„Sie haben uns Schweine genannt“: Cherson-Bürger erzählen von Besatzung – Fotos zeigen Emotionen

Nach der Befreiung durch die ukrainische Armee äußern sich Bürger Chersons emotional zu den vergangenen Monaten unter russischer Besatzung.
München/Cherson – Die Fotos und Videos, die unter dem Hashtag #Kherson bei Twitter hochgeladen werden, transportieren riesige Emotionen. Zu Tausenden gingen die Einwohner der im Ukraine-Krieg befreiten Großstadt (rund 290.000 Einwohner) auf die Straßen, um die Soldaten der ukrainischen Armee im Zentrum Chersons nach dem Abzug der russischen Truppen willkommen zu heißen.
Ukraine-Krieg: Menschen in Cherson feiern ukrainische Armee
Kinder und Jugendliche holen sich offenbar Autogramme von ukrainischen Soldaten, Feuerwehrleute, die den Streitkräften gefolgt sind - und die offenbar deutsche Ausrüstung sowie Jacken tragen - werden von Passanten auf der Straße in die Arme genommen.
Einzelne Einwohner erzählen indes auch von der Besatzung. „Die Russen haben uns Ukrainer Schweine genannt. Sie haben uns gefragt: Warum liebt ihr uns nicht? Wir sind ein Volk! Zuerst haben sie uns Schweine genannt, und dann haben sie gefragt: ‚Warum liebt ihr uns nicht?‘“, sagte ein Mann im Gespräch mit dem US-finanzierten Rundfunkveranstalter RadioFreeEurope und RadioLiberty: „Es gibt keine Elektrizität, kein Wasser, kein Internet. Aber wir fühlen uns viel besser. Wir sind hier und wir lachen, trotz allem. Wir sind so glücklich, dass wir Tränen in den Augen haben.“
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Ukraine-Krieg: Menschen in Cherson erzählen von russischer Besatzung
Eine Frau schildert im Gespräch mit einem Reporter der unabhängigen TV-Sender von Protestaktionen gegen die russischen Besatzer: „Es war düster im März. Verstehen Sie das? Ich sagte mir, dass ich etwas machen muss. Ich sagte: ‚Lasst uns ein Flugblatt erstellen, es drucken und aufhängen. Lasst es uns versuchen.‘“
Die Frau berichtet von Widerstand: „Es war beängstigend. Morgens um 5 Uhr haben wir die Flugblätter an Verkehrshaltestellen aufgehängt.“ Sie trägt eine Jacke in den Nationalfarben der Ukraine, die bei ihrem Kampf gegen die russischen Invasionstruppen weiter massiv durch Waffen der westlichen Nato unterstützt wird.
Ukraine-Krieg: Russische Armee zieht sich offenbar aus Cherson auf die Krim zurück
Ein anderer Mann berichtet dem Reporter in Cherson: „Ich bin 42. Nachts bin ich raus, um Graffiti an die Wände zu sprühen. Es klingt nach etwas, was ein Kind machen würde. Aber ich habe bemerkt, dass die Menschen es mochten, die es gesehen haben. Ich habe mich darüber gefreut. Ich wollte ein Zeichen setzen mit: ‚Ruhm der Ukraine.‘ Dann hast du realisiert, dass alles gut wird.“ Ein älterer Mann sagt: „Es geht nicht nur um die Flaggen, die wir sehen. Wir sehen Hoffnung und Frieden.“
Auf einem Video bei Twitter ist derweil ein Autokorso zu sehen. Eine Frau sitzt auf dem Dach eines Fahrzeugs und ruft ununterbrochen: „Danke! Danke! Danke!“ Die russische Armee hat sich offenbar auf die Krim zurückgezogen. Videos der ukrainischen Streitkräfte sollen zeigen, wie mit Drohnen in der Nacht auf Mittwoch angeblich russische Kampfjets auf einem Militärflugplatz in Brand gesetzt wurden. Die Kämpfe gehen weiter, während viele Menschen in Cherson das Ende der Besatzung feiern. (pm)