch sie verwies auf fehlende Kontakte zu den syrischen Kurden, welche die Anhänger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien inhaftiert haben.

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