Ukraine ruft zur Evakuierung von Frontstadt auf – nächste Wende im Donbass?
Russland setzt den Dauerbeschuss der Frontstadt Kupjansk fort. Kiew hat zur Evakuierung der erst im September teils zurückeroberten Stadt aufgerufen.
München – Vor Monaten hatte die ukrainische Armee russische Soldaten aus der Frontstadt Kupjansk vertrieben. Nun könnte sich das Blatt nochmals wenden: Die ukrainischen Behörden verstärken die Bemühungen, Zivilisten aus der Stadt in der Region Charkiw in der Nordost-Ukraine zu evakuieren. Ungeachtet dessen setzt Russland laut The New York Times seinen Dauerbeschuss auf die Stadt weiter fort.
Der ukrainische Erfolg im vergangenen September setzte nicht nur der monatelangen Besetzung ein Ende, sondern bedeutete auch eine Kehrtwende im Krieg zugunsten Kiews. Aufgrund russischer Angriffe ist es bislang allerdings nicht gelungen, in der Stadt wieder zum alltäglichen Leben zurückzukehren.
Kupjansk im Ukraine-Krieg: „Heißeste“ Kämpfe
Immer wieder überziehen russische Truppen frontnahe Teile der Region inklusive Kupjansk mit Artilleriefeuer. Neben den Folgen für Zivilisten verhindern die Angriffe laut dem US-amerikanischen Institute for the Study of War zudem die Verlagerung von dort stationierten ukrainischen Truppen in andere Teile der umkämpften Gebiete. Das russische Verteidigungsministerium berichtete am Sonntag, seine Armee habe ukrainische Militärstellungen rund um Kupjansk getroffen. Ukrainische Beamte bestätigten, dass es Beschuss in dem Gebiet gab.
Oleh Syniehubow, Leiter der regionalen Militärverwaltung, sprach von den „heißesten“ Kämpfen in der Region und forderte die noch verbliebene Bevölkerung auf, die Region zu verlassen. Bereits vor einigen Wochen war die Evakuierung des unter Dauerbeschuss stehenden Kupjansk angeordnet worden.

Ukraine-Krieg: Kupjansk-Evakuierung unter Dauerbeschuss von Russland
„Feindliche Einheiten versuchen unaufhörlich, die Stellungen unserer Truppen anzugreifen. Deshalb haben wir verbindlich die Evakuierung ausgerufen“, sagte Syniehubow im staatlichen Fernsehen. Er fügte hinzu, die örtlichen Behörden und Ehrenamtliche versuchten, die Menschen an sichereren Orten in der Region unterzubringen.
Laut einem Berich der New York Times sind viele Bewohner der Gegend nahe der Frontlinie bereits geflohen. Andere hätten sich den offiziellen Evakuierungsaufrufen der Gefahr zum Trotz bislang widersetzt. Viele, die sich entschieden haben zu bleiben, seien alt oder in schlechter Verfassung. Andere machten sich im Falle einer Umsiedlung Sorgen aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheit.
Russland setzt im Donbass „Raketen, Artillerie, Drohnen und Mörser ein“: Wie lange reicht der Atem?
In einer Rede nannte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Region um Charkiw als einen von mehreren Orten, die „jeden Tag, jede Nacht“ schweren Angriffen ausgesetzt seien. Dabei setze Russland alle möglichen Waffen wie „Raketen und Artillerie, Drohnen und Mörser“ ein.
An der östlichen Front setzt Russland nach Angaben des ukrainischen Militärs Angriffe auf Stellungen nahe Bachmut und anderen Teilen der östlichen Ukraine fort. Bei Einschlägen nahe der Stadt Awdijiwka sind nach Angaben des Leiters der städtischen militärischen Führung, Witalyj Barabasch, drei Zivilisten in den letzten Tagen gestorben. Ganze Städte seien vom russischen Beschuss „ausradiert“ worden. Da Russland mittlerweile allerdings selbst die Uralt-Waffen auszugehen scheinen, bleibt vorerst offen, wie lange diese massiven Angriffe fortdauern können. (Niklas Müller)