Scholz stoppt Nord Stream 2: Putin-Vertrauter verhöhnt Deutschland und Europa

Als Reaktion auf die Eskalation in der Ukraine-Krise greift Bundeskanzler Olaf Scholz durch: die Gaspipeline Nord Stream 2 soll vorerst nicht in Betrieb gehen.
Update vom 22. Februar, 15.09 Uhr: Wie reagiert Russland auf den Stopp von Nord Stream 2? Am frühen Nachmittag äußerte sich Präsident Wladimir Putin noch bedeckt, sein Vorgänger wird nun deutlicher. Dmitri Medwedew, von 2008 bis 2012 russischer Präsident, schrieb auf Twitter von steigenden Energiepreisen. „Bundeskanzler Olaf Scholz hat angeordnet, das Zertifizierungsverfahren für die Gaspipeline Nord Stream 2 zu stoppen. Willkommen in der schönen neuen Welt, in der die Europäer sehr bald 2000 Euro für 1.000 Kubikmeter Erdgas bezahlen werden!“ Medwedew ist aktuell stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrats.
Update vom 22. Februar, 14.32 Uhr: Deutschland hat das Genehmigungsverfahren für Nord Stream 2 gestoppt. Die US-Regierung begrüßt den Schritt. US-Präsident Joe Biden habe klargemacht, dass die Erdgas-Pipeline bei einem russischen Angriff auf die Ukraine nicht in Betrieb gehen dürfe, erklärte seine Sprecherin Jen Psaki auf Twitter. „Wir haben uns im Lauf der Nacht eng mit Deutschland abgestimmt und begrüßen die Ankündigung“, schrieb sie weiter. Die US-Regierung werde wie angekündigt noch im Laufe des Tages weitere Strafmaßnahmen gegen Russland vorlegen, schrieb Psaki. Solche Sanktionen haben mittlerweile auch die EU und Großbritannien angekündigt.
Update vom 22. Februar, 13.40 Uhr: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck befürchtet vor dem Hintergrund des eskalierenden Russland-Ukraine-Konflikts steigende Gaspreise in Deutschland. Der Grünen-Politiker sagte am Dienstag, es könnte kurzfristig ein Ansteigen der Gaspreise geben. Die Auswirkungen des Stopps von Nord Stream 2 werde man „an vielen Stellen der Republik sehen“. Zugleich sagte Habeck, Deutschland sei „versorgungssicher“.
Krieg treibe Preise nach oben, sagte Habeck. Er betonte die Bedeutung, die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern. Deutschland müsse möglichst schnell aus fossilen Energieträgern aussteigen. Daher sollten die erneuerbaren Energien schnell ausgebaut werden. Deutschland müsse sich unabhängig machen von der „Preis- und Kriegstreiberei“ anderer Länder. Deutschland bezieht mehr als die Hälfte seines Erdgas aus Russland.
Habeck sprach auch über den Stopp des Zertifizierungsverfahrens für die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 (siehe Erstmeldung). Laut dem Vizekanzler ist das schon in den vergangenen Wochen und Monaten vorbereitet worden. Der russische Präsident Wladimir Putin habe mit der Anerkennung der Unabhängigkeit der Separatistenregionen Donezk und Luhansk in der Ostukraine nun einen schweren Bruch des Völkerrechts begangen. Deshalb brauche es jene Sanktionen.

Ukraine-Russland-Konflikt: Scholz stoppt Nord Stream 2
Erstmeldung: Berlin - Vor dem Hintergrund des eskalierenden Russland-Ukraine-Konflikts stoppt die Bundesregierung das Genehmigungsverfahren für die russisch-deutsche Erdgasleitung Nord Stream 2. Das kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz* am Dienstag an.
Deutschland reagiert damit auf die aktuellen Entwicklungen rund um die Anerkennung Russlands der beiden selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk in der Ostukraine als unabhängige Staaten. „Das kann nicht hingenommen werden“, sagte Scholz in einem Statement am Mittag. Daher werde es massive Sanktionen für Russland geben. „Das betrifft im Übrigen auch Nord Stream 2.“
Deshalb werde das Zertifizierungsverfahren für die russische Gaspipeline ausgesetzt. Scholz habe das Wirtschaftsministerium gebeten, die nötigen verwaltungsrechtlichen Schritte zu unternehmen „Und ohne diese Zertifizierung kann Nord Stream 2 ja nicht in Betrieb gehen.“ Scholz meinte außerdem: „In dieser Phase ist es jetzt wichtig, neben ersten Sanktionen eine weitere Eskalation und damit eine weitere Katastrophe zu verhindern. Darauf zielen alle unsere diplomatischen Anstrengungen.“ Zuvor hatte bereits Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj* einen sofortigen Stopp von Nord Stream 2 gefordert.
Nord Stream 2: Die umstrittene Gaspipeline
Die Gaspipeline Nord Stream 2 bringt russisches Erdgas über die Ostsee nach Deutschland. Startpunkt der etwa 1200 Kilometer langen Pipeline ist die russische Ostseeküste westlich von St. Petersburg, Ziel ist Lubmin unweit von Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern. Die Pipeline besteht aus zwei Leitungen, die weitgehend parallel zur Route der bereits bestehenden Gasleitung Nord Stream verlaufen.
Die Pipeline ist fertiggestellt, aber noch nicht in Betrieb. Denn dafür fehlt die Zertifizierung durch die deutschen Behörden. Das Projekt sorgt innenpolitisch, innerhalb der EU sowie im transatlantischen Verhältnis seit langem für kontroverse Diskussionen. Vor allem die USA wehren sich gegen Nord Stream 2. Unter Präsident Donald Trump gab es sogar Sanktionen für Deutschland. Der jetzige US-Präsident Joe Biden sieht die Gaspipeline ebenfalls sehr kritisch - was er Scholz jüngst in Washington eindrucksvoll mitgeteilt hat.
Russland hat am Montagabend die Unabhängigkeit der Separatistenregionen Donezk und Luhansk in der Ostukraine anerkannt. Präsident Wladimir Putin ordnete auch eine Entsendung russischer Soldaten in die Ostukraine an. Er plant damit bereits zum zweiten Mal nach 2014 einen Einmarsch in die Ukraine. Alles Infos zum Ukraine-Konflikt* finden Sie hier. (as) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA