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Russland-Experte vermutet Kreml-Vertuschung: Putin „hat Krieg vor Soldaten geheim gehalten“

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Von: Max Partelly

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Ukraine-Konflikt - russische Soldaten auf einem Militärfahrzeug
Das von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik veröffentlichte Bild zeigt russische Soldaten die auf einem gepanzerten Fahrzeug mitfahren. © picture alliance/dpa/Sputnik | Anton Vergun

Hat Putin im Ukraine-Konflikt Soldaten mit einer Lüge an die Front gebracht? Sicherheitspolitik-Experte Gustav Ressel hält die Theorie für realistisch.

Kiew/Moskau - Russische Truppen kämpfen im eskalierten Ukraine-Konflikt gegen die ukrainische Bevölkerung, bombardieren Wohngebiete und kommen dennoch ins Stocken. Während die Ukraine Unterstützung und Spenden aus aller Welt bekommt, wird immer öfter gefragt, wie Putins Rückhalt in seiner Bevölkerung aussieht.

Um die russischen Soldaten im Einsatz machen Gerüchte die Runde, dass diese zum Teil gar nicht wussten, was auf sie zukommt - dass ihnen gesagt wurde, dass es sich um einen Übungseinsatz handle. Der Experte für Sicherheitspolitik, Gustav Ressel, gab dazu und zum derzeitigen Stand des Ukraine-Krieges eine erschütternde Einschätzung ab.

Ukraine-Krieg: Russland-Experte spricht von „Vorbereitung auf psychologische Kriegsführung“

Man befinde sich derzeit in „der harten Phase, wo Russland versucht, dank seiner Feuerkraft jetzt die Städte einzunehmen, die es vorher mit schnellen Operationen nicht hat einnehmen können“, erklärt Ressel in einem Interview mit dem RND. Man versuche, die Moral der Bevölkerung und dadurch auch die Moral der Truppen in der Bevölkerung durch „intensives Artilleriebombardement“ zu schwächen - auch durch „intensive Vorbereitung auch auf psychologische Kriegsführung“. Hierfür werden Wohnsiedlungen ins Visier genommen.

Man sehe in der aktuellen Lage das, was Russland bereits in Syrien und Aleppo beobachten konnte. Die Zerstörung staatlicher Infrastruktur und die Unterbindung öffentlicher Dienstleistungen. „Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser wurden angegriffen und platt gemacht. Und wir sehen jetzt leider dasselbe in der Ukraine.“ Was sich aktuell noch an den Fronten abspielt, müsse man bald in der ganzen Ukraine erwarten, so Ressel.

Russische Soldaten getäuscht und zum Kampf in der Ukraine gezwungen? Experte hält Praxis für realistisch

Auf die Frage, ob er es für realistiscfh hält, dass junge Soldaten bezüglich des Einsatzes in der Ukraine gezwungen und getäuscht worden sind, antwortet Ressel: „Das ist durchaus eine realistische Darstellung.“ Es sei vielen der russischen Soldaten nicht bewusst gewesen, dass sie in einem Krieg eingesetzt werden würden. „Der Kreml hat diesen Krieg vor den Soldaten geheim gehalten.“

Ressel geht davon aus, dass nur die engsten Vertrauten aus dem russischen Sicherheitsapparat und im Generalstab von dem Krieg gewusst hätten. „Der Rest wurde quasi hinters Licht geführt.“ Auch sei oft gar keine oder zu wenig Munition mitgenommen worden. Die russische Führung habe wohl an einen schnellen Sieg geglaubt, mutmaßt Ressel.

Dass es innerhalb des russischen Sicherheitsapparates deeskalierende Faktoren gibt, bezweifelt Ressel. Er spricht von einem „blutrünstigen“ Apparat, dessen Wesen sich bereits in anderen Kriegen gezeigt hat. „Der Apparat versucht ja bewusst, durch Brutalität und Terror den anderen zu signalisieren, dass Widerstand keine Chance hat.“

Ukraine-Krieg mit veralteten Waffen? Experte meint: Russland hat sich verschätzt

„Die Russen dachten sicher, die Ukraine wäre schwächer“, erklärt Ressel auf die Frage, woran es liegt, dass die russischen Truppen mit offenbar veralteten Waffen in die Ukraine eingefallen sind. Es werde mehrheitlich „älteres Material, also sowjetisches Material“, eingesetzt. Derzeit handle es sich um „modernisiertes sowjetisches Gerät“, präzisiert Ressel.

In den ersten Tagen des Ukraine-Kriegs habe Russland sowohl taktische als auch operative Fehler gemacht, führt der Experte im Gespräch weiter aus. „Sie sind ohne abgesessene Infanterie, ohne Artillerieunterstützung einfach in Ortschaften reingefahren. Das anscheinend in dem Glauben, dass die Ukrainer unbewaffnet sind oder dass sie jetzt hier als Befreier empfangen werden.“ Dies war, meint Ressel, eine Fehleinschätzung mit schweren Folgen.

Angesichts der Pläne Wladimir Putins, die „ukrainischen Nation als kulturelle, soziale Identität“ auszulöschen, sieht Ressel bei den Ukrainern im Gegensatz zu den russischen Soldaten eine klare Motivation. „In dem Sinne gibt es natürlich alle Gründe, für die Ukraine zu kämpfen.“ (mda)

Der Ukraine-Krieg hat starke Auswirkungen auf die Spritpreise in Deutschland, die über 2 Euro pro Liter steigen. An der Grenze zwischen Bayern und Tirol führt das zu einem massenhaften Tank-Tourismus.*

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