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„Putins Koch“: Wie mächtig ist Wagner-Chef Prigoschin in Russland wirklich?

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Von: Nadja Zinsmeister

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Nahaufnahme von Jewgeni Wiktorowitsch Prigoschin, auch bekannt als „Putins Koch“. (Archivfoto)
Jewgeni Wiktorowitsch Prigoschin, auch bekannt als „Putins Koch“. (Archivfoto) © IMAGO / ITAR-TASS

Im Schatten des Ukraine-Kriegs erlangt Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin durch sein Söldner-Geschäft immer mehr Einfluss. Doch wie weit reicht er wirklich?

München/Moskau - Der russische Söldner-Boss Jewgeni Prigoschin erlangt im Zuge des Ukraine-Kriegs immer mehr Aufmerksamkeit. Erst zuletzt wurde öffentlich, dass er offenbar erneut Männer in russischen Gefängnissen als Soldaten angeworben hatte, indem ihnen als Gegenzug zu ihrem Dienst an vorderster Front nach sechs Monaten die Freiheit versprochen wurde. Prigoschin, auch Putins Koch genannt, profitiert wirtschaftlich vom Krieg, gilt als enger Vertrauter des russischen Präsidenten und baut Gerüchten zufolge immer mehr seine Machtbasis in Russland aus. Dabei wird die Frage laut: Ist der Wagner-Chef wirklich gefährlich oder agiert er lediglich als Marionette Putins?

Den russischen Unternehmer zeichnet eine lange Vergangenheit. Er saß zunächst selbst neun Jahre im Gefängnis, nachdem er 1981 wegen Raubes und anderer Delikte verhaftet worden war. Einen Einblick in seine Verurteilungen gab das russische Oppositionsmedium Meduza. Nach seiner Freilassung fand Prigoschin anschließend als Caterer und Restaurantbesitzer seinen Weg direkt zu Wladimir Putin, so soll er unter anderem das einzige private Restaurant im Gebäude des russischen Parlaments besitzen und wird vom Kreml für Bankette und Veranstaltungen angeheuert. Durch seine Nähe zum russischen Präsidenten ergab sich eben dieser Spitzname „Putins Koch“. Auch mit seinem Gastronomieunternehmen „Concord“ bekam er Aufträge vom Staat und belieferte beispielsweise Schulen mit Essen, berichtet unter anderem die Tagesschau.

„Putins Koch“ Jewgeni Prigoschin: Chef der Wagner-Truppe verdient ein Vermögen durch russischen Staat

Doch Prigoschin ist bekanntlich längst nicht nur „Putins Koch“. Aktuell dreht sich die Aufmerksamkeit vielmehr um sein Dasein als Söldner-Boss der „Wagner“-Truppe, zu dem er sich erst vor wenigen Monaten öffentlich bekennen wollte. Die Truppe, die in vielen internationalen Konflikten eingesetzt wird und durch ihre brutale Arbeit als höchst umstritten gilt, ist auch im Ukraine-Krieg für Russland an vorderster Front tätig. Zudem wird er laut Recherchen der Journalisten-Organisation OCCRP verdächtigt, im Auftrag der russischen Regierung unter anderem in Syrien zu kämpfen und eine starke Präsenz in Afrika zu unterhalten

Menschen am Eingang des neu eröffneten PMC-Wagner-Zentrums in St. Petersburg. Es handelt sich um ein Projekt der privaten Militärfirma von Prigoschin.
Menschen am Eingang des neu eröffneten PMC-Wagner-Zentrums in St. Petersburg. Es handelt sich um ein Projekt der privaten Militärfirma von Prigoschin. © IMAGO/Valentin Yegorshin/ITAR-TASS

Es scheint ein profitabler Deal für beide Seiten: Durch den Einsatz privater Söldner-Truppen kann der Kreml zwielichtige Einsätze im Ausland abstreiten, der Wagner-Chef im Gegenzug verdient mit ihnen ein Vermögen. Laut der Tagesschau kostet der Einsatz Wagners in der Ukraine beispielsweise jeden Monat 100 Millionen US-Dollar. Das hätten US-Schätzungen ergeben. Einen genauen Einblick in das Geschäft gibt es jedoch nicht.

Doch wie mächtig machen seine Machenschaften Prigoschin am Ende? Der Unternehmer sei letztendlich ein Mann, „dessen Reichtum vom Kreml abhängt“, zitiert die Tagesschau den Russland- und Militärexperten Mark Galeotti aus seinem Buch „Putins Kriege“. „Russland ist ein hybrider Staat, in dem die Grenzen zwischen öffentlich und privat sehr durchlässig sind, und Wagner scheint in beiden Bereichen zu operieren.“ Der Kreml selbst bestreitet Verbindungen zur Wagner-Truppe.

Wagner-Chef Prischogin: Wie mächtig macht Putins Koch das Söldner-Geschäft in der Ukraine?

Ob ihm sein Reichtum aber parallel auch einflussreiche Macht in Russland beschafft, ist zumindest laut der Politik-Analysten Alexandra Prokopenko fragwürdig. Im November schrieb sie in einem Artikel der Stiftung „Carnegie Endowment for International Peace“ hinsichtlich der Machtposition von Prischogin und zwei weiteren russischen Persönlichkeiten: „Im russischen Machtsystem wird die Bedeutung einer Person nicht durch ihre Medienaktivität bestimmt, sondern durch einen einzigen Mann: den russischen Präsidenten Wladimir Putin.“ Prischogin könne laut ihr den Krieg nutzen, um sein öffentliches Profil zu schärfen. Ob er damit aber auch tatsächlich Einfluss erlangt, liege am Ende trotzdem in Putins Händen.

Der Leiter der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin, nimmt an der Beerdigung eines Kämpfers der Wagner-Gruppe, der während eines Spezialeinsatzes in der Ukraine ums Leben kam, auf einem Friedhof außerhalb von St. Petersburg teil.
Der Leiter der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin, nimmt an der Beerdigung eines Kämpfers der Wagner-Gruppe, der während eines Spezialeinsatzes in der Ukraine ums Leben kam, auf einem Friedhof außerhalb von St. Petersburg teil. © Uncredited/AP/dpa

Putin zunehmend abhängig von Prigoschin und seiner Wagner-Gruppe

Laut Untersuchungen des „Middle East Institutes“ mit Sitz in Washington steigt jedoch Putins Abhängigkeit von Prigoschins Wagner-Gruppe und damit seine Machtposition durchaus. „Russlands schwindende Aussichten im Krieg in der Ukraine und Prigoschins wachsender politischer Einfluss haben die Wagner-Gruppe von einer schattenhaften Gruppe verdeckter Operateure in eine vertrauenswürdige oder zumindest notwendige Hilfstruppe in den Schützengräben verwandelt“, beobachtet das Institut.

Mit der wachsenden Abhängigkeit Putins würde die politische Macht des Militärs in Russland immer mehr untergraben werden. Je stärker Prigoschins Position in Putins innerem Kreis wird, desto mehr Forderungen kann er stellen. „Er könnte darauf drängen, dass die russische Regierung das Verbot von privaten Sicherheits- und Militärunternehmen endlich aufhebt und den Weg dafür ebnet, dass die Wagner-Gruppe zu einem offeneren und institutionalisierten Instrument der russischen Hard Power wird“. (nz)

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