Seit dem 24. Februar 2022 greifen russische Truppen die Ukraine an. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte zuvor im Staatsfernsehen die „militärische Spezialoperation“, wie es offiziell in russischen Medien heißt, angekündigt. Der Ukraine-Krieg ist der traurige Höhepunkt eines Konflikts zwischen der Ukraine und Russland, der sich in den letzten Jahren immer weiter zuspitzte und seinen Anfang im Dezember 2013 nahm.
Konflikt | Ukraine-Krieg |
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Konfliktparteien | Russland, Ukraine |
Kriegsbeginn | 24. Februar 2022 |
Ukraine-Krieg: Die Ursprünge des Russland-Ukraine-Konflikts
Vor mehr als acht Jahren kam es in der ukrainischen Hauptstadt Kiew zu einem folgenreichen Protest auf dem zentralen Platz Maidan. Mehrere Hunderttausend Ukrainer demonstrierten gegen den prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch, weil dessen Regierung überraschend erklärte, das Partnerschaftsabkommen mit der EU vorerst nicht unterzeichnen zu wollen. Auch Kiews heutiger Bürgermeister Vitali Klitschko war an den Protesten beteiligt.
Im Februar 2014 kam es zur Eskalation. Mehr als 100 Menschen starben, als die Proteste blutig niedergeschlagen wurden. Zu diesem Zeitpunkt war der Ukraine-Krieg noch weit entfernt, doch deutete sich eine Verschärfung des Konflikts kurz darauf bereits an. Im selben Monat besetzten russische Truppen die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim.
Anfang in den Maidan-Protesten und der Krim-Annexion
Nur kurz darauf annektierte Russland die Krim nach einem international nicht anerkannten Referendum. Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits teils gewaltsame separatistische Bewegungen im Donbass im Südosten der Ukraine, wo das Verhältnis zu Russland traditionell enger ist als im Westen.
Nachdem von Moskau unterstützte Separatisten die „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk ausgerufen hatten, entflammte ein bewaffneter Konflikt, der bis heute andauert, und dem annähernd 14.000 Menschen zum Opfer fielen. Die bürgerkriegsähnlichen Zustände konnten auch zwei Abkommen nicht beenden. Im Grunde genommen gibt es also seit 2014 Krieg, in der Ostukraine.
Weiteren Zündstoff lieferten von Separatisten initiierte Parlamentswahlen, später wurden gar der Rubel als offizielles Zahlungsmittel eingeführt und russische Pässe ausgegeben. Einen angeblichen Genozid an Russen durch die Ukraine im Donbass nannte Russlands Präsident Putin später auch als Begründung für den Ukraine-Krieg.
Ukraine-Krieg: Auch neu gewählter Präsident Wolodymyr Selenskyj kann Konflikt nicht entspannen
Die nächste Eskalationsstufe erreichte der Konflikt Ende 2014, als der neu gewählte proeuropäische Ukraine-Präsident Petro Poroschenko die bisherige Neutralität des Landes beendet und so einen Nato-Beitritt ermöglichte. Das Bündnis stockte daraufhin das Truppenkontingent an der östlichen Grenze auf 40.000 Soldaten auf.
Während die Kämpfe in der Folgezeit zunahmen - zwischenzeitlich beschossen russische Streitkräfte in der Meerenge von Kertsch ukrainische Schiffe -, und Waffenruhen stets gebrochen wurden, stufte Kiew die abtrünnigen Gebiete im Osten der Ukraine als von Russland besetzt ein. Auch die Initiative des im Mai 2019 gewählten Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zur Entspannung des Konflikts verpuffte. An einen möglichen Ukraine-Krieg dachten aber auch zu diesem Zeitpunkt nur die allerwenigsten.
Prekärer wurde die Lage, als sich der Krieg im Donbass Anfang 2021 nochmals verschärfte. Im April zog Putin Truppen im Grenzgebiet zur Ostukraine zusammen und drohte mit einem militärischen Eingreifen. Wenige Monate später schrieb er einen Aufsatz, in dem er Gebietsansprüche Russlands in der Ukraine historisch begründete. Diese Schreiben sind wichtig, um zu verstehen, wie Putin tickt.
