Mehr Panzer, mehr Munition: CSU-Vize mahnt „Kriegswirtschaft“ an – spielt die Ampel mit?
Nach der Leopard-Entscheidung forderte die Union nun mehr Aufträge für die heimische Rüstungsindustrie. CSU-Vize Manfred Weber pocht auf „Kriegswirtschaft“.
Berlin – Olaf Scholz (SPD) prägte den Begriff der „Zeitenwende“, als er im Februar den von Russland ausgelösten Ukraine-Krieg aufs Schärfste verurteilt hatte. Am Mittwoch erklärte der Bundeskanzler vor dem Parlament die nächste Stufe dieser Zeitenwende – auch mit Blick auf die deutsche Außenpolitik: Noch im Frühjahr werden voraussichtlich deutsche Kampfpanzer durch die Ukraine rollen. Für die einen ein gefährlicher Tabubruch. Für andere ein längst überfälliger Schritt. Nun könnte in Deutschland auch eine weitere Zeitenwende bei der Rüstungsindustrie bevorstehen.
Waffenlieferungen an die Ukraine: CSU-Vize Weber fordert „Kriegswirtschaft in der EU“
Manfred Weber, stellvertretender Parteivorsitzender der CSU, forderte am Donnerstag eine Neuaufstellung der europäischen Rüstungsproduktion. „Die europäischen Staaten sind derzeit nicht in der Lage, die notwendigen Rüstungsgüter schnell genug bereitzustellen, weder für unsere eigene Verteidigung noch für die Ukraine“, sagte Weber den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
„Wir brauchen – auch wenn der Begriff kein einfacher ist – eine Art Kriegswirtschaft in der EU, um Stabilität und Sicherheit gewährleisten zu können“, so der 50-Jährige. Knapp ein Jahr nach Kriegsbeginn würden die Aufträge für die Rüstungskonzerne jedoch weiter ausbleiben, stellte Weber fest. Deshalb müsse man nun die bestehenden Strukturen auf den Prüfstand stellen – auch in einer europäischen Dimension.

Lieferung von Kampfpanzern im Ukraine-Krieg: Weber kritisiert zögerliche Ampel-Koalition
Der Druck auf die Bundesregierung zur Lieferung von Kampfpanzern für den Ukraine-Krieg war innerhalb der letzten Wochen immer mehr gestiegen. Bundeskanzler Scholz kündigte daraufhin in der vergangenen Woche die Lieferung von Kampfpanzern an – unter der Bedingung, dass sich auch die USA beteiligen würde. Am Mittwochvormittag folgte dann die offizielle Zusage der Bundesregierung zur „raschen“ Lieferung von 14 Leopard-2-Panzern. Am Mittwochabend zog Washington nach und bestätigte die Lieferung von Abrams-Kampfpanzern an Kiew.
„Die Entsendung von Kampfpanzern in ein Kriegsgebiet ist eine sehr ernste Entscheidung“, ordnete CSU-Vize Weber das Handeln der Bundesregierung ein. An der Art und Weise, wie diese Entscheidung getroffen wurde, übte Weber jedoch scharfe Kritik. „Warum ist die Bundesregierung so schlecht vorbereitet, warum hat der Kanzler monatelang keine Antwort, warum erklärt er nicht früher und besser seine Position? Das ist es, was die Schwäche der Ampel ausmacht – und was die Reputation Deutschlands bei unseren Partnern beschädigt“, führte der CSU-Politiker weiter aus.
„Fundamental wichtig“: Union fordert nach Zusage von Panzer-Lieferung neue Aufträge für Rüstungsbauer
Weber steht mit seinen Forderungen nach neuen Aufträgen für die deutsche Rüstungsindustrie nicht alleine da. Sowohl die Bundeswehr als auch bald die Ukraine bräuchten Nachschub an neuen Kampfpanzern, forderte auch der verteidigungspolitische Fraktionssprecher Florian Hahn (CSU) gegenüber der Augsburger Allgemeinen. „Es ist fundamental wichtig, für die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands, umgehend Leopard-Panzer, Munition und alles Weitere nachzubeschaffen, was die Bundeswehr abgeben musste“, so der Bundestagsabgeordnete.
Der Krieg in der Ukraine hat offenbart, wie schlecht unter anderem die Bundeswehr aktuell auf einen Ernstfall vorbereitet wäre. Die Ampel-Koalition will die Bundeswehr nun mit dem im vergangenen Jahr angekündigten Sondervermögen von 100 Milliarden Euro wieder auf Vordermann bringen. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) steht vor einer Mammutaufgabe.
Hahn forderte deshalb auch eine langfristige Unterstützungsstrategie für die heimische Rüstungsindustrie. Damit die Verteidigungsindustrie dem immensen Bedarf sowohl im In- als auch im Ausland gerecht werden könne, bedürfe es Planbarkeit, der nötigen finanziellen Ausstattung und des tatsächlichen Abschlusses von Verträgen, fügte der CSU-Politiker hinzu.
Deutsche Rüstungsindustrie: Leopard-2-Panzer verschimmeln auf dem Gelände von Rheinmetall
Ein Beispiel für die kränkelnde deutsche Rüstungsindustrie liefert Rheinmetall-CEO Armin Papperger in der vergangenen Woche. Der Chef des Rüstungskonzerns erklärte der Bild am Sonntag, dass das Unternehmen selbst über 22 Kampfpanzer vom Typ Leopard 2A4 verfüge. Diese könnte man jedoch erst in 2024 an die Ukraine ausliefern. Die Fahrzeuge würden seit Jahren nur auf dem Gelände von Rheinmetall herumstehen und seien mittlerweile „von innen verschimmelt“. Die Instandsetzung nehme etwa ein Jahr in Anspruch.
Leopard 2 als „Gamechanger“ im Krieg? Ukraine fordert auch Kampfflugzeuge – Scholz erteilt Absage
Die geforderten Maßnahmen wären auch mit Blick auf potenzielle weiterführende Waffenlieferungen an die Ukraine vonnöten. Es bleibt abzuwarten, ob die westlichen Kampfpanzer in der Ukraine tatsächlich als „Gamechanger“ fungieren können. Ukrainische Offizielle forderten deshalb bereits kurz nach der Bekanntgabe der Leopard-Entscheidung auch die Lieferung von Kampfflugzeugen.
Scholz lehnte diesen weiteren Vorstoß bei der Regierungsbefragung am Mittwoch klar ab. Weber äußerte sich mit Blick auf die Lieferung von Kampfflugzeugen deutlich offener: „Man wird sich immer wieder neu entscheiden müssen – auch mit Blick auf die russischen Kapazitäten und Aktivitäten. Wenn die Ukraine stark genug ist, Territorien im Donbass zurückzuerobern, haben wir die beste Aussicht, den Krieg rasch zu beenden“, so der CSU-Politiker. (fd mit dpa)