Februar 2022: Putin startet den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine
Im November wurden weitere ungewöhnlich große Truppenkontingente im russischen Grenzgebiet zur Ukraine beobachtet. Die Diplomatie zur Abwendung eines drohenden Ukraine-Kriegs nahm nun Fahrt auf. Doch auch Versuche auf verschiedensten Ebenen - wie etwa den Nato-Russland-Rat, ein Treffen der OSZE oder Gespräche im Normandie-Format - brachten Anfang 2022 keine Lösung. Putin pochte auf Sicherheitsgarantien der Nato, das Bündnis wollte auf einen Stopp der Osterweiterung allerdings nicht eingehen. Der Ukraine-Krieg rückte näher.
Am 21. Februar erklärte Putin das Minsker Abkommen für gescheitert, erkannte die selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk als unabhängige Staaten an und veranlasste per Dekret die Entsendung von Truppen in die Ostukraine. Westliche Staaten verhängten daraufhin Strafmaßnahmen gegen Russland. Teil der EU-Sanktionen ist etwa der Ausschluss russischer Banken vom internationalen Swift-System. Deutschland legte die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 für unbestimmte Zeit auf Eis.
Am 24. Februar machte Putin schließlich seine Drohung war und begann den Ukraine-Krieg. Am frühen Morgen kündigte er in einer TV-Ansprache eine Militäroperation an, kurz darauf schlugen erste Raketen in der Ukraine ein.
Der Ukraine-Krieg: Was seit dem 24. Februar 2022 geschehen ist
April 2022:
- Massaker in Butscha
- Deutschland diskutiert über Waffenlieferungen an die Ukraine
- Mehr als fünf Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine
- Das russische Flaggschiff der Schwarzmeerflotte sinkt
Mai 2022:
- Die G7 und die EU sichern der Ukraine Waffenlieferungen zu
- Keine Gespräche mehr zwischen Moskau und Kiew
- Schweden und Finnland beantragen offiziell die Nato-Mitgliedschaft
- Die umkämpfte Hafenstadt Mariupol fällt komplett in russische Hand
- Sorge um Gasliefer-Stopp aus Russland
Juni 2022:
- Die Ukraine wird EU-Beitrittskandidat
- Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ruft die Gas-Alarmstufe aus
Juli 2022:
- Russland reduziert erneut die Gaslieferung durch Nord Stream 1
- Verstärkt russische Angriffe in der Ostukraine
August 2022:
- Seit Beginn des Ukraine-Kriegs verlässt erstmals ein Schiff mit Getreide den Hafen der ukrainischen Stadt Odessa
September 2022:
- In den besetzten Gebieten Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson wird in Scheinreferenden über einen Beitritt zu Russland abgestimmt
- Wladimir Putin kündigt eine Teilmobilmachung an
Oktober 2022:
- Die ukrainische Armee bringt die Stadt Lyman und weitere Gebiete unter ihre Kontrolle
- Russland attackiert zivile ukrainische Infrastruktur
November 2022:
- Die Ukraine erobert Cherson zurück
- Russische Angriffe auf die ukrainische Infrastruktur sorgen für zunehmende Stromausfälle
- Es kommt zu einem Raketeneinschlag in einem polnischen Grenzdorf
Dezember 2022:
- In Kiew, Cherson und weiteren ukrainischen Städten kommt es zu massiven Ausfällen in der Wasser- und Stromversorgung
Chronologie Stand: 8. Dezember 2022
Fragen und Antworten zum Krieg zwischen Russland und der Ukraine
Wann hat der Ukraine-Krieg begonnen?
Die großangelegte Invasion russischer Truppen in die Ukraine begann am 24. Februar 2022, nach monatelangem Truppenaufbau Russlands an der Grenze. Doch ein bewaffneter Konflikt läuft bereits seit 2014. Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland bekämpften sich prorussische Separatisten mit der ukrainischen Armee und Freiwilligenmilizen im ostukrainischen Donbass.
Warum herrscht Krieg in der Ukraine?
Die Frage nach der geopolitischen Ausrichtung der Ukraine – prorussisch oder prowestlich – steht im Kern des Konflikts. Nach den zunächst gewaltsam niedergeschlagenen Euromaidan-Protesten, die eine weitere Annäherung der Ukraine an die Europäische Union forderten und letztlich zur Amtsenthebung des prorussischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch führten, entstand im Donbass ein bewaffneter Konflikt zwischen prorussischen Separatisten und der ukrainischen Armee sowie Freiwilligenmilizen. Russland annektierte zunächst die Halbinsel Krim.
Der Friedensplan der Minsker Abkommen scheiterte. Der russische Präsident Wladimir Putin fordert die Anerkennung der selbsterklärten Volksrepubliken Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten sowie die Anerkennung der Krim als russisches Territorium. Die Ukraine orientierte sich politisch zudem immer weiter Richtung Westen und gegen Russland.
Russland zog Truppen an der Grenze zusammen und fiel am 24. Februar 2022 schließlich in der Ukraine ein. Neben territorialen Fragen sei die „militärische Spezialoperation“, wie Putin den Krieg nennt, eine Antwort auf die „Aneignung der Ukraine“ durch die Nato. Putin behauptet, er wolle die russische Bevölkerung in der Ukraine vor einem „Genozid“ schützen. Russland könne sich nicht entwickeln und sicher fühlen, „wenn es ständig von der Ukraine bedroht wird“, sagte Putin bei seiner Rede zu Beginn der Invasion. Deshalb spricht er von einer geplanten „Demilitarisierung“ und „Entnazifizierung“ der Ukraine, die von Faschisten regiert werde. Die „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk sowie die Gebiete Saporischschja und Cherson hat Russland im September völkerrechtswidrig für annektiert erklärt.
Hat die Ukraine einmal zu Russland gehört?
Russland und die Ukraine verbindet eine lange Geschichte. 1922 wurde die, wenige Jahre zuvor durch Russland gegründete, Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik offiziell Teil der Sowjetunion, die von Moskau aus regiert wurde.
Mit Zerfall der UdSSR erklärte die Ukrainische Republik 1990 ihre Souveränität, im Jahr darauf schließlich ihre Unabhängigkeit und den Austritt aus der Union. 90 Prozent der Bevölkerung stimmten in einem Referendum der Abspaltung zu.
Wem gehört die Krim?
Die Krim ist eine Halbinsel zwischen dem nördlichen Schwarzen Meer und dem Asowschen Meer, sowie eine autonome Teilrepublik der Ukraine. Nach dem Zweiten Weltkrieg schenkte Parteichef Nikita Chruschtschow die Krim der Ukraine, anlässlich des 300-jährigen Jubiläums der russisch-ukrainischen Einheit. Nach Auflösung der Sowjetunion blieb die Krim Teil der Ukraine. 2014 hat Russland die Krim völkerrechtswidrig annektiert und besetzt. Putin sieht die Halbinsel als russisches Territorium an.
Wann endet der Ukraine-Krieg?
Experten können nicht genau voraussagen, wann der Krieg in der Ukraine vorbei sein wird. Anzeichen für ein baldiges Ende gibt es aber keine, da beide Seiten Maximalforderungen für Verhandlungen stellen und Zugeständnisse ablehnen. Die gängigste Annahme ist ein langjähriger Abnutzungskrieg zwischen der russischen und der ukrainischen Armee.
Wie endet der Krieg in der Ukraine?
Für das Ende des Kriegs kursieren verschiedene Szenarien. Ein Sieg der Ukraine oder Russlands hängt von der Bedeutung des Begriffs “Sieg” ab. Für die Ukraine würde ein Sieg den vollständigen Rückzug der russischen Truppen bedeuten, auch von der Krim. Russland hatte den Plan, die gesamte Ukraine zu erobern und die Regierung um Präsident Selenskyj zu stürzen. Im Winter 2022/23 konzentrierte sich die russische Armee darauf, den Donbass und die Krim zu halten und die Regionen Donezk und Luhansk vollständig einzunehmen. Ein vollständiger Rückzug der russischen Truppen oder eine Kapitulation der Ukraine sind unwahrscheinlich. Experten befürchten einen langjährigen Krieg mit vielen Opfern.
Der ukrainische Vize-Außenminister Andrij Melnyk, ehemals Botschafter in Deutschland, behauptet, dass dieser Krieg „nur auf dem Schlachtfeld beendet werden“ könne. Einige Beobachter lehnen ein verstärktes Eingreifen der Nato in den Ukraine-Krieg ab, etwa aus Sorge vor einem Atomkrieg.
Wie steht China zum Ukraine-Krieg?
China ist ein wichtiger Partner Russlands, pflegt aber auch Handelsbeziehungen zu westlichen Ländern. Die chinesische Regierung um Xi Jinping hält sich also mit einer offiziellen Parteinahme zurück. Stattdessen gibt sich China als eine Art Vermittler im Ukraine-Krieg und betont Neutralität. Peking vermeidet es, Russlands Angriffskrieg zu verurteilen, macht dafür aber die USA für den Krieg mitverantwortlich.
Was bedeutet der Ukraine-Krieg für Deutschland?
Russlands Krieg gegen die Ukraine hat in Deutschland vor allem wirtschaftliche Folgen, doch auch außenpolitisch will die Bundesregierung einiges ändern.
Deutsche Politik und Wirtschaft hatten sich von Erdgas aus Russland abhängig gemacht, das es auf absehbare Zeit nicht mehr geben wird. Die Preise für Energie und Lebensmittel sind drastisch gestiegen, was viele Haushalte finanziell belastet.
Drei Tage nach dem Überfall sprach Kanzler Olaf Scholz im Bundestags von einer „Zeitenwende“, die gravierende Änderungen mit sich bringe. Die Bundesregierung brachte ein Sondervermögen über 100 Milliarden für die Aufrüstung der Bundeswehr auf den Weg. Zudem wolle Deutschland seine Beziehungen zu einigen Staaten, beispielsweise China, prüfen.
Welche Länder liefern Waffen an die Ukraine?
Im Verteidigungskrieg gegen Russland ist die Ukraine auf Waffenlieferungen anderer Länder angewiesen. Vor allem die Nato-Mitgliedsstaaten spielen eine große Rolle. Die meisten Waffen liefern mit Abstand die USA, u.a. Mehrfachraketenwerfer, Flugabwehrsysteme, Panzer, Hubschrauber und Drohnen. Es folgt Großbritannien, das ebenfalls nicht nur schwere Waffen, sondern auch Geheimdienstinformationen und Satellitenbilder liefert, die der ukrainischen Armee helfen sollen. Auch Deutschland liefert Flugabwehrsysteme, Panzer, Haubitzen, Mehrfachraketenwerfer und verschiedene Panzer. Nachbarland Polen, die baltischen und skandinavischen Länder, ehemalige Ostblock-Staaten wie die Slowakei, aber auch Frankreich, Spanien und Kanada beteiligen sich ebenfalls an Waffenlieferungen. Marokko will als einziges afrikanisches Land Panzer an die Ukraine liefern. Es handelt sich dabei um alte sowjetische Modelle.
Was will Putin von der Ukraine?
Russlands Präsident Wladimir Putin fordert von der Nato, auf eine Osterweiterung zu verzichten. Die Ukraine solle nicht dem Militärbündnis angehören. Russland versucht, das Narrativ der „Entnazifizierung“ der Ukraine zu etablieren, die mit der „militärischen Spezialoperation“ erfolgen soll. Das Land solle zudem „entmilitarisiert“ werden. Russland zählt die Ukraine zu seinem Einflussbereich und lehnt die Annäherung an westliche Bündnisse ab. Auch die Existenz der Ukraine als eigene Nation hat Putin in einem Aufsatz bestritten.
Warum ist die Ukraine nicht in der Nato?
Die Ukraine strebt schon seit Jahren einen Beitritt in die Nato an. 1997 wurde die Nato-Ukraine-Charta verabschiedet, in der eine militärische Partnerschaft, jedoch keine Mitgliedschaft vereinbart wurde. 2014 stimmte das Parlament in Kiew für ein Ende des Blockfreien-Status. Doch unter anderem Deutschland hatte immer wieder einen Nato-Beitritt geblockt, auch um Russland nicht zu provozieren.
Will ein Land der Nato beitreten, muss es bestimmte militärische, wirtschaftliche und politische Voraussetzungen erfüllen. Vor allem mit Korruption hat Kiew zu kämpfen. Monate nach Kriegsbeginn hat die Ukraine einen beschleunigten Nato-Beitritt beantragt.
Moskau behauptet, man sehe eine Osterweiterung der Nato als Bedrohung der Sicherheit Russlands